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Abschiebungen lösen keine Probleme

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste auf den Tribünen! Die Ampel ist mit dem Versprechen angetreten, eine andere Migrationspolitik als Seehofer zu machen. Sie wollte Rechte erweitern, statt diese einzuschränken, und sie wollte mehr Teilhabemöglichkeiten für geflüchtete Menschen schaffen. Das war auch ein Anliegen vieler junger Abgeordneter der Grünen Jugend und der Jusos. Dass Sie heute einen solchen Gesetzentwurf vorlegen, hätte ich vor einem Jahr nicht gedacht; denn das, was die Ampel jetzt vorgelegt hat, könnte direkt aus Seehofers Feder stammen.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Offensichtlich hat sich die Ampel dem gesellschaftlichen Druck von rechts unterworfen; denn Sie folgen ihrer Logik, indem Sie in den ersten Sätzen Ihres Gesetzentwurfs Geflüchtete als Problem der Kommunen identifizieren. Als Lösung präsentieren Sie eine verbesserte Abschiebung. Ihr Gesetzentwurf wird keine Kommune entlasten, aber Geflüchtete noch mehr entrechten und ihre Lebensumstände noch weiter verschlechtern.

(Beifall der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Dazu zwei Beispiele. Erstens. Sie wollen das Recht auf Freiheit einschränken, indem Sie die Abschiebehaft massiv ausweiten, um Geflüchtete leichter abzuschieben. Dabei haben Asylsuchende nichts verbrochen, sondern nur einen Asylantrag gestellt. Das ist keine Straftat.

(Zuruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])

Schon jetzt ist jede zweite Abschiebungshaft rechtswidrig. Diese Probleme werden sich in Zukunft noch verschärfen.

Zweitens. Sie greifen drastisch in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ein, indem Sie es Behörden erlauben, in Gemeinschaftsunterkünften beliebige Zimmer zu durchsuchen, um ausreisepflichtige Personen ausfindig zu machen.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Na so was!)

Ich halte das im Gegensatz zu Ihnen, Frau Faeser, für einen unzulässigen Eingriff in Grundrechte von schutzsuchenden Menschen.

(Beifall bei der LINKEN – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Eh man sich versteckt, oder was?)

Die Verschärfungen stoßen außerdem auf erhebliche grundrechtliche, europarechtliche und völkerrechtliche Bedenken, und das nicht nur bei mir, sondern auch bei Verbänden wie Pro Asyl, Amnesty International und dem Paritätischen Gesamtverband.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Die sind so wie Sie!)

Die bittere Wahrheit ist: Die vorgeschlagenen Verschärfungen werden Hunderttausenden Geflüchteten das Leben zur Hölle machen. Sie werden aber nicht dazu führen, dass wesentlich mehr Menschen abgeschoben werden. Sie haben selbst gesagt und erkannt, dass es nur 600 Personen betreffen wird.

Deswegen werden Union und AfD sich mit diesem Gesetzentwurf auch nicht zufriedengeben.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Genau! Damit kann man sich auch nicht zufriedengeben!)

Schon jetzt hören wir aus den Reihen der Union, dass die Verschärfungen nicht weit genug gehen. Die Rechten werden das Spiel also weitertreiben.

Nein, er leistet keinen Beitrag zu der sachlichen Debatte. – Schon jetzt hören wir von rechts – er hätte ja genau das gesagt –, dass das Spiel weiterbetrieben werden soll. Die Rechten werden genau dieses Spiel weitertreiben, indem sie in der nächsten Sitzungswoche die nächsten Angriffe auf Geflüchtete starten werden. Deshalb sage ich ganz klar in Richtung Grüne und SPD: Sie sollten mal darüber nachdenken, bis wohin Sie den Rechten eigentlich noch hinterherlaufen wollen. Wo sind Ihre roten Linien bei Menschenrechten? Das frage ich Sie ernsthaft.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir als Linke sind mittlerweile die einzige Fraktion in diesem Parlament, die bei der Spirale der Entrechtung nicht mitmacht. Wir sind die Einzigen, die klipp und klar sagen: Die Geflüchteten sind nicht das Problem, sondern die Ausstattung der Kommunen und die Verteilung von Reichtum in diesem Land, die Verteilung zwischen oben und unten. Das betrifft übrigens alle Menschen in diesem Land.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind die einzige Partei, die sagt: Abschiebungen lösen keine Probleme. Abschiebungen bauen keine Wohnungen. Abschiebungen schaffen keine Kitaplätze. Abschiebungen stellen keine Lehrerinnen und Lehrer ein. Abschiebungen verbessern keine Arbeitsbedingungen in Kliniken und sichern keine Renten. Statt in großem Stil abzuschieben, sollten Sie endlich in großem Stil soziale Politik machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)