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Vorfahrt für Bildung? Von wegen!

Positionspapier,

Der Bildungsgipfel am 10. Juni droht zur Farce zu werden. Die Bundesländer geraten immer mehr unter Druck, den Kindergärten, Schulen und Hochschulen den Geldhahn zuzudrehen. Und auch das Streichkonzert der Bundesregierung macht vor der Bildung nicht halt.

Arbeitskreis Innovation, Bildung, Wissenschaft, Kultur und Bildung

Der Bildungsgipfel am 10. Juni droht zur Farce zu werden. Die Bundesländer geraten immer mehr unter Druck, den Kindergärten, Schulen und Hochschulen den Geldhahn zuzudrehen. Und auch das Streichkonzert der Bundesregierung macht vor der Bildung nicht halt.

Der Bundeshaushalt pfeift aus dem letzten Loch. Zwei Tage lang haben Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerinnen und Minister zusammen gesessen und den Rotstift geschwungen. Herausgekommen ist ein gigantisches Kürzungspaket. Nur in die „Zukunftsaufgabe Bildung“, so die vollmundigen Ankündigungen der Bundesregierung, soll zusätzlich investiert werden. Immerhin dieser eine Punkt klingt gut. Aber stimmt das auch?

Keine neuen Ausgaben für Bildung

12 Milliarden Euro, so lobt sich die Bundesregierung, sollen bei Bildung und Forschung draufgelegt werden. Eigentlich geht es um 3 Milliarden, denn das Geld ist auf 4 Jahre verteilt. Da die Hälfte in die Forschung gehen soll, bleiben für die Bildung 1,5 Milliarden. Genaueres Hinsehen zeigt außerdem: Die zusätzlichen Ausgaben sind alle schon beschlossene Sache - und zum größten Teil auch längst verplant. Die Klausursitzung der Bundesregierung hat hier nicht mehr getan, als den Status Quo zu sichern. Und der ist bekanntermaßen alles andere als gut.

Gerade bei den Schwächsten kommt von dem Geld ohnehin kaum etwas an. An den Hochschulen will Schwarz-Gelb mit dem Nationalen Stipendienprogramm nur die Besten stärker fördern. Nach dem Vorbild der Riester-Rente soll künftig außerdem auch ‚Bildungssparen’ gefördert werden - wieder bekommen nur diejenigen Prämien vom Staat, die schon Geld auf der hohen Kante haben. Wer nichts sparen kann, geht dagegen leer aus.

Sparorgien der Länder sind vorprogrammiert

70 Prozent der Bildungsausgaben kommen nicht vom Bund, sondern von Ländern und Kommunen. Dort sieht es in den Haushalten noch deutlich schlimmer aus. Weil große Vermögen und Einkommen nicht angemessen besteuert werden, bleibt vielen Ländern schon lange nichts anderes mehr übrig als notwendige Bildungsausgaben teilweise über Schulden zu finanzieren. Die beschlossene Schuldenbremse setzt die Länder nun noch deutlich stärker unter Druck als den Bund - und sie geben diesen Druck teilweise einfach an die Kindertageseinrichtungen, Schulen und Hochschulen weiter. Um die Unterfinanzierung auf Dauer zu beseitigen, sind Länder und Kommunen unbedingt darauf angewiesen, dass der Bund ihnen neue Einnahmequellen eröffnet. Genau hier aber war die Kürzungsklausur der Bundesregierung ein Totalausfall.

Den Ländern bleibt damit kaum eine andere Chance, als Kindergärten, Schulen und Hochschulen den Geldhahn zuzudrehen. Schleswig-Holstein hat bereits den Anfang gemacht. Durch das Kürzungspaket aus dem Norden ist die Uni Lübeck akut von der Schließung bedroht. Wenn sich an der Bundespolitik nichts ändert, werden in den nächsten Monaten wohl weitere Bundesländer dem Kurs von Schleswig-Holstein folgen.

