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Anke Domscheit-Berg: Digitalisierung muss schneller gehen - gemeinwohlorientiert & sozial

Rede von Anke Domscheit-Berg,

Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beide uns vorliegenden Anträge zur Digitalisierung betreffen viele verschiedene Fachbereiche: Bildung, digitale Monopole, künstliche Intelligenz, elektronische Verwaltung, IT-Sicherheit, Gesundheit, Breitband, Verkehr und noch so einiges mehr. Viele Ausschüsse im Bundestag haben mit einem Teil davon zu tun. Es gibt jedoch einen Ausschuss, der sich allen diesen Inhalten widmet, weil er, der Ausschuss Digitale Agenda, per Definition die notwendige Querschnittskompetenz hat. Er hat aber absurderweise keine Federführung für den Antrag der Grünen und war überhaupt noch nie in dieser Legislatur federführend. Selbst bei Querschnittsanträgen wie dem vorliegenden erhielt ein Ausschuss die Federführung, der nur in einem Teilbereich fachkompetent ist und trotzdem die Beschlussempfehlung für den Bundestag verfassen darf. Das ist ein fatales Signal nach innen und nach außen.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Digitalausschuss muss endlich angemessen Verantwortung übernehmen dürfen.

Ich danke dafür sehr herzlich, auch wenn es mich persönlich nicht gestört hat. Ich bin auf dem rechten Ohr taub.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das stimmt allerdings tatsächlich.

Nun zum Antrag der FDP – die Zeit läuft wieder –, der vieles enthält, was auch die Linksfraktion befürwortet. Wir wollen schon sehr lange ein Verbot von Hintertüren für Geheimdienste, eine bessere Bildung, und zwar bitte schön lebenslang. Wir würden einen entbürokratisierten, beschleunigten Breitbandausbau, Netzneutralität und ein Recht auf Verschlüsselung sehr begrüßen. Eine Reform des Wettbewerbsrechts zur Kontrolle digitaler Monopole ist sogar eher mehr links als FDP, und Digitalisierung im Gesundheitswesen, die dem Menschen dient, zum Beispiel, weil mit künstlicher Intelligenz Krebserkrankungen schneller diagnostiziert werden können, ist eine feine Sache. Für innovative Mobilitätslösungen für den ländlichen Raum sind wir total; denn ein Rufbus dreimal am Tag, wie ich das aus Brandenburg kenne, reicht nicht. Für Open Data kämpfe ich als Netzaktivistin seit über zehn Jahren, damit alle mit Steuergeldern gesammelten Daten frei genutzt werden können. Auch für meine Fraktion, Die Linke, gilt seit eh und je der Grundsatz „Öffentliches Geld gleich öffentliches Gut“.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber die FDP wäre nicht die FDP, wenn es nicht auch Unterschiede zu unseren Vorstellungen gäbe. Kein einziges Mal werden Gemeinwohlorientierung oder soziale Innovationen erwähnt! Dafür ist von einem neuen Datenrecht die Rede, das sehr nach Dateneigentum klingt und damit nach Kommerzialisierung hoch drei, bei der wieder einmal große Unternehmen gewinnen und kleinere Unternehmen sowie nichtkommerzielle Nutzerinnen und Nutzer die damit verbundenen komplexen Lizenzierungsmodelle entweder nicht verstehen

(Manuel Höferlin [FDP]: Das stimmt gar nicht! Es geht um die Weiterentwicklung von Daten!)

oder sie sich nicht leisten können. Davon einmal abgesehen, ist Eigentum zum Beispiel an den Temperaturdaten einer Stadt ja wohl ein absurder Gedanke.

(Beifall bei der LINKEN – Manuel Höferlin [FDP]: Da steht doch gar nichts davon!)

Aber auch die FDP will Start-ups fördern. Nur will sie das durch eine Art rechtsfreie Räume, die im Antrag „digitale Freiheitszonen“ heißen. Das erinnert mich fatal an eine Rede von Christian Lindner im letzten Bundestagswahlkampf – ich war selbst dabei –, in der er forderte, für Start-ups jede Regulierung für zwei Jahre auszusetzen; das habe ich mit meinen eigenen Ohren gehört.

(Manuel Höferlin [FDP]: Sehr gut!)

Auch Die Linke ist sehr für Entbürokratisierung, gerade für Start-ups. Aber zu rechtsfreien Räumen sagen wir: Nein, danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir lehnen daher den Antrag der FDP ab. Aber ich wünsche mir, dass die darin enthaltenen guten Elemente von der Bundesregierung aufgegriffen werden; denn unbestritten braucht es eine Digitalisierungsstrategie, und ihre Umsetzung braucht endlich mehr Dynamik.

Im Übrigen bin ich der Überzeugung, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht in das Strafgesetzbuch gehören. § 219a, das Informationsverbot für Schwangerschaftsabbrüche, gehört endlich abgeschafft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)