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Leitlinien für LINKE Verbraucherpolitik

Positionspapier,

Die Fraktion DIE LINKE gibt sich diese Leitlinien für LINKE Verbraucherpolitik in Zusammenarbeit mit den verbraucherpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Länder sowie den von der LINKEN geführten Verbraucherministerien der Länder.

Beschluss der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag vom 14. Dezember 2010

Die Fraktion DIE LINKE gibt sich diese Leitlinien für LINKE Verbraucherpolitik in Zusammenarbeit mit den verbraucherpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Länder sowie den von der LINKEN geführten Verbraucherministerien der Länder.

Die Bundesregierung versteckt sich hinter dem Leitbild des so genannten mündigen Verbrauchers und rechtfertigt damit politische Untätigkeit. DIE LINKE fordert angesichts von Privatisierung und Globalisierung hingegen eine aktive Verbraucherpolitik, welche die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Mittelpunkt stellt und Märkte verbrauchergerecht reguliert. Dabei verfolgen wir eine sozial gerechte, ökologisch nachhaltige Verbraucherpolitik. Wir fordern hohe soziale und ökologische Standards für alle Produkte und Dienstleistungen. Wirksamer Verbraucherschutz braucht handlungsfähige und durchsetzungskräftige öffentliche Institutionen sowie starke, finanziell gut ausgestattete Verbraucherorganisationen. Gleichzeitig setzen wir uns für die Rekommunalisierung bereits privatisierter Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge ein.

Verbraucherpolitik im Interesse der Menschen

In modernen Gesellschaften sind alle Menschen zwangsläufig auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf Märkten, also Verbraucherinnen und Verbraucher. Je komplizierter und unübersichtlicher Märkte etwa durch neue Technologien, aber auch durch Privatisierungen und Liberalisierung werden, desto mehr steigen die Anforderungen an die Politik, Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken und zu schützen. Dennoch reduziert DIE LINKE Menschen nicht auf ihre Rolle als Verbraucherinnen und Verbraucher. Vielmehr gibt es Bereiche, in denen DIE LINKE Menschen ausdrücklich nicht als Verbraucherinnen und Verbraucher sieht. Das betrifft z.B. gesetzlich garantierte Gesundheits- und Pflegeleistungen und andere Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, die DIE LINKE nicht warenförmig organisieren möchte. Unser Maßstab ist eine hohe Lebensqualität für alle.

Eine Stärkung der Verbraucherpolitik ist nötig, denn sie betrifft existenzielle Lebensbereiche. Ob beim Kauf von Lebensmitteln, als Fahrgast, im Internet, als Stromkunde oder Mieterin: Überall stehen den Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher die Interessen von Unternehmen gegenüber. Wir sind zunehmend mit aggressiven Werbestrategien und unlauteren Geschäftspraktiken konfrontiert.
 
Im Zuge der Globalisierung haben sich zudem Geschwindigkeit und Handlungsmöglichkeiten der vielfach transnational agierenden Unternehmen bedeutend intensiviert. In Folge der Privatisierung von wichtigen Sektoren der öffentlichen Daseinsvorsorge wie z.B. Wasser, Strom und Gas, Telekommunikation, aber auch Gesundheitsleistungen wurden neue Märkte geschaffen. Die Liberalisierung hat insbesondere im Finanzbereich neue Märkte geschaffen. Unternehmen nutzen diese komplexe und unübersichtliche Wirtschaftswelt nicht selten zum Nachteil der Verbraucherinnen und Verbraucher.

In Folge der Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge wurden aus öffentlichen Anbietern wie z.B. Stadtwerken private Anbieter mit entsprechenden Auswirkungen auf Bürgerinnen und Bürger. Insbesondere dort, wo daraus ein Monopolstatus folgt, wird dies zu einem Nachteil für Verbraucherinnen und Verbraucher wie etwa bei den Energienetzen.

Technische Entwicklungen in Telekommunikation und Internet verändern das Zusammenleben in einem in so kurzer Zeit bisher kaum erlebten Ausmaß. Soziale Netzwerke, Suchmaschinen, Geodatendienste und Online-Shops sammeln und verknüpfen persönliche Daten. Nicht selten werden sie zur Kostenfalle für Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine moderne Verbraucherpolitik muss deshalb vollkommen neue Lösungen für die digitale Welt finden.
Die Bundesregierung reduziert Verbraucherinnen und Verbraucher auf Marktteilnehmer, die informierte Entscheidungen treffen und zieht sich damit aus der Verantwortung. Aufgaben staatlicher Regulierung und unternehmerischer Verantwortung werden mit dem Credo vom „mündigen Verbraucher“ einseitig auf die Verbraucherinnen und Verbraucher verlagert – ohne sie mit entsprechenden Rechten auszustatten. Denn die Wirtschaft soll nicht in die Pflicht genommen werden. Die Bundesregierung versteckt sich hinter dem Leitbild des „mündigen Verbrauchers“, um nicht selbst tätig werden zu müssen.

DIE LINKE will stattdessen Verbraucherrechte stärken und Märkte verbrauchergerecht regulieren. DIE LINKE betreibt Wirtschaftspolitik aus der Sicht von Beschäftigten und Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Wirtschaft muss den Menschen dienen. Deshalb ist Verbraucherschutz für DIE LINKE ein zentrales Thema. Mit diesen Leitlinien leisten wir einen Beitrag zur Lösung von Zukunftsfragen und knüpfen an linke Traditionen an. Schon in der Arbeiterbewegung haben Verbraucherinteressen eine wichtige Rolle gespielt – und etwa in Konsumgenossenschaften ihren Ausdruck gefunden.

