Zum Hauptinhalt springen

Abgeordnetenbestechung - gegen die Privilegierung von Abgeordneten

Rede von Wolfgang Neskovic,

Abgeordnete haben tatsächliche und vermeintliche Privilegien. Zu den tatsächlichen gehört die Tatsache, dass im Bereich der Korruption nur dumme Abgeordnete für den sogenannten Stimmenkauf Bestrafung fürchten müssen. Denn das ist die gegenwärtige Rechtslage. Sie muss deswegen dringend geändert werden. Was für jeden Amtsträger in jeder Behörde dieses Landes, für jede Richterin und jeden Richter gilt, muss auch und gerade für Abgeordnete gelten: Entscheidungen im Namen der Allgemeinheit dürfen nicht käuflich sein.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,

zurzeit gibt es zwei Gesetzentwürfe, die darauf abzielen, die Bestechung und die Bestechlichkeit von Abgeordneten endlich wirkungsvoll unter Strafe zu stellen. Einen Entwurf der Linksfraktion und einen Entwurf der Grünen, der heute beraten wird. Beide verfolgen das gleiche Ziel. Ich möchte noch einmal aus der Sicht der Linksfraktion hervorheben, von welchen Überlegungen beide Gesetzentwürfe getragen sind.

Es sind die Gründe, die dazu geführt haben, dass die Bundesrepublik Deutschland Übereinkommen der Vereinten Nationen und des Europarates unterzeichnet hat, die dazu auffordern, die Bestechung und Bestechlichkeit auch von Abgeordneten konsequent unter Strafe zu stellen.

Es sind die Gründe, die den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 9. Mai 2006 bewegt haben, eine gleichlautende Aufforderung an den Gesetzgeber zu richten.

Es sind die Gründe, denen der aktuelle Korruptions-Paragraph des Strafgesetzbuches in keiner Weise genügt.

Die Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten untergräbt die Grundprinzipien der Demokratie und beschädigt in krasser Weise das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie.

Das sind schwere Verletzungen, die kein äußerer Feind der Demokratie zufügen könnte. Diese Art der Beschädigung kann sich die Demokratie nur selbst zufügen. Das sollten die Regierungsfraktionen in den Zeiten einer überbordenden Sicherheitspolitik einmal zur Kenntnis nehmen. Die hier angesprochenen Beschädigungen unserer Gesellschaft sind hausgemacht.

Eine Grundidee der Demokratie ist die Freiheit des Mandates, das auf der Gleichheit der Wählerstimmen beruht. Die Gleichheit der Stimmen wird ad absurdum geführt - wenn zwischen den Wahlen ein kleiner Teil des Wahlvolkes politische Entscheidungen vergoldet. Die Freiheit des Gewissens wird ad absurdum geführt, wenn das Gewissen dem gewissen Vorteil zugeneigt ist.

Meine Damen und Herren,

das Parlament ist kein Marktplatz und politische Entscheidungen sind keine Waren. Bestechung und Bestechlichkeit beginnt nicht erst beim Stimmenkauf, den das Strafgesetzbuch bereits unter Strafe stellt.

Diese Vorschrift ahndet nur die ganz schlecht eingefädelte Bestechung. Sie bestraft nur den ganz dummen Mandatsträger. Die klugen Bestochenen und die cleveren Bestecher sind aber das viel größere Problem.

Jeder erhebliche geldwerte Vorteil, der für jedes politische Tun oder Unterlassen eines Mandatsträgers gewährt oder angenommen wird - gehört unter Strafe gestellt - wenn er der rechtlichen Stellung des Abgeordneten widerspricht. Bestechlichkeit liegt vor, wenn das Abgeordnetenmandat und seine politischen Handlungsmöglichkeiten zum Handelsgut werden.

Dazu gehört der Beratervertrag ohne Beratung.

Dazu gehört der gut bezahlte Stuhl im Aufsichtsrat, auf dem der Mandatsträger nahezu nie Platz nimmt.

Dazu gehört die "All inclusive-Einladung" zu einer Konferenz, bei der man sich unter südlicher Sonne am Swimmingpool bespricht.

Was für jede Richterin, jeden Richter, jeden Amtsträger in jeder Behörde dieses Landes gilt, muss grundsätzlich auch und gerade für Abgeordnete gelten: Entscheidungen im Namen der Allgemeinheit dürfen weder gekauft, noch verkauft werden.

Dieses Ziel verfolgt unser Antrag. Dieses Ziel verfolgt der Antrag der Grünen. Deswegen verdienen diese Anträge eine ernsthafte Diskussion und im Ergebnis Zustimmung.

Ich danke Ihnen.