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Damals wie heute: Nein zum Krieg!

Rede von Sevim Dagdelen,

Beratung des Antrags der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. "100 Jahre Erster Weltkrieg, 100 Jahre Nein zum Krieg – Gedenktafel für Karl Liebknecht" (Drucksache 18/1950)

 

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 100 Jahre Erster Weltkrieg. Erinnern wir uns! Wie groß war der Druck auch in diesem Haus, hier mitzutun? Am 4. August 1914 hatte Kaiser Wilhelm II. die Vertreter aller im Reichstag vertretenen Parteien um sich versammelt und erklärte - ich zitiere -: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.“

Auch die oppositionelle SPD gelobte die Unterstützung des deutschen Angriffskrieges. Es war bei weitem nicht nur der rechte Noske-Flügel der SPD, der den Krieg unterstützte;

(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht schon wieder!)

nein, auch Linke in der SPD wollten den Krieg und fielen auf die Argumente - heute würde man das nennen: die Argumente der humanitären Intervention - herein und rechtfertigten diesen Krieg mit einem notwendigen Feldzug gegen den russischen Zarismus.

Umso schwerwiegender war die Entscheidung Karl Liebknechts.

(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagt mal, ihr Linken: Was macht ihr da? Danach klagt ihr wieder, dass keiner mit euch reden will!)

Als es keine Fraktion mehr hier im Hause gab, die sich dem mörderischen Krieg verweigerte, tat er es als Einzelner. Wir wollen ihn deshalb stellvertretend für viele andere, die gegen den Krieg kämpften, ehren. Ja, Karl Liebknecht ist ein Vorbild für Widerstandsgeist.

(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat er nicht verdient! Das hat er nicht verdient, was Sie mit ihm machen!)

Und wir wollen die Botschaft aussenden: Von deutschem Boden darf niemals wieder Krieg ausgehen!

(Beifall bei der LINKEN)

Als am 2. Dezember 1914 erneut die Kriegskredite durch Aufstehen im Reichstag befürwortet werden sollten, blieb Karl Liebknecht als einziger Abgeordneter sitzen. Sein Abstimmungsverhalten begründete er in einer schriftlichen Erklärung wie folgt - ich zitiere -:

Dieser Krieg, den keines der beteiligten Völker selbst gewollt hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes entbrannt. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg, einen Krieg um die kapitalistische Beherrschung des Weltmarktes, um die politische Beherrschung wichtiger Siedlungsgebiete für das Industrie- und Bankenkapital.

Fast 100 Jahre sind seitdem vergangen. Liebknechts Vermächtnis ist damals wie heute sein klares Nein zum Krieg. Dieses Vermächtnis sollten wir endlich auch in diesem Hause ehren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ernst Bloch hat einmal gesagt - ich zitiere -:

Auf tausend Kriege kommen keine zehn Revolutionen; so schwer ist der aufrechte Gang.

Liebknecht war einer, der aufrecht ging. Seit seiner Ermordung durch rechtsradikale Freikorpssoldaten unter Billigung des sozialdemokratischen Reichswehrministers Gustav Noske erinnert nichts an ihn hier im Reichstag. Wir, die Linke, wollen das ändern. Karl Liebknecht ist ein Vorbild für Zivilcourage.

Ich bitte Sie deshalb im Namen meiner Fraktion um Unterstützung unseres Antrags zur Anbringung einer Gedenktafel für Karl Liebknecht, um zu erinnern: Damals wie heute: Nein zum Krieg!

(Beifall bei der LINKEN)