Monika Knoche (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren und Damen! Herr Kolbow, ich muss schon sagen: Was Sie hier an einem Punkt vorgetragen haben,
(Jörg Tauss (SPD): War gut!)
stimmt überhaupt nicht: Die OEF hat kein UNO-Mandat.
(Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU): Wie bitte?)
Sie können sich doch nicht hier hinstellen und sagen, dass das alles verfassungs- und völkerrechtlich vollkommen gedeckt sei.
(Georg Brunnhuber (CDU/CSU): Da sind Sie aber schlecht informiert!)
Selbst die ISAF verändert ihren Auftrag.
(Dr. Uwe Küster (SPD): Lesen bildet! Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)
- Entschuldigen Sie bitte! Was sind denn die Gründe, die einige Abgeordnete in diesem Haus dazu bewogen haben, die Frage zu stellen, ob sich der Deutsche Bundestag nach den Maßgaben unserer Verfassung mit dieser Frage heute überhaupt beschäftigen kann?
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Das hat doch nichts damit zu tun, ob wir eine Parlamentsarmee haben oder nicht. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob es verfassungsrechtlich richtig ist, in diesem Rahmen zu verfahren. Wer denkt denn heute eigentlich noch an die Verfassung, wenn es um die Ausweitung der Einsätze im Rahmen der Kriegsführung und damit um ein verändertes NATO-Selbstverständnis geht? Das ist die wichtige Frage, die wir zu stellen haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Es ist auch nicht statthaft, hier euphemistisch, ironisch oder sarkastisch aufzutreten. Herr Steinmeier, hier stellt sich nicht die Frage nach der Geduld. Man kann nicht nach sechs Jahren Krieg gegen Terror für noch mehr Geduld werben, sondern man muss die Frage stellen, ob es richtig oder falsch ist, den Kampf gegen den Terror mit Mitteln des Krieges zu führen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Frau Kollegin, der Kollege Schockenhoff würde gerne eine Zwischenfrage stellen.
Monika Knoche (DIE LINKE): Nein, ich möchte sie nicht zulassen.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)
Der Afghanistaneinsatz - das weiß die Bevölkerung - ist nicht auf dem Willen des gesamten Hauses gegründet. Die Linke hat sich immer dagegen ausgesprochen. Herr Kuhn und Herr Steinmeier, Sie wissen ganz genau, dass damals, als es um den Afghanistankrieg ging, beide Regierungsparteien ihre Fraktionen mehr oder weniger durch die Vertrauensfrage genötigt haben, diesem Kriegseinsatz zuzustimmen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Tun Sie nicht so, als werde diesem Krieg in diesem Haus und in diesem Land nicht widersprochen! Das ist einfach nicht wahr. Man kann nicht, weil die militärische Strategie nicht erfolgreich ist, sagen: Wir müssen noch mehr - von unserer Warte aus - Falsches tun. Ist dies angesichts der zu erwartenden Frühjahrsoffensive und der grauenvollen Ankündigung, dass schon 2 000 Selbstmordattentäter bereitstehen, wirklich richtig?
Man muss sich diese Dimension einmal vorstellen. Dieser Einsatz, der der OEF dienlich sein soll, steht damit in Zusammenhang, was seitens der CDU/CSU formuliert worden ist: Dieser Konflikt kann den Erfolg nicht konterkarieren. Welchen Erfolg, bitte sehr, kann dieser Krieg gegen den Terror vorweisen? Wenn wir die Kriterien von Good Governance heranziehen, müssen wir doch offen sagen: Die Regierung Karzai ist von Korruption durchdrungen, und die Drogenbarone sitzen in der Regierung.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Da sind doch keine Mohnfelder abzubrennen. Vielmehr muss die Frage gestellt werden, ob das Ziel der ISAF, diese Regierung zu schützen, überhaupt erfüllt werden kann. Wir argumentieren zielstrebig und lassen uns auch nicht von einer verantwortungsvollen Exit-Strategie abbringen. Diese Exit-Strategie sieht nicht vor, dass morgen die Soldaten zurückgezogen werden. Sie gewährleistet vielmehr den Polizeiaufbau, sichert die zivilen Infrastrukturen, stärkt kontinuierlich und massiv die Situation der Frauen (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und beinhaltet eine neue Drogenpolitik. Sie müssen die Frage beantworten, ob die Rekrutierung der Taliban nicht ursächlich etwas damit zu tun hat, dass der Krieg gegen den Terror das falsche Mittel war.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem Kollegen Schockenhoff.
(Jörg Tauss (SPD): Aber dann antwortet sie doch!)
Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU): Liebe Frau Kollegin Knoche, ich setze Sie darüber in Kenntnis, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit der Resolution 1707 die Operation „Enduring Freedom“ mandatiert hat und dass damit eine eindeutige völkerrechtliche Rechtsgrundlage für diese Operation gegeben ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Frau Kollegin Knoche, bitte.
Monika Knoche (DIE LINKE): Ich möchte Sie auf Folgendes hinweisen: Wir in der Fraktion diskutieren über eine solche Frage mit großer Ernsthaftigkeit. Ob die OEF nur erwähnt wird oder ob sie ein originäres Mandat hat, ist schon ein Unterschied. Aber ich möchte etwas anderes sagen:
(Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)
Ist die CDU/CSU nicht in der Lage, denjenigen prominenten und sehr kenntnisreichen Vertretern ihrer Fraktion, die verfassungsrechtliche Bedenken erhoben haben, einige Minuten Redezeit einzuräumen, damit sie diese hier vorne vortragen können? Das stünde meiner Ansicht nach der CDU/CSU viel mehr an, als hier so zu tun, als gebe es keine verfassungsrechtlichen Bedenken und als seien alle Tätigkeiten, die vor Ort militärisch durchgeführt werden, von der UNO gedeckt. Das wird in Zweifel gezogen. Diese Zweifel sollten Sie nicht nivellieren.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Der Krieg Krieg gegen den Terror in Afghanistan ist Teil des Problems, nicht der Lösung
Rede
von
Monika Knoche,