Linke Verbraucherpolitik ist sozial gerecht und ökologisch nachhaltig. Wir sagen: Jeder Mensch muss Zugang zu Wohnraum, Energie und Gesundheitsversorgung haben. DIE LINKE lehnt Privatisierungen in diesen Bereichen ab. Wir setzen uns für eine Rekommunalisierung der Versorgung mit öffentlichen Gütern ein. Im Energiebereich fordern wir, Energienetze in die öffentliche Hand zu überführen, für eine dezentrale und kommunale  Energieversorgung und für die Stärkung der demokratischen Kontrolle. Auch bei Krankenhäusern treten wir für kommunale und frei gemeinnützige Trägerschaft ein. Für jeden Menschen müssen sichere Lebensmittel sowie Produktsicherheit, faire Preise und ungehinderter Informationszugang zuverlässig gewährleistet werden – unabhängig vom Einkommen. Wir setzen uns ein für hohe soziale und ökologische Standards bei allen Gütern und Dienstleistungen. Jeder muss Zugang haben zu unabhängiger Verbraucherberatung.

Eine verbraucherfreundliche Gesellschaft, die nach dem Anspruch handelt, Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken, zu schützen und zu informieren, benötigt deshalb:

 

  • eine Stärkung von individuellen und kollektiven Verbraucherrechten,
  • eine verbrauchergerechte Marktregulierung, um Unternehmenshandeln wirksam zu regulieren,
  • selbstbewusste, finanziell und rechtlich gut ausgestattete Selbstorganisationen der Verbraucherinnen und Verbraucher (Verbraucherzentralen, Verbraucherverbände),
  • handlungsfähige und gut ausgestattete staatliche Kontrollbehörden, die verpflichtet sind, ihre Kontrollergebnisse allgemeinverständlich zu veröffentlichen,
  • ein starkes Verbrauchministerium mit entsprechenden Kompetenzen, um verbrauchergerecht handeln zu können,
  • moderne Methoden der Verbraucherbildung.


1. Verbraucherrechte stärken

Damit Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Interessen wirksam vertreten können, benötigen sie umfassende Rechte – gegenüber Unternehmen und Staat. Neben der Stärkung der individuellen Rechte jeder und jedes Einzelnen kommt dem Ausbau kollektiver Rechte der Verbraucherorganisationen eine besondere Rolle zu. Denn Verbraucherverbände bündeln die auf viele Personen verteilten Einzelinteressen gegenüber professionell vertretenen und teils global agierenden Unternehmen. Verbraucherpolitik ist für uns ein Bestandteil linker Demokratisierungspolitik. Dazu sind Transparenz und Informationsfreiheit wichtige Voraussetzungen.

1.1. Individuelle Verbraucherrechte

Individuelle Verbraucherrechte ermöglichen es Verbraucherinnen und Verbrauchern, ihre Rechtsposition gegenüber Unternehmen zu verbessern, z.B. Schadensersatzansprüche geltend zu machen oder wichtige Informationen zu erhalten – z.B. über Inhaltsstoffe und Produktionsbedingungen.
Individuelle Verbraucherrechte müssen auf nationaler, europäischer und globaler Ebene gestärkt werden. Konkreten Handlungsbedarf sieht DIE LINKE u.a. bei Folgendem:

  • Erweiterung der individuellen Rechtsansprüche, z.B. bei Vertragslaufzeiten und Anbieterwechsel,
  • umfassender Informationsanspruch über Zusammensetzung und Inhaltsstoffe sowie mögliche gesundheitliche oder umweltrelevante Belastungen bei Lebensmitteln, Kosmetika und Bedarfsgegenständen wie z. B. Kinderspielzeugen,
  • umfassende Informationsrechte über die von Unternehmen und Behörden erfassten Daten sowie umfassende Rechte auf Datenlöschung und nicht zuletzt das Recht auf Anonymität im Internet,
  • Neugestaltung von Urheber-, Haftungs- und Lizenzbestimmungen, um das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung weiterzuentwickeln,
  • Anspruch auf Preistransparenz, –wahrheit und –klarheit z.B. bei Kosten von Krediten und Geldanlagen, bei Abo-Fallen im Internet oder beim Telefonieren,
  • Ausbau der Entschädigungsrechte, z.B. von Reisenden sowie Patientinnen und Patienten,
  • Einführung effektiver Schadensersatzansprüche, z.B. bei Geldanlagen oder gegenüber Dienstleistungsanbietern,
  • Verschärfung der Haftungsregeln für Unternehmen z.B. in der Finanzberatung, im Gesundheitsbereich, bei irreführender Werbung sowie im globalen Handel,
  • Verpflichtende Information der Verbraucherinnen und Verbraucher über ihre Rechte, z.B. bei Fluggästen, Fahrgästen der Bahn etc.
     

1.2. Kollektive Verbraucherrechte

In komplexen Märkten ist die Stärkung der kollektiven Verbraucherrechte ein weiterer Baustein für einen effektiven Verbraucherschutz. Deutschland ist im internationalen Vergleich im Verbraucherschutz nur Mittelmaß. DIE LINKE sagt: 82 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen eine unabhängige Interessenvertretung. Die Verbraucherorganisationen sind ihre Lobby gegenüber Politik und Wirtschaft. Zukunftsweisende Verbraucherpolitik bedarf starker und durchsetzungsfähiger Interessenvertretungen.

