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Bundestag berät über die Gründung einer "Stiftung Datenschutz"

Rede von Jan Korte,

Jan Korte (DIE LINKE):
"Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Piltz, damit wir uns nicht missverstehen: Die leidvollen Geräusche, die ich eben machte, hatten etwas mit den eben von Ihnen vorgetragenen Logiksaltos zu tun, die wirklich auch körperlich kaum zu ertragen sind;
(Beifall der Abg. Halina Wawzyniak (DIE LINKE))
das hatte nichts mit Begeisterung zu tun.
Ich will trotz des dahingekritzelten Antrags versuchen, ein wenig Seriosität in die Debatte zu bringen.
(Manuel Höferlin (FDP): Da wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei dem Versuch! Das höre ich von der Linken zum ersten Mal!)
- Hören Sie doch einmal zu. - Sie hatten vor langer Zeit bei diesem Thema überraschenderweise eine mittelgute Idee: die Errichtung der Stiftung Datenschutz. Das ist erst einmal sachlich festzustellen. Es hätte Potenzial gehabt, daraus etwas Sinnvolles zu machen. Hätten Sie die Opposition, die Ausschüsse und diejenigen, die davon Ahnung haben, einmal eingebunden,
(Gisela Piltz (FDP): Ach so, Sie haben Ahnung davon?)
dann hätten Sie heute nicht so einen Wisch vorlegen müssen. Jetzt liegt hier dieses dahingekritzelte Ding, das Sie hier unbedingt noch heute, vor der Sommerpause, durchbringen müssen, damit Sie in diesem Bereich überhaupt auch nur einen Punkt durchbringen. Ansonsten haben Sie ja nichts durchgebracht; Sie haben voll versagt. Deswegen wird das jetzt hier eben einmal auf den Tisch geknallt.
Ich will Ihnen aber sagen, inwiefern von Ihnen aus einer guten Idee eine bemerkenswert schlechte Sache gemacht wird. Das ist bei der FDP zwar nicht überraschend; aber man hätte uns ja einmal überraschen können.
(Manuel Höferlin (FDP): Fangen Sie nicht an, den Kalauer von Herrn Reichenbach aufzuwärmen!)
- Der Kalaueranführer ist Ihr Fraktionsvorsitzender. Da kann keiner mithalten; den haben Sie.
(Manuel Höferlin (FDP): Das ist Herr Reichenbach heute Abend!)
Erstens. Die Stiftung ist massiv unterfinanziert. So kann man überhaupt keine seriöse Zertifizierung und anderes vornehmen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zweitens. Ein aktiver und aufklärerischer Datenschutz - das ist die Grundregel - muss unabhängig sein. Das, was Sie machen, ist alles, nur nicht unabhängig. Ein Gutes hat der Antrag: Damit die Leute, die es sich antun, den Antrag zu lesen, es sofort begreifen, heißt es in Ihrem Antrag zum Thema Unabhängigkeit, dass man sich ´gemeinsam mit der Wirtschaft für eine ausreichende finanzielle Basis der Stiftung einsetzen´ will. Das schreiben Sie da sogar hinein. Das hat doch nichts mit Unabhängigkeit zu tun; das ist eine Gefälligkeitsstiftung der Konzerne. Das machen Sie, und nichts anderes.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist wirklich nur absurd, was Sie hier vorlegen.
(Gisela Piltz (FDP): Ist es nun eine Staatsstiftung oder eine Wirtschaftsstiftung? Können Sie sich mal einigen?)
Drittens. Sie besetzen alle möglichen Gremien, und die Mitglieder werden vom BMI ausgesucht. Wir wissen doch: Wenn der Datenschutz beim BMI - bei Friedrich, bei Schily oder wie sie alle heißen - angesiedelt ist, ist das schlecht für den Datenschutz. Das hat die Geschichte doch bewiesen.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist einfach nur grotesk, was Sie hier vorlegen.
Viertens. Mit der Stiftung Datenschutz das ist nicht mal im Ansatz mehr witzig lenken Sie von einer prekären Unterfinanzierung der Landes- und Bundesdatenschutzbehörden ab, die ihren Aufgaben nicht nachkommen können, weil sie dafür kein Personal haben. Damit lenken Sie ab.
Fünftens. Die Stiftung Datenschutz ist das einzige Projekt, das die FDP in diesem Bereich überhaupt durchgesetzt hat. Mich interessiert eines der Kollege Mayer kann das für die Koalitionsfraktionen sagen : In der ersten Fassung für die heutige Tagesordnung stand der Tagesordnungspunkt Arbeitnehmerdatenschutz. Wir haben uns gefreut, diesen Tagesordnungspunkt in der Debatte argumentativ zu versenken. Dann ist es ganz interessant gewesen: Man reist aus dem Wahlkreis an, und der Tagesordnungspunkt ist von der Tagesordnung verschwunden. Vielleicht können Sie, Kollege Mayer, uns einmal über den Grund aufklären; denn statt so eine komische Stiftung zu installieren, wäre es für den Datenschutz, vor allem für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Wichtigste gewesen, dieses hier durchzusetzen. Von Ihnen kommt gar nichts, denn Sie sind den Unternehmerinteressen verpflichtet und nicht dem Datenschutz der Beschäftigten. So sieht es aus.
(Beifall bei der LINKEN)
Deswegen fasse ich zusammen: Wir werden mit voller Begeisterung diesen Antrag ablehnen.
(Gisela Piltz (FDP): Gott sei Dank!)
Wir finden das ganze Verfahren reichlich bizarr. Sie haben nicht einmal den Mumm, über dieses Thema mit den Fachleuten im Ausschuss und in einer Anhörung zu diskutieren. Ich finde, das ist eine schwache Performance, die Sie liefern.
(Gisela Piltz (FDP): Ich weiß gar nicht, welche Stiftung das schon einmal gemacht hat!)
Deswegen steht Die Linke, im Gegensatz zu Ihnen, für einen unabhängigen und kritischen Datenschutz, der zuerst und in besonderer Weise den Schwächeren in dieser Gesellschaft ein demokratisches Instrument gegen die Wirtschaft, gegen die Mächtigen und auch gegen Sie in die Hand geben sollte. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab.
Schönen Dank."
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)