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Bürgerräte ergänzen bewährte Formen der repräsentativen Demokratie

Rede von Gökay Akbulut,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Einsetzung eines Bürgerrates auf Bundesebene wird ein neuer Weg eingeschlagen. 160 zufällig ausgeloste Personen ab 16 Jahren bekommen die Chance, bei einem Bürgerrat mitzumachen und Politik mitzugestalten. Zwischen den Bundestagswahlen haben Bürger/-innen bisher kaum Möglichkeiten, auf das politische Geschehen auf Bundesebene unmittelbar Einfluss zu nehmen. Lediglich über eine Petition können sie Themen an den Bundestag herantragen.

Als Linksfraktion haben wir in der Vergangenheit beantragt, direktdemokratische Elemente wie Volksabstimmungen auf Bundesebene einzuführen. Damals gab es die AfD noch gar nicht.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist das!)

Leider hatte unser Antrag keine Mehrheit gefunden. Wir begrüßen es daher, dass mit dem Bürgerrat endlich ein neues Instrument geschaffen wird. In den letzten Monaten haben wir fraktionsübergreifend intensiv über die Details zur Gestaltung und vor allem zum Thema dieses Bürgerrates verhandelt. Die Themenfindung war jedoch nicht einfach. Aus unserer Sicht wäre es besser gewesen, aus den Themen des Petitionsausschusses eine Auswahl zu treffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Linksfraktion haben wir das Thema Verkehrspolitik vorgeschlagen. Ich nenne nur beispielhaft: Tempolimit, Elektromobilität oder auch die Verkehrswende. Das sind Themen, die die Menschen täglich bewegen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Noch nicht mal die Themen lässt man die Bürger aussuchen!)

Da besteht die Chance, mit dem teilweise festgefahrenen gesellschaftlichen Dialog besser umzugehen und in der Verkehrspolitik voranzukommen.

Ein weiteres passendes Thema wäre auch das Wahlrecht gewesen; denn die Koalition hat mit ihrer Wahlrechtsreform bisher überhaupt nicht überzeugen können. Anstatt diese Wahlrechtsreform in Hinterzimmern unter Ausschluss der Öffentlichkeit auszuhandeln, wäre eine öffentliche Debatte im Bürgerrat angemessen gewesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach langem Hin und Her haben wir uns schließlich überfraktionell auf das Thema Ernährung verständigt. Die groß angekündigte Ernährungsstrategie der Ampelkoalition ist bisher leider ausgeblieben. Umso gespannter sind wir auf die Handlungsempfehlungen und auch auf die Ergebnisse des Bürgerrates.

Als Linke möchten wir darauf hinweisen, dass Hunger und Ernährungsarmut nach wie vor Realität und Alltag für viele Menschen in unserer Gesellschaft sind. Die Sätze des Bürgergeldes sind viel zu niedrig für gesunde Ernährung. 2 Millionen Menschen sind auf Tafeln angewiesen. Daher fordern wir eine Preisbremse für Lebensmittel und die Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Diese und viele andere Fragen rund um gesunde und bezahlbare Ernährung möchten wir auch mit dem Bürgerrat diskutieren.

Bürgerräte sollen dazu beitragen, Denkblockaden in der Gesellschaft und im parlamentarischen Raum aufzulösen. Dann können sie sich auch als echter Gewinn für unsere repräsentative Demokratie erweisen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf kommunaler Ebene sehen wir bereits, dass Bürgerräte in jeder Hinsicht ganz gut funktionieren. Auf internationaler Ebene können wir uns an Irland orientieren. Irland hat mit dem Instrument der Bürgerräte positive Erfahrungen gemacht.

Wir als Linke werden den Bürgerrat, seine Arbeit und seine Ergebnisse mit Interesse und auch mit einem kritischen Blick verfolgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])