Staatliche Kontrollaufgaben sowie Veröffentlichungspflichten und unabhängige Verbraucherinformationen sind zwei Seiten derselben Medaille. Die Rechte der Verbraucherverbände wollen wir ausbauen. Das heißt konkret:

  • Informationsrechte stärken. Verbraucherverbände benötigen für ihre Tätigkeit weitreichende Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte gegenüber Unternehmen und Behörden.
  • Beschwerderechte gegenüber Behörden einräumen. Nach dem britischen Vorbild der „Super-Complaint“, einem besonders durchsetzungsfähigem Beschwerdeverfahren, müssen Verbraucherorganisationen Behörden zum konkreten Handeln gegenüber Unternehmen bewegen können.
  • Kollektive Klagerechte erweitern. Die Verbandsklagerechte gegen unlautere Unternehmen oder Geschäftspraktiken müssen ausgebaut werden. Die kollektiven Klagerechte müssen um Musterfeststellungs- und Sammelklagen ergänzt werden.


1.3. Das Verbraucherinformationsgesetz verbraucherfreundlich neu fassen

Ein zentrales Instrument bei der Stärkung der Informationsrechte ist das Verbraucherinformationsgesetz (VIG). Folgende Änderungen sind aus Sicht der LINKEN unumgänglich:

  • Das Gesetz darf sich nicht länger nur auf den Lebensmittelbereich beschränken. Der Geltungsbereich des Gesetzes muss auf alle Produkte, Erzeugnisse und Dienstleistungen ausgeweitet werden. Zudem muss der Auskunftsanspruch auch direkt gegenüber privatwirtschaftlichen Unternehmen gelten.
  • Die staatlichen Behörden müssen ihre Kontrollergebnisse veröffentlichen, die Öffentlichkeit aktiv informieren sowie zur Hilfe bei der Informationsbeschaffung verpflichtet werden.
  • Namen von Unternehmen und Produkten sind zu nennen, Ausnahmen vom Auskunftsanspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher sind eindeutig zu beschreiben und auf ein Minimum zu begrenzen. Dies gilt für Behörden gleichermaßen wie für Unternehmen.
     

1.4. Recht braucht Rechtsdurchsetzung

Verbraucherrechte ohne Rechtsdurchsetzung sind wirkungslos. DIE LINKE fordert neben dem Ausbau der kollektiven Klagerechte die Umkehr bzw. Erleichterung der Beweislast z.B. in der Bank- und Versicherungsberatung oder bei Pflege- und Behandlungsfehlern. So kann die strukturelle Benachteiligung der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Unternehmen ausgeglichen werden.

Der Zugang zu Gerichten und Rechtsberatung muss für alle Verbraucherinnen und Verbraucher unabhängig vom Geld möglich sein. Außerdem sind die Gerichtsverfahren zu vereinfachen. DIE LINKE setzt sich für leicht zugängliche und neutrale Schlichtungsstellen im Streitfall mit Unternehmen ein.
Bußgelder gegen unlautere Unternehmen müssen hoch genug sein, um – angesichts oft hoher Gewinnchancen – wirken zu können. Unrechtmäßig erlangte Gewinne müssen konsequent eingezogen werden.

2. Märkte verbrauchergerecht regulieren – Wirtschaft demokratisieren

DIE LINKE tritt ein für eine verbrauchergerechte Marktregulierung. Denn selbst informierte und gebildete Verbraucherinnen und Verbraucher sind der strukturellen Überlegenheit großer Unternehmen oft nicht gewachsen. Die Erfahrung zeigt: Wettbewerb allein reicht nicht, damit sich das Angebot durch faire Preise und hohe Qualität am Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern ausrichtet. Denn auf den Märkten herrscht ein Ungleichgewicht zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Ein Ausgleich dieses Ungleichgewichtes kann nur dadurch hergestellt werden, dass die öffentliche Hand sich als Interessenwahrer der Verbraucherinnen und Verbraucher versteht und zivilgesellschaftliche Institutionen im Bereich Verbraucherschutz stärkt. Verbraucherinteressen muss durch geeignete Institutionen und verbindliche rechtliche Rahmenbedingungen Rechnung getragen werden.

2.1. Wirtschaftsdemokratie zum Wohle der Verbraucherinnen und Verbraucher

DIE LINKE beantwortet eine falsche Wirtschaftspolitik auf Kosten der Beschäftigen und der Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem umfassenden Konzept für eine alternative Wirtschaftspolitik und für die Demokratisierung der Wirtschaft. An dieser Stelle führen wir unsere Vorstellungen von einer Marktregulierung im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher aus – als ein Bausteinen unseres linken Konzeptes für eine Wirtschaftsdemokratie.
Verbraucherinnen und Verbraucher bzw. ihre Interessensvertretungen müssen Einfluss auf das Handeln öffentlicher Unternehmen und von Unternehmen der Daseinsvorsorge nehmen können. Wir brauchen eine demokratische Interessenvertretung der Verbraucherinnen und Verbraucher in der Wirtschaft. Wir fordern daher:

  • Die flächendeckende Einsetzung von wirtschaftlich unabhängigen Verbraucherbeiräten wie z.B. Fahrgast- und Energiebeiräten. Die bereits bestehenden Schlichtungsstellen Nahverkehr sind dafür erfolgreiche, aber ausbaufähige Beispiele der Interessendurchsetzung im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher. In das Aufsichtsgremium der Bundesnetzagentur und der Finanzaufsicht sind zwei Vertreter von Verbraucherverbänden aufzunehmen, die jeweils vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und den Verbraucherzentralen der Länder benannt werden.
  • In Unternehmen, die vollständig in öffentlichem Eigentum sind oder an denen die öffentliche Hand mehrheitlich beteiligt ist, soll jeweils ein Sitz im Aufsichtsrat für eine – von Verbraucherorganisationen benannte – Vertrauensperson vom Staat zur Verfügung gestellt werden. Diese Vorbildfunktion öffentlicher Unternehmen ist ein erster Schritt. Eine Interessensvertretung von Verbraucherinnen und Verbrauchern ist perspektivisch auch für börsennotierte Unternehmen zu prüfen. In Krankenhäusern sind entsprechend unabhängig von der Trägerschaft Patientenfürsprecher einzusetzen.

