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Amira Mohamed Ali: Geld-zurück-Garantie statt Zwangsgutscheine für die Verbraucher!

Rede von Amira Mohamed Ali,

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Es erscheint erst mal als eine gute, solidarische Idee, dass Konzerthäuser und Theater, deren Veranstaltungen wegen der Coronakrise ausfallen müssen, jetzt Gutscheine ausgeben dürfen, anstatt den Kunden das Geld zurückerstatten zu müssen. So, könnte man meinen, leistet jeder Kunde einen kleinen Beitrag für die Erhaltung der Kulturszene, die Hilfe wirklich bitter nötig hat. Aber das ist ein Trugschluss.

Was die Bundesregierung uns hier vorlegt, das ist nur eine Scheinlösung.

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist die Fraktion!)

So werden Sie zum einen die Branche nicht retten, zum anderen höhlen Sie den Verbraucherschutz aus, und beides ist inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja, die Häuser, die bereits viele Eintrittskarten verkauft haben, profitieren kurzfristig. Aber: Irgendwann müssen die Gutscheine ja auch eingelöst werden, und dann fehlen die Einnahmen. Das Problem wird also nur vertagt. Außerdem bringt diese Regelung all den kleinen Theatern und Konzerthäusern, die einen geringen oder gar keinen Vorverkauf hatten, überhaupt nichts. Sie steuern weiterhin ungebremst in die Pleite, Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz; kulturelle Vielfalt geht verloren. Genau das darf doch nicht geschehen, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und, meine Damen und Herren von der Regierung: Sie zerstören so auch das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Denn wer jetzt sein Geld nicht zurückbekommt, obwohl es eigentlich sein gutes Recht sein sollte, der überlegt es sich doch später zweimal, ob er noch einmal dazu bereit ist, im Vorverkauf Konzertkarten oder Ähnliches zu erwerben. Das wird die ganze Branche langfristig schädigen. – Sie haben es richtig gesagt, Frau Kollegin Willkomm.

(Beifall bei der LINKEN)

Und was ist mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die das Geld jetzt dringend brauchen, weil sie selber in finanziellen Schwierigkeiten sind, weil sie durch die Coronakrise in Kurzarbeit sind, weil sie ihren Arbeitsplatz verloren haben? Die Antwort der Bundesregierung ist da lapidar. Da steht: Wem es aufgrund seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist, einen Gutschein anzunehmen, der bekommt sein Geld zurück. – Im Klartext: Man soll dem Theater, dem Kino seine Einkommensverhältnisse offenlegen, um sein Geld zurückzubekommen. Wo kommen wir denn da hin!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es sind noch nicht einmal Kriterien für die Zumutbarkeit im Gesetz geregelt. Wer soll das am Ende entscheiden: der Veranstalter, die Gerichte? Bei allem Verständnis für die Ausnahmesituation, in der wir sind, aber manches treibt hier wirklich bunte Blüten.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Johannes Fechner [SPD]: So schlecht ist es auch nicht!)

Eines möchte ich als Juristin noch mal ausdrücklich sagen: Sie hebeln hier einen zentralen Rechtsgrundsatz unseres Zivilrechts aus, der lautet: Ohne Leistung keine Gegenleistung. – Wenn ich also für ein Konzert bezahlt habe, das dann nicht stattfindet, bekomme ich mein Geld zurück. Diesen zentralen Grundsatz darf man nicht einfach aufheben. Das hat etwas mit Vertrauen in das Recht zu tun.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist nicht mal eine Insolvenzabsicherung dabei. Das heißt: Wenn der Veranstalter pleitegeht, dann gehen die Kunden komplett leer aus. Und bei Ihren Plänen für Kunst und Kultur sind die Pleiten leider vorprogrammiert.

Wir brauchen einen wirksamen Schutzschirm für die Veranstaltungshäuser, aber nicht nur für die, auch für die Künstlerinnen und Künstler. An die denken Sie bei dieser Regelung übrigens überhaupt nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre der richtige Weg: –

– kein Zwangskredit, der wenig oder gar nichts bringt, auf Kosten des Verbraucherschutzes. Freiwillige Gutscheine: ja. Zwangsgutscheine: ein klares Nein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)