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Agrarbeihilfeempfänger endlich offenlegen

Rede von Hüseyin Aydin,

Rede vor dem Plenum im deutschen Bundestag am 11. Mai 2007 zu TOP 26: Forderung nach Transparenz bei den EU-Agrarexportsubventionen

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Besitzer von Aldi und Lidl gehören zu den reichsten Menschen in Deutschland. Sie haben ihr Vermögen auf dem Rücken der Beschäftigten gemacht. Sie sind auch deshalb so reich, weil sie die bäuerlichen Betriebe immer mehr an die Wand drücken. Die Einzelhandelsketten zahlen für 1 Liter Milch nicht mehr als vor 20 Jahren. Ein Milchbauer mit 50 Kühen verdient heute deshalb so wenig, dass er seine Familie davon nicht mehr ernähren kann. Ich betone: Es ist absolut berechtigt, dass die Milchbauern vom Staat unterstützt werden. Nur: Wir von der Linken wollen Transparenz; denn bei den großen Beihilfeempfängern handelt es sich nicht allein um die kleinen Bauern. Es geht um Konzerne, es geht um Minister, und es geht sogar um Königshäuser.
Ich nenne Ihnen Beispiele: 2005 kam heraus, dass in Holland die Nahrungsmittelkonzerne Nestlé und Campina in fünf Jahren 900 Millionen Euro an EU-Ausfuhrbeihilfen geschenkt bekamen. Landwirtschaftsminister Veerman selbst strich 150 000 Euro an Beihilfen ein. Königin Elisabeth und Prinz Charles von England erhalten pro Jahr 1,5 Millionen Euro aus Brüssel. Wir wissen das, weil in 13 europäischen Ländern Namen und Zahlen offengelegt wurden.
Doch was ist mit Deutschland? Allein zur Unterstützung des Agrarexports werden bei uns jährlich über 500 Millionen Euro ausgezahlt. Wer erhält dieses Geld? Sind es Bauern? Sind es Minister? Sind es Konzerne? Sind es Abgeordnete? Das habe ich im Februar 2006 von der Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage wissen wollen. Doch in der Antwort wurde jede konkrete Auskunft verweigert. Wenn eine Regierung in der Dritten Welt vertuscht, wohin EU-Entwicklungshilfegelder fließen, dann nennt die Bundesregierung das „schlechte Regierungsführung“. Aber wenn sie selbst die Namen der EU-Subventionsmillionäre offenlegen soll, dann beruft sie sich auf den Datenschutz. Ich sage Ihnen: Das ist eine Heuchelei.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Wahrheit muss der Bundesregierung regelrecht abgerungen werden. Das ganze letzte Jahr hindurch haben Nichtregierungsorganisationen und Opposition für mehr Transparenz bei den Agrarsubventionen gekämpft. Im November einigten sich die EU-Kommission und das EU-Parlament endlich darauf, alle Länder auf die Veröffentlichung der Daten zu verpflichten. Das ist ein großer Erfolg. Doch seitdem versucht Wirtschaftsminister Glos mit immer neuen Tricks, die Transparenzpflicht hintenherum zu verwässern. Wir von der Linken sagen: Hören Sie endlich auf mit dieser Trickserei!
Subvention ist nicht gleich Subvention. Stützungszahlungen für bäuerliche Familien sind eine soziale Maßnahme. Ausfuhrbeihilfen an Nahrungsmittelkonzerne aber zerstören die Grundlage der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern. Wir von der Linken sind dagegen, dass EU-Milchpulver zu Dumpingpreisen die Viehzüchter in Schwarzafrika ruiniert. Die Offenlegung der Agrarsubventionen ist deshalb überfällig. Sie muss schnellstmöglich auf europäischer Ebene geregelt werden.

Die Veröffentlichung muss sich an den realen gesellschaftlichen und ökologischen Leistungen der landwirtschaftlichen Betriebe orientieren. Es muss klar sein, ob die Gelder in die Massentierhaltung, in den Öko-Landbau oder in den Vorruhestand fließen. Es muss klar sein, ob der Konzern Südzucker Geld für den Export erhält oder für den Anbau von Pflanzen, aus denen man Energie erzeugen kann. Die Menschen im Lande haben ein Recht darauf, zu wissen, wohin ihre Steuergelder fließen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)