Selbstorganisationen von Verbraucherinnen und Verbrauchern wie z.B. Einkaufs- und Dienstleistungs-, aber auch Wohnungsgenossenschaften, haben in Deutschland eine lange Tradition. Bereits im 19. Jahrhundert waren aus der Arbeiterbewegung heraus zahlreiche Konsumgenossenschaften entstanden. Auch heute noch gibt es z.B. Einkaufs- und Dienstleistungsgenossenschaften. Ziel dabei ist nicht Gewinnstreben, sondern stets der konkrete Nutzen für die Genossenschaftsmitglieder. DIE LINKE unterstützt diese Selbstorganisationen, da sie eine wichtige und insbesondere auf regionale Wirtschaftskreisläufe und Nachhaltigkeit ausgerichtete Alternative sind.

Verbrauchertäuschung und Übervorteilung sind Kennzeichen unseriöser Unternehmen. DIE LINKE möchte eine Kultur befördern, in der Unternehmen Verbraucherrechte und eine verbraucherfreundliche Politik nicht als Kostenfaktor, sondern als Wettbewerbsvorteil sehen. Konkrete Vorschläge der LINKEN wie der Smiley zur Hygiene-Kennzeichnung, die Nährwert-Ampel oder ein verbessertes Verbraucherinformationsgesetz, auf dessen Basis Behörden „Ross und Reiter“ nennen dürfen, müssen seriöse und verantwortliche Unternehmen nicht fürchten.

2.2. Wirksamer Verbraucherschutz durch öffentliche Institutionen

DIE LINKE tritt dafür ein, dass die auf Bundesebene geschaffenen Regulierungsbehörden u.a. für Telekommunikation und Energie ihrer eigentlichen Funktion als Verbraucherbehörden endlich nachkommen. Für einige Märkte wie z.B. im Finanzbereich gibt es bislang keine geregelten und effizienten Behörden für den Verbraucherschutz. Um Märkte verbrauchergerecht zu überwachen, ist zweierlei notwendig: durchsetzungsfähige öffentliche Institutionen und starke Verbraucherverbände.

DIE LINKE fordert deshalb:

  • Ein starkes und durchsetzungsfähiges Bundesverbraucherministerium. Als Politikbereich mit Querschnittscharakter soll dieses Ministerium bei wichtigen verbraucherrelevanten Entscheidungen nicht bloß mitberaten, sondern federführend sein. Im Gesetzgebungsprozess soll die bisherige Prüfung der „Auswirkungen auf die Privathaushalte“, die für alle Gesetzesvorhaben obligatorisch durch die Behörden durchzuführen ist, künftig auch hinsichtlich ihrer „Auswirkungen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher“ wirksam in die Praxis umgesetzt werden.
  • Perspektivisch setzt sich DIE LINKE dafür ein, das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit mit weiteren bestehenden Behörden zu einer Verbraucherschutzbehörde zusammenzufassen. Diese Behörde muss auch Kompetenzen für Märkte haben können, für die  bisher noch keine Behörde zuständig ist. Sie soll ausschließlich im Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern tätig werden und so ausgestattet sein, dass ihr eine effektive Marktüberwachung möglich ist. Das heißt: Sie muss eingreifen können, um verbraucherschädigendes Verhalten zu unterbinden und präventiv Verbraucherrechte zu schützen. Dazu sind die Kompetenzen von Behörden wie dem Bundeskartellamt und der „Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Post, Telekommunikation und Eisenbahnen“ neu zu definieren und zu stärken. Die Verbraucherschutzbehörde soll Vorschläge für gesetzliche Anpassungen unterbreiten und Weisungen gegenüber anderen Behörden erteilen können. Darüber hinaus soll sie Kampagnen zur Verbraucherinformation initiieren, Vorschläge für innovative Methoden der Verbraucherinformation bzw. des Verbraucherschutzes entwickeln und dazu mit Forschungseinrichtungen zusammen arbeiten.
  • Verbraucherverbände wie der Verbraucherzentrale Bundesverband und Behörden wie die Bundesnetzagentur müssen als effektive Marktwächter gestärkt werden. Dazu müssen sie wie „gute Wachhunde beobachten, bellen und beißen“ können: Sie sollen Märkte überwachen, vor Gefahren und unlauteren Methoden warnen und wirksam gegen unlautere Unternehmen vorgehen können. Das Modell der britischen „watch-dogs“ ist dafür ein Vorbild.

DIE LINKE will zudem das Bundeskartellamt stärken, um der Konzentration wirtschaftlicher Macht zu begegnen. Erstens ist Marktbeherrschung deutlich restriktiver zu definieren. Zweitens muss das Bundeskartellamt früher, schneller und wirksamer eingreifen. Diese Stärkung reicht weit über eine auf Energiemärkte beschränkte Markttransparenzstelle, wie sie Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle vorgeschlagen hat, hinaus.

