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Ampel tut nichts gegen den Kita-Kollaps!

Rede von Heidi Reichinnek,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal diskutieren wir über eine Fristverlängerung für Infrastrukturprojekte in der Kinderbetreuung, und natürlich stimmen wir zu. Niemand will, dass der Ausbau von Kitaplätzen durch weitere bürokratische Hürden zusätzlich stockt. Aber die Verlängerung zugunsten eines Projektes um ein halbes Jahr bringt uns im Angesicht der Probleme, vor denen wir stehen, kaum weiter.

(Zuruf von der SPD: Doch!)

Problem eins, der Platzausbau: Die Fristverlängerung heute ermöglicht nur, bereits genehmigte Projekte zu beenden. Das ist wirklich auch einfach das Mindeste, was man machen kann. Dafür muss man sich nicht ständig auf die Schulter klopfen.

Es gibt weiter keinen Fördertopf für neue Investitionen, und das bei fast 400 000 fehlenden Kitaplätzen. Sie von der Ampel kennen die Situation. Deswegen haben Sie auch in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben, dass Sie ein neues Investitionsprogramm auflegen wollen. Auf meine Frage, wann dieses angekündigte Programm denn kommt, erhielt ich die Antwort aus dem Ministerium, dass man laut Koalitionsvertrag ein solches Programm auflegen möchte. – Na, vielen Dank für die Antwort! Die Frage war: Wann?

(Beifall bei der LINKEN)

Aber das scheinen Sie auch noch nicht so ganz zu wissen. Sie haben außerdem in dieser Antwort mitgeteilt, dass dieses Programm dann den haushalterischen Möglichkeiten – also übersetzt: dem Gutdünken Christian Lindners – unterliegen wird. Da Kinder in der Regel kein sechsstelliges Jahreseinkommen haben und somit für Ihren Finanzminister total irrelevant sind, ahne ich da nichts Gutes. Deswegen: Legen Sie endlich ein umfassendes Investitionsprogramm auf!

(Beifall bei der LINKEN)

Problem zwei – es wurde schon angesprochen –, der Fachkräftemangel: Vor Kurzem hat sich das Ministerium in einer Debatte hier selbst gelobt und die 2 500 Erzieher/-innen angeführt, die vor Kurzem durch ein Bundesprojekt ihre Ausbildung beendet haben – ein Projekt der GroKo, wohlgemerkt. Der geschätzte Kollege Seestern-Pauly nannte dieses Projekt vor zweieinhalb Jahren – damals noch in der Opposition – nicht mal einen kleinen Tropfen auf einem heißen Stein, womit er ausnahmsweise mal recht hatte.

(Matthias Seestern-Pauly [FDP]: Ich habe fast immer recht!)

Tatsächlich fehlen je nach Rechnung rund 200 000 bis 300 000 Fachkräfte. Der Bund muss also endlich gemeinsam mit Ländern, Kommunen, Gewerkschaften und Verbänden Lösungen entwickeln, wie es der Kollege Malottki auch schon gesagt hat. Berufen Sie endlich einen Kitagipfel ein und machen Sie das zu Ihrer Priorität!

(Beifall bei der LINKEN)

Damit zu Problem drei. Woran krankt das ganze System? An der Finanzierungslücke im Kitasystem. Mit den knapp 2 Milliarden Euro pro Jahr im Rahmen des KiTa-Qualitätsgesetzes habe der Bund seine Schuldigkeit getan, heißt es; es sei ja Ländersache. Ich weiß, ich höre es jedes Mal wieder. Addiert man zu diesem Betrag noch weitere Bundesunterstützung und Programme, kommen wir, wohlwollend gerundet, auf 3 Milliarden Euro vom Bund. Das klingt erst mal ganz nett; aber seit Jahren hat sich dieser Betrag nicht erhöht, sehr wohl erhöhten sich aber die Kosten für die Kinderbetreuung. Sie sind von 13 Milliarden im Jahr 2008 auf aktuell fast 50 Milliarden gestiegen.

Also noch mal: von 13 Milliarden im Jahr 2008 auf 50 Milliarden; 3 Milliarden vom Bund. Sie merken das, nicht? Dazwischen ist so eine Diskrepanz. Ich mache das jetzt mal so deutlich, weil es bei Ihnen irgendwie nicht richtig anzukommen scheint. Beim nächsten Mal male ich es Ihnen auf. Keine Sorge, wir kriegen das noch in die Köpfe rein: Die Kosten steigen sehr, der Anteil des Bundes steigt nicht. Erhöhen Sie endlich Ihre Unterstützung für die Länder und Kommunen!

(Beifall bei der LINKEN)

Aber stattdessen lassen Sie lieber Länder, Kommunen, Träger und ganz besonders die Erzieher/-innen, die Kinder und die Eltern komplett im Stich. Die müssen das am Ende nämlich ausbaden. Sie kennen die Probleme seit Jahren. Also, gehen Sie zu Ihrem Finanzminister, und erklären Sie ihm bitte, dass man an frühkindlicher Bildung nicht spart. Dass Deutschland das Geld dafür nicht hat, ist schlicht gelogen. Es ist ganz einfach eine Frage des Willens. Aber den haben Sie offenbar nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)