Kahlschlag in der Berufsbildung droht

Allen anderslautenden Ankündigungen zum Trotz: Auch auf der Bundesebene stehen Kürzungen in der Bildung weiter auf der Agenda. Das Arbeitsministerium und die Bundesagentur für Arbeit sollen in der Arbeitsförderung bereits im kommenden Jahr 2 Milliarden Euro weniger, künftig sogar jedes Jahr 5 Milliarden weniger ausgeben. Hierzu sollen unter anderem die Förderinstrumente für junge Menschen zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit gebündelt werden. Im Klartext: Gerade bei der Qualifizierung wird bei den Arbeitsagenturen aller Voraussicht nach der Rotstift angesetzt. Pflichtleistungen der Arbeitsförderung sollen zu Ermessensleistungen werden. Betroffene Förderleistungen gäbe es dann nur noch, wenn die Agentur oder das Jobcenter vor Ort dies für sinnvoll hält - und wenn noch Geld da ist. Welche Bereiche hierunter konkret leiden sollen, darüber hüllt sich Schwarz-Gelb noch in Schweigen. Treffen könnte es zum Beispiel die Förderung für das Nachholen eines Hauptschulabschlusses.

Darlehen und Zuschüsse des Bundes an die Bundesagentur für Arbeit soll es mittelfristig nicht mehr geben. Im Gegenzug erhält die Bundesagentur die Möglichkeit, selbst Kredite aufzunehmen. Der finanzielle Druck auf die Arbeitsförderung wird so weiter steigen. Das heißt auch, dass die Agenturen den Bildungsträgern noch weniger finanzielle Sicherheit bieten können. Damit drohen weitere Kündigungen bei den verbliebenen Festangestellten in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Da hierüber hinaus im öffentlichen Dienst mehr als 10.000 Stellen abgebaut werden sollen, ist zu befürchten, dass es hier künftig noch weniger Ausbildungsplätze geben wird als heute schon.

Sackgasse Bildungsgipfel

Am 10. Juni kommen Bund und Länder zum dritten Bildungsgipfel zusammen. Das Ziel: Eine Erhöhung der Bildungsausgaben auf 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Insgesamt müssten hierfür 20 Milliarden Euro mehr in die Bildung fließen. Aktuelle Studien zeigen, dass im Bildungssystem eigentlich jedes Jahr mindestens 40 Milliarden fehlen. Doch selbst die Finanzierung der 20 Milliarden steht in den Sternen. Bund und Länder sprechen derzeit von nötigen zusätzlichen Ausgaben der öffentlichen Hand von 13 Milliarden pro Jahr. Mit den angekündigten 1,5 Milliarden für die Bildung würde der Bund hiervon gerade mal knapp 12 Prozent übernehmen. Woher die Länder das Geld für den Rest nehmen sollen, bleibt ein Geheimnis von Schwarz-Gelb.

Einen Vorgeschmack auf den Bildungsgipfel hat in den letzten Wochen bereits das Gezerre über eine Aufstockung der Ausbildungsförderung geboten. Um gerade einmal 2 Prozent soll das BAföG nach dem Willen der Bundesregierung steigen. Die Novelle würde die Länder insgesamt um die 170 MillionenEuro im Jahr kosten. Schon dieser Betrag hat den Ländern gereicht, das Gesetz im Bundesrat erstmal unter Finanzierungsvorbehalt zu stellen: Aus den aktuellen Haushalten nicht bezahlbar, so die Botschaft der Ministerpräsidenten. Es verwundert da kaum, dass die Länder die fehlenden Milliarden zur Umsetzung der Bildungsgipfel-Ziele nur aufbringen wollen, wenn sie das hierfür nötige Geld vom Bund bekommen - über einen höheren Anteil an der Mehrwertsteuer. Die Bundesregierung wiederum sieht hierfür in ihrem Sparhaushalt keinen Spielraum.

Alle reden von der hohen Bedeutung der Bildung - aber niemand will zahlen. So wird die Verantwortung für eine bessere Bildung in einem unwürdigen Hickhack zwischen Bund und Ländern hin und her geschoben. Von ‚Vorfahrt für Bildung’ kann keine Rede sein. Im Gegenteil: Durch die verfehlte Steuerpolitik von Schwarz-Gelb ist der Bildungsgipfel längst zu einer Sackgasse geworden. Auf der Strecke bleiben zuallererst die Kinder und Jugendlichen.