Die Landeskartellbehörden sind bereits während der rot-grünen Regierungszeit entmachtet worden. Vielfach sind sie nur noch unzureichend handlungsfähig. Darüber hinaus müssen die Strom- und Gas-Unternehmen ihre Tarife nicht mehr den Landesbehörden zur Genehmigung vorlegen. Kaum war diese Genehmigungspflicht entfallen, stiegen die Preise für Strom und Gas. Nach der Privatisierung der entsprechenden öffentlichen Güter wurden im zweiten Schritt die staatlichen Kontrollbehörden geschrumpft. Damit wird die Überprüfung wirtschaftlichen Handelns jedoch unmöglich. Deshalb setzt sich DIE LINKE nicht nur für die Rekommunalisierung von Unternehmen der Daseinsvorsorge ein, sondern hält auch den Ausbau staatlicher Regulierungs- und Kontrollbehörden auf kommunaler Ebene und in den Ländern für erforderlich.

Von den Gewerbeaufsichtsämtern und Veterinär- und Lebensmittelkontrollbehörden der Kommunen über Landesbehörden bis zur Bundesebene existiert eine Vielzahl von staatlichen Behörden, Laboren und Anstalten, die im engeren oder weiteren Sinne im gesundheitlichen, wirtschaftlichen oder technischen Verbraucherschutz tätig sind. Häufig ist der Verbraucherschutzgedanke in diesen Institutionen jedoch noch nicht ausgeprägt, fehlt es an der entsprechenden Ausbildung und dem erforderlichen Leitbild, im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher tätig zu sein. DIE LINKE setzt sich deshalb dafür ein, dass:

  • auf kommunaler und Landesebene klar zuständige Behörden für den gesundheitlichen, wirtschaftlichen und technischen Verbraucherschutz benannt werden. Sie sollen diese Bezeichnung im Namen tragen, um als Verbraucherbehörden erkennbar zu sein,
  • die staatlichen Kontrollbehörden mit ausreichend Personal und technischen Geräten sowie Weiterbildungsmöglichkeiten ausgestattet werden, um ihren Kontrollpflichten nachkommen zu können,

die Informationspflicht gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern über die Ergebnisse der staatlichen Kontrollen durch die Behörden gesetzlich festgelegt ist.

2.3. Vor- und nachsorgender Verbraucherschutz

DIE LINKE vertritt eine Verbraucherpolitik mit Weitblick statt eine skandalgetriebene Politik. Menschen müssen vor gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken geschützt sein. Ob Pestizide in Obst und Gemüse, Gammelfleisch oder Schwermetalle in Kinderspielzeugen: Die Vermeidung von Gesundheitsbelastungen muss Vorfahrt haben. Die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass der Griff ins Verkaufsregal nicht zum Risiko wird. Produkte, deren Risiken unzureichend erforscht sind wie z. B. beim Einsatz von Nanotechnologie, haben im Handel nichts zu suchen. Unseriöse Anbieter mit zweifelhaften Geschäftsmodellen oder Finanzschrott gehören gar nicht erst auf den Markt. Deswegen fordern wir z.B. einen Finanz-TÜV, der Finanzprodukte vor ihrer Zulassung prüft und gefährliche Produkte vom Markt nehmen kann.

Zugleich muss, wer eine Ware oder Dienstleistung erworben hat, diese auch nutzen können. Wenn etwa ein Telekommunikationsdienst nicht sachgemäß funktioniert, muss dies kostenfrei behoben oder die Vertragskündigung gewährt werden. Menschen in überlangen Warteschleifen von Service-Hotlines hängen zu lassen, ist eine Zumutung. Ebenso ist zu gewährleisten, dass die für eine Ware notwendigen Einzelteile miteinander funktionieren: Menschen darf nicht aufgebürdet werden, ein neues Produkt zu erwerben, weil das alte Kabel nicht zum neuen Gerät passt oder zentrale Ersatzteile fehlen.

Vor- und nachsorgender Verbraucherschutz erfordern klare gesetzliche Vorgaben. Hierzu zählen verlässliche Zulassungskriterien und Normierungen. Anbieter dürfen sich nicht durch freiwillige Gütesiegel mit teils geringen Standards unzulässig schmücken. Denn freiwillige Regeln sind weder vom Staat  noch von Verbraucherinnen und Verbrauchern kontrollierbar.

2.4. Verbraucherbildung und Verbraucherforschung

Verbraucherbildung ist derzeit kaum Bestandteil des Unterrichts. Sie wird in Zukunft jedoch immer wichtiger, damit sich Verbraucherinnen und Verbraucher auf komplexen Märkten selbstbestimmt verhalten können. DIE LINKE setzt sich für die Stärkung von Verbraucherbildung ein. Diese ist in den Lehrplänen allgemeinbildender Schulen sowie in der Aus– und Fortbildung von Lehrkräften zu verankern.

Mündigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern muss durch gute Bildung herstellt werden. Emanzipatorische Verbraucherbildung ist weder lebensfern noch bevormundend oder gar Schuld zuweisend. Sie geht von den realen Lebensverhältnissen der Schülerinnen und Schüler aus. Ziel ist es, Bewusstsein und Kompetenzen zu entwickeln sowie lebenspraktische Inhalte zu vermitteln. Verbraucherbildung umfasst neben der Kenntnis wesentlicher Verbraucherrechte etwa ein Verständnis von einer ressourcenschonenden Lebensweise, einer gesunden Ernährung und ein kritisches Bewusstsein gegenüber Werbestrategien von Unternehmen. Ursachen von Übergewicht und anderen Essstörungen können im Unterricht reflektiert und Handlungswege aufgezeigt werden. Auch im Hinblick auf digitalen Verbraucherschutz besteht erheblicher Nachholbedarf.
Verbraucherbildung muss milieu- und zielgruppenspezifisch sein. Sie muss sich stärker auf Menschen mit geringem Einkommen, Jugendliche und ältere Menschen konzentrieren.
Auch eine starke und unabhängige Verbraucherforschung ist wichtig. Sie kann der Politik notwendige Informationen zur Verfügung stellen: Wer geeignete Instrumente zum Schutz und zur Information der Verbraucherinnen und Verbraucher finden will, braucht gute Informationen über die Marktsituation und individuelles Verhalten.

