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Bundesregierung verschleppt Steuerpolitik

Rede von Richard Pitterle,

Rede zur Aktuellen Stunde am 14.12.2011

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen
und Kollegen! Die Ankündigungen, die Sie als Bundesregierung
in Bezug auf die Steuerpolitik machen, sind
wie die ständigen EU-Gipfeltreffen zur Euro-Krise: Eine
folgt auf die andere, aber was dabei herauskommt, ist
nur heiße Luft.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg.
Manfred Zöllmer [SPD])
Dass bei der Unternehmensbesteuerung und bei der
Mehrwertsteuer schon seit Monaten nichts passiert – auf
die Kritik von Frau Höll sind Sie überhaupt nicht eingegangen
–, haben wir schon zur Genüge gehört.
Letzte Woche haben Sie angekündigt, sich der kalten
Progression widmen zu wollen. Nach dem vom Bundeskabinett
beschlossenen Gesetzentwurf soll der Grundfreibetrag
für das steuerliche Existenzminimum für Ledige
bis 2014 um 350 Euro auf 8 354 Euro ansteigen,
und der Tarifverlauf soll um 4,4 Prozent verschoben
werden. Die Reichensteuer von 45 Prozent soll nicht erst
ab 250 731 Euro gelten, sondern schon ab 250 000 Euro.
Für n-tv ist das Steuerpaket eine „Mogelpackung“, das
Handelsblatt spricht von einem „Steuerreförmchen von
geradezu lächerlichem Ausmaß“.
Die Bürgerinnen und Bürger verstehen diese Diskussion
nicht. Unsere Schulden steigen, weil Sie die Steuerzahler
für die Zockereien der Banken und Spekulanten
aufkommen lassen. Viele Menschen machen sich Sorgen,
ob das Geld, das sie für den Lebensabend gespart
haben, nicht verloren geht. In dieser Situation erwarten
die Menschen, dass es bei der Steuer gerecht zugeht,
aber dafür ist die Regierungskoalition die vollkommen
falsche Adresse.
Schwarz-Gelb behauptet immer großmundig, unser
Steuersystem sei nicht ungerecht und die reichen Schultern
würden so viel tragen. Das haben wir von Herrn
Dr. Steffel wieder gehört. Schauen Sie einmal genau auf
das, was in diesem Monat die renommierte, international
tätige OECD über Deutschland veröffentlicht hat! In ihrem
Bericht „Divided We Stand“ steht schwarz auf weiß,
dass Ihre Steuerpolitik ungerecht ist und eine Umverteilung
von unten nach oben bewirkt. Zum Beispiel konstatiert
die OECD, dass – ich zitiere –
ein wichtiger Teil der steigenden Ungleichheit in
Deutschland die Entwicklung von Kapitaleinkommen
ist. Der Anteil von Kapitaleinkommen an der
gesamten Einkommensungleichheit hat sich von
8 Prozent auf 15,5 Prozent fast verdoppelt.
Woran liegt das? Die einfache Antwort: An Ihrer
schwarz-gelben Abgeltungsteuer! Sie haben dafür gesorgt,
dass jeder 25 Prozent Steuern auf sein Kapitaleinkommen
zahlt: sowohl die alleinerziehende Mutter, die
das Geld für ihr Kind auf dem Sparbuch anlegt, als auch
der reiche Bankmanager, der mit seinen fetten Boni an
den Finanzmärkten spekuliert. Beide zahlen auf ihre
Zinsen und Dividenden 25 Prozent. Von wegen: Die
starken Schultern tragen eine starke Last.
(Beifall bei der LINKEN)
Statt dem Staat die nötigen Steuereinnahmen zu verschaffen,
um seine Schulden zu senken, sorgen Sie dafür,
dass der Bankmanager mit seinen Kapitalgewinnen
die nächste Finanzblase befeuern kann. Bei den Bürgerinnen
und Bürgern gibt es auch kein Verständnis dafür,
dass Sie durch das Steuerabkommen mit der Schweiz die
Steuerhinterziehung legalisieren wollen.
Damit es steuerpolitisch gerecht zugeht, brauchen wir
die Anhebung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer
und die Anhebung der Körperschaftsteuer.
Warum folgen Sie nicht endlich den Aufforderungen der
zahlreich sich zu Wort meldenden Vermögenden mit
Sinn für das Gemeinwohl, die von sich aus verlangen:
„Verhätschelt uns Millionäre nicht länger!“? Diese werben
für eine Vermögensteuer. Also tun Sie Ihnen und uns
allen den Gefallen und führen Sie endlich die Vermögensteuer
als Millionärssteuer ein!
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Daniel Volk
[FDP]: Ein echter Beitrag zur Steuervereinfachung!)
Die Behauptung, höhere Steuern führten zu weniger
Investitionen und weniger Arbeitsplätzen, hat der amerikanische
Milliardär Warren Buffett vor kurzem als ein
Ammenmärchen zurückgewiesen. Er wies darauf hin,
dass in der Zeit der höchsten Unternehmensteuern in den
USA die meisten Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ich
finde: Die Zeit der Bundesregierung ist abgelaufen –
meine Redezeit zwar auch, aber ich komme wieder.
(Heiterkeit bei der LINKEN und der SPD)
Danke.