Zum Hauptinhalt springen

Deutscher Verhandlungserfolg beim EU-Haushalt ist Niederlage für Europa

Rede von Alexander Ulrich,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In der Europäischen Union herrscht Rekordarbeitslosigkeit, die Armut wächst, wir haben kaum Wirtschaftswachstum, und die Kanzlerin fährt nach Europa, diktiert einen Sparhaushalt und will sich dafür auch noch im Bundestag feiern lassen. Es ist gemessen an dem, was in Europa passiert, eigentlich eine Katastrophe, dass der EU-Haushalt erstmals in der Geschichte reduziert wird.

Man kann nur hoffen, dass das Europaparlament den Haushalt ablehnt; die Linke im Europaparlament wird das auf jeden Fall tun.

Man kann sich nicht aus einer Krise heraussparen. Das haben wir in Deutschland selbst vorgemacht, als wir viele Milliarden Euro in die Hand genommen haben, um gegen die Krise anzukämpfen. Wir sehen an den Negativbeispielen europäischer Länder wie Griechenland oder Portugal, dass man über Sparhaushalte nicht mehr Wachstum, weniger Arbeitslosigkeit und weniger Schulden erreicht hat, sondern das Gegenteil. Die Situation in Griechenland hat sich deutlich verschärft. Das Signal, das von diesem mehrjährigen Finanzrahmen ausgeht, ist: Wir wollen das griechische Modell jetzt überall umsetzen. - Das heißt, Europa wird noch stärker in die Krise gewirtschaftet.

Die EU hat den Friedensnobelpreis bekommen; aber der soziale Frieden steht auf der Kippe. Wenn die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin hier nicht gestoppt werden, dann wird die europäische Idee scheitern.

Dramatisch ist, dass in dieser Situation auch noch bei den Struktur- und Kohäsionsfonds gekürzt wird; denn gerade darüber könnte man den betroffenen Regionen helfen, gerade darüber könnte man in den strukturschwachen Ländern tatsächlich Wachstum organisieren. Frau Bundeskanzlerin, warum stellen Sie sich nicht hierhin und sagen: „Jawohl, ich habe in Brüssel etwas entschieden, das auch auf Kosten der ostdeutschen Länder geht“? Die Mittel für die ostdeutschen Länder werden massiv, um mehrere Milliarden, zusammengestrichen. Sie haben Ostdeutschland in Brüssel verraten.

Deutschland ist nicht Lösung, sondern Mitverursacher des Problems. Die riesigen Außenhandelsüberschüsse und das deutsche Lohndumping sind Mitverursacher der Euro-Krise. Herr Brüderle, Sie haben sich hier vielleicht für die heute-show morgen Abend beworben.

Aber bei dem, was Sie hier erzählen, nämlich man könne Außenhandelsüberschüsse abbauen, indem man VW oder BMW verbietet, Autos zu verkaufen, schaut jeder Volkswirt beschämt auf den Boden. Solch einen Unsinn kann man wirklich nur von der FDP erwarten.

Man kann auch Außenhandelsüberschüsse abbauen, indem man in Deutschland endlich für vernünftige Löhne, einen Mindestlohn von 10 Euro, einen Hartz-IV-Regelsatz von 500 Euro und kräftige Lohnerhöhungen in den Tarifverträgen sorgt. Das wäre in Deutschland dringend notwendig.

Herr Steinbrück er ist leider nicht mehr da; vielleicht hält er wieder irgendwo einen Vortrag, hat sich hier ebenfalls für eine bessere Lohnpolitik ausgesprochen. Herr Gabriel, vielleicht können Sie das Herrn Bullerjahn sagen, der Verhandlungsführer für die Länder in den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes ist: Wenn die SPD glaubwürdig für bessere Löhne eintreten will, dann muss Herr Bullerjahn aufhören, im öffentlichen Dienst die Flanken anzugreifen. Wer Tariferhöhungen unterhalb der Inflationsrate will, der tut nichts für eine bessere Lohnentwicklung. Die SPD sollte deshalb auch in den Ländern Flagge zeigen für eine bessere Lohnpolitik und hier keine Sonntagsreden halten.

Ich komme zum Schluss mit einem Aufregerthema. Die Menschen sind beunruhigt, weil die Europäische Kommission den Wassermarkt privatisieren will. Über 1 Million Menschen haben jetzt das Bürgerbegehren „Wasser ist Menschenrecht!“ unterschrieben. Das ist eine tolle Idee. Wenn wir die Menschen wieder von Europa begeistern wollen, muss die Privatisierung gestoppt werden. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie die EU-Kommission stoppt. Wasser darf nicht privatisiert werden, Wasser muss in kommunaler, öffentlicher Hand bleiben.

Das ist ein Menschenrecht. Die Linke unterstützt dieses Bürgerbegehren.

Vielen Dank.