2.5. Verständliche Kennzeichnung

Marketingstrategien von Unternehmen setzen darauf, Menschen unterschwellig anzusprechen und Vorzüge zu übertreiben. Besonders anfällig für Werbefallen sind Kinder und ältere Menschen. DIE LINKE will Bedingungen herstellen, die Menschen informierte und bewusste Konsumentscheidungen ermöglichen. Unser verbraucherpolitisches Motto lautet: „Verständliche Kennzeichnung statt Verbrauchertäuschung“.

DIE LINKE tritt deshalb für die Lebensmittel-Ampel zur Nährwertkennzeichnung ein. So können Verbraucherinnen und Verbraucher versteckte Dickmacher und Schummelwerbung auf den ersten Blick erkennen. Außerdem setzen wir uns für die Veröffentlichung amtlicher Kontrollergebnisse in der Gastronomie und bei lebensmittelverarbeitenden Betrieben ein wie es z.B. das Berliner Smiley-Modell oder Dänemark vormachen. Hier sehen Verbraucherinnen und Verbraucher auf den ersten Blick, ob in einer Gaststätte hygienisch gearbeitet wird und nur unbedenkliche Waren angeboten werden. Statt versteckter Kosten fordern wir unmissverständliche Preisangaben – z.B. bei Krediten, in der Geldanlage und bei Reiseangeboten.

3. Ausreichende Finanzierung der Verbraucherarbeit

Derzeit nehmen rund 190 Beratungsstellen der Verbraucherzentralen im Bundesgebiet die Information und Beratung der Verbraucherinnen und Verbraucher wahr. Die Mittel für diese Beratungsstellen werden von Kommunen und Landkreisen, den Ländern und dem Bund getragen. Eine gesetzliche Verpflichtung der Wirtschaft, sich nach dem Verursacherprinzip an der Finanzierung der Verbraucherberatung zu beteiligen, existiert in Deutschland nicht.
Die Länder und Kommunen sind je nach finanzieller Situation sehr unterschiedlich in der Lage, die Verbraucherzentralen ausreichend finanziell auszustatten. Nach Angaben des Verbraucherzentrale Bundesverbands ist für den Aufbau und die Aufrechterhaltung eines bundesweiten Netzes von 400 Verbraucherberatungseinrichtungen im Bundesgebiet ein Volumen von rund 250 Mio. Euro jährlich erforderlich.

Nach Auffassung der LINKEN müssen diese Kosten im Verhältnis zwei Drittel zu ein Drittel durch die Wirtschaft und die öffentliche Hand (Bund und Länder) getragen werden. Die Kommunen müssen von den Aufgaben der Finanzierung der Verbraucherberatungseinrichtungen entlastet werden, da es sich dabei um eine überregionale Angelegenheit handelt, die nicht von der Finanzlage der Einzelkommune abhängig sein darf. Auch bei der Verbraucherinformation und –beratung müssen gleichwertige Lebensbedingungen im gesamten Bundesgebiet herrschen.
Institutionen wie die Stiftung Warentest sind für Verbraucherinnen und Verbraucher ein wichtiger Kompass. Sie sind finanziell gut auszustatten, um ihre wertvolle Arbeit weiter fortzusetzen und zu entwickeln.

DIE LINKE begrüßt gemeinsam mit Verbraucherorganisationen den Aufbau einer Verbraucherstiftung der Länder und des Bundes. Nach dem Verursacherprinzip sind die Unternehmen gesetzlich zur Anbietermitfinanzierung bzw. zur Bereitstellung von finanziellen Mitteln für Verbraucherarbeit zu verpflichten. Dazu sind Modelle wie z.B. Abgaben zu entwickeln, die dafür sorgen, die Unabhängigkeit von unternehmerischen Interessen zu wahren. Zusätzlich müssen staatliche Einnahmen aus Kartellstrafen, dem Einzug unlauterer Gewinne sowie Bußgelder zweckgebunden zur Finanzierung der Verbraucherarbeit verwendet werden.

4. Sozial gerechte und ökologische Verbraucherpolitik

Der Zugang zu lebensnotwendigen und zentralen Produkten und Dienstleistungen muss allen Menschen zu fairen Bedingungen möglich sein. Mit Werbeversprechungen versucht die Konsumgüterindustrie, Menschen zu immer neuem Konsum zu bewegen. DIE LINKE stellt anstelle der Konsumgesellschaft eine Verbesserung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen und der Lebensqualität in den Mittelpunkt. Wir setzen uns für einen sozial und ökologisch verträglichen Konsum für alle ein. Die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards darf keine Frage des Geldbeutels sein! Das ist unsere linke Antwort auf eine Verbraucherpolitik, die sich vor allem an den Bedürfnissen Besserverdiendender ausrichtet.

Auch die Produktionsbedingungen sind ein Thema für linke Verbraucherpolitik. Spätestens bei der Kaufentscheidung müssen die sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen ersichtlich sein. Um ausbeuterische Beschäftigungsbedingungen zu verhindern, müssen auch auf internationaler Ebene gemeinsame Standards weiterentwickelt werden. Viele hierzulande leicht erschwingliche Waren werden in Schwellen- und Entwicklungsländern unter nicht hinnehmbaren Umwelt- und Klimabelastungen erzeugt. Während sich die deutsche Wirtschaft als umweltfreundlich und energiesparend darstellt, unterschlägt sie den Teil der Produktion, der andernorts Energie- und ressourcenfressend erfolgt. Ein ökologischer Fußabdruck kann darüber Auskunft geben, in welchem Maße eine Konsumentscheidung die Umwelt und Ressourcen belastet.

4.1 Öffentliche Grundversorgung für alle und Rekommunalisierung der Daseinsvorsorge

Häufige Folge von Privatisierung sind vor allem mittel- und langfristig stark steigende Preise oder Qualitätseinbußen und unzureichender Service. Menschen werden aus ehemals gemeinnützigem Wohnraum verdrängt. Sie, haben teilweise einen schlechteren Zugang zum Verkehrsnetz und werden dem Pflegemarkt oder den Vertragsbedingungen privater Energieversorger überlassen. Mit der Privatisierung ehemals öffentlicher Aufgaben schwindet die demokratische Einflussnahme.
Deshalb sagt DIE LINKE: Aufgaben der öffentlichen Grundversorgung gehören nicht in die Hand privater Gewinninteressen. DIE LINKE unterstützt die Rekommunalisierung bereits privatisierter Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge. Öffentliche Unternehmen müssen demokratisch kontrolliert werden und ihrem öffentlichen Auftrag unbeschränkt nachkommen, auch wenn sie wie z.B. die Deutsche Bahn als Aktiengesellschaft organisiert sind.

4.2 Sozial gerechte Verbraucherpolitik statt Klientelpolitik

Sozial gerechte Verbraucherpolitik achtet die Bedürfnisse der Menschen unabhängig von ihrem Einkommen, Alter, Geschlecht, Wohnort, ihrer kulturellen Herkunft oder ihrem Bildungsstand. Besonders verpflichtet fühlt sich DIE LINKE gegenüber sozial benachteiligten oder anderen besonders zu unterstützenden Verbraucherinnen und Verbrauchern wie Kindern und Jugendlichen, Älteren und Menschen mit Behinderung. Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungs- und Verkehrsangebote, Informations- und Kommunikationssysteme sowie Gebäude müssen für möglichst alle Menschen nutzbar, zugänglich und leicht erreichbar sein. Behinderungsbedingte Nachteile sind auf der Grundlage eines umfassenden und wirkungsvolleren Antidiskriminierungsgesetzes auszugleichen. – Das muss ohne Einkommens-, Vermögens- oder Bedürftigkeitsprüfung selbstverständliche Praxis werden.

Die Erfahrungen der Verbraucherzentralen zeigen, dass mehrheitlich ältere und finanziell schwächere Menschen Opfer unlauterer Geschäftspraktiken werden. Vor allem bei Letzteren schlagen finanzielle Verluste durch Abzocke empfindlich zu Buche.

Linke Verbraucherpolitik ist auch Politik für soziale Gerechtigkeit. Deshalb fordert DIE LINKE u.a.:

  • Sozialtarife im Energiebereich sowie die Wiedereinführung der staatlichen Energiepreisaufsicht,
  • ein Girokonto für alle,
  • Sozialtickets und eine Sozial-Bahncard für einkommensschwache Haushalte,
  • die flächendeckende Versorgung mit Breitband-Anschlüssen als gesetzlichen Mindeststandard,
  • Preisobergrenzen z.B. bei Dispo- und Überziehungskrediten und beim Abheben am Geldautomaten,
  • Planungen unter dem Aspekt der Barrierefreiheit in allen Bereichen wie z.B. Verkehr, Bau und Kommunikation sowie die Beseitigung bestehender Barrieren („Design for all“),
  • Sozialtickets für Kultur- und Bildungsangebote.

DIE LINKE setzt sich für eine flächendeckende und kostenfreie unabhängige Verbraucher- und Schuldnerberatung ein. Wir unterstützen Modellprojekte für eine aktive, aufsuchende sowie milieu- und zielgruppenspezifische Verbraucherberatung.

4.3 Politik mit dem Einkaufskorb ermöglichen

Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher wollen bewusste Kaufentscheidungen treffen. Sie wollen ihre Verbrauchermacht nutzen, um z.B. ökologische und faire Produktionsweisen zu fördern. Dazu brauchen sie verbindliche Kennzeichnungen, die halten, was sie versprechen.
Derzeit gibt es verwirrend viele Gütesiegel. So ist Kleidung mit dem Fairtrade-Siegel vor allem unter sozial gerechten Bedingungen hergestellt, berücksichtigt jedoch selten die ökologische Produktion. Das europäische Gütesiegel – die EU-Blume – soll zwar für Umweltfreundlichkeit stehen. Dennoch stammen die Rohstoffe nicht notwendig aus ökologischer Landwirtschaft. Andere gültige Siegel wie das Bio-Siegel werden kritisiert, weil die Anforderungen nicht streng genug sind.

DIE LINKE setzt sich für aussagekräftige und verlässliche Zertifizierungen von Lebensmitteln und anderen Gebrauchsgütern ein. Hierzu zählt eine eindeutige Kennzeichnung gentechnikfreier Produkte. Ebenso muss klar erkennbar sein, ob ökologische und soziale Standards wie z.B. sozial gerechte Arbeitsbedingungen eingehalten werden. DIE LINKE unterstützt die Forderungen der „Kampagne für Saubere Kleidung“ für menschenwürdige und sozial gerechte Arbeitsbedingungen. Wir fordern, dass alle Behörden und öffentlichen Unternehmen in ihren Beschaffungswegen soziale und ökologische Mindeststandards einhalten. Wir unterstützen auch die Forderung nach einer eindeutigen Kennzeichnung, ob Produkte an Tieren getestet wurden.

4.4 Hohe Standards für alle

Sozial und ökologisch verträglicher Konsum darf kein Luxus für wenige bleiben. Viele Menschen mit geringem Einkommen haben jedoch kaum die Wahl, sozial und ökologisch verträglich hergestellte Produkte zu kaufen. Deshalb setzt sich DIE LINKE für eine Verbesserung der Einkommenssituation z.B. durch einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ein.
Ob Umwelt schonend produziert wird, ob Gentechnik zum Einsatz kommt, ob Landwirte faire Preise erhalten oder wie mit Tieren umgegangen wird: Derlei Grundanliegen dürfen weder der Freiwilligkeit der Anbieter noch privaten Konsumentscheidungen überlassen bleiben. Sie müssen politisch flächendeckend gelöst werden. DIE LINKE fordert z.B. nach japanischem Vorbild bei Elektrogeräten, das jeweils ressourcensparendste Gerät alle drei Jahre als gesetzlichen Mindeststandard festzuschreiben („Top-Runner“-Programme).

5. Ausblick

Besonderen Handlungsbedarf sieht DIE LINKE u.a. in folgenden Bereichen:

  • Finanzmärkte: Finanzmärkte müssen endlich verbrauchergerecht reguliert werden. DIE LINKE fordert eine Finanz-TÜV, damit untaugliche Finanzprodukte gar nicht erst auf den Markt kommen. Verbraucherschutz muss endlich Aufgabe der Finanzaufsicht werden. Wir wollen den provisionsgetriebenen Verkauf perspektivisch überwinden und stattdessen die unabhängige Beratung durch Verbraucherzentralen und Honorarberatung stärken. Alle Menschen müssen Zugang zu wichtigen Finanzdienstleistungen wie einem Girokonto haben. Dispozinsen sind zu begrenzen.
  • Energie: DIE LINKE setzt sich für Sozialtarife für Strom und Gas ein. DIE LINKE fordert, die staatliche Preisaufsicht wieder einzuführen. Energienetze sind in die öffentliche Hand zu überführen. Durch Förderprogramme und Energieberatung wollen wir die Energieeffizienz und den ressourcenschonenden Umgang fördern.
  • Gesundheit: Die Vermeidung von Gesundheitsbelastungen hat Vorfahrt: Gesundheitsgefährdende Stoffe haben weder in Lebensmitteln noch in Produkten etwas zu suchen. DIE LINKE setzt sich deshalb für den Lebensmittel-Smiley, die Nährwert-Ampel und wirksame Verbraucherwarnungen ein. So wichtig gesundheitlicher Verbraucherschutz für DIE LINKE ist, so unterscheidet er sich doch von unserem Anspruch an Gesundheitspolitik: Patientinnen und Patienten dürfen nicht auf Verbraucherinnen und Verbraucher reduziert werden. Die Gesundheitsversorgung des gesetzlichen Gesundheitssystems ist eine öffentliche Aufgabe, die nicht durch Praxisgebühren, Zuzahlungen und Privatisierungen ausgehöhlt werden darf. Die Rechte von Versicherten und Patienten sind zu stärken.
  • Telekommunikation: Fast die Hälfte aller Verbraucherinnen und Verbraucher kämpft laut Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit Problemen etwa bei Telefonanschlüssen, Handyverträgen und unerwünschter Telefonwerbung. DIE LINKE fordert, konsequent gegen unlautere Telefonwerbung und Rufnummern-Missbrauch vorzugehen. Störungshotlines und Warteschleifen müssen kostenfrei sein. Bei Vorwahlnummern, Service-Diensten und der Nutzung von Datendiensten im Inland muss die vorherige Preisansage verpflichtend sein.
  • Digitaler Verbraucherschutz: Das Internet bietet viele neue Chancen. Doch es lauern auch Gefahren. Weder der gläserne Mensch noch geschröpfte Kundinnen und Kunden dürfen das Ergebnis der digitalen Welt sein. Deshalb fordert DIE LINKE neue Rechte wie das Recht auf Anonymität im Internet und das umfassende Löschen eigener Daten. Kostenfallen im Internet muss ein Riegel vorgeschoben werden. Deshalb setzen wir uns für klare Preisangaben durch einen verbindlichen Internet-Button und Bußgelder in ausreichender Höhe ein.
  • Mobilität: Allen Menschen muss der Zugang zu Mobilität diskriminierungsfrei möglich sei. Wir setzen uns für Sozialtickets und eine Sozial-Bahncard für einkommensschwache Haushalte ein. Unternehmen müssen ihren Informationspflichten nachkommen: Fahr- und Fluggäste sind klar über ihre Rechte z.B. bei Verspätung zu informieren. Menschen mit Behinderungen dürfen nicht benachteiligt werden. DIE LINKE fordert daher Investitionen in Barrierefreiheit.

Mit ihren verbraucherpolitischen Leitlinien betritt DIE LINKE politisches Neuland. Sie dienen als Handlungsmaßstab für die Bundesebene und als Anregung für die Länder. Wir werden diese Leitlinien auch in Zukunft gemeinsam mit Bund und Ländern und im europäischen Dialog weiterentwickeln.

DIE LINKE wird sich verstärkt mit der Verbraucherpolitik als wichtigem Zukunftsthema beschäftigen. Soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit werden dabei stets unsere Grundpfeiler sein. Verbraucherpolitik ist für uns ein fester Bestandteil linker Wirtschafts- und Demokratisierungspolitik.