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Zugang zu Wissen ist Menschenrecht

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Die Fraktion DIE LINKE setzt sich seit Jahren für den freien Zugang zu Wissen und die Öffnung von Forschungsprozessen für alle Interessierten ein. Zugang zu Wissen und die Erarbeitung neuen Wissens spielen eine große Rolle in Hinblick auf die Demokratisierung von Wissenschaft. Auf der re:publica, einer Konferenz rund um Internet und Digitalisierung, haben wir dieses Jahr eine Diskussionsrunde zu diesem Thema präsentiert. Die Medienwissenschaftlerin und Journalistin Mercedes Bunz ging dort als Moderatorin gemeinsam mit internationalen Gästen Fragen nach den verschiedenen Aspekten von offenem Zugang zu Daten und Wissen ("Open Access") auf den Grund.

Ausgangspunkt der Debatte war die Frage danach, was mit der vermeintlichen Öffnung des Zugangs zu Forschungsergebnissen und Forschungsdaten tatsächlich passiert. Wird die Öffnung des Zugangs zu Wissen Opfer von Neoliberalisierung, wenn große Verlagskonzerne die Forschungsergebnisse öffentlich finanzierter Forschungseinrichtungen und Universitäten auf ihren Archivplattformen vermarkten?

Wie frei ist die Produktion von Wissen, wenn Hochschuleinrichtungen und Forschungsinstituten die Grundfinanzierung entzogen wird und sie stattdessen immer fier um Auftragsprojekte der Wirtschaft oder zeitlich befristete Fördermittel kämpfen müssen?

Cornelius Puschmann von der Berliner Humboldt-Universität sieht die Politik in der Pflicht einzugreifen, denn es könne nicht angehen, dass für bereits öffentlich finanziertes Wissen doppelt gezahlt werden muss.

Eine nicht minder wichtige Rolle spielen auch die Instrumente zur Auswertung gesammelter Daten. David Berry, Politik- und Kulturwissenschaftler aus Swansea, wies auf die Herausforderung digitaler Gesellschaftswissenschaften hin, die unüberschaubare Menge von Daten aus Forschungsergebnissen auf möglichst offene und niederschwellige Weise für möglichst viele Menschen analysierbar und nutzbar zu machen.

Nishant Shah, Gründer des Zentrums für Internet und Gesellschaft im indischen Bangalore, rückte in dieser Debatte einen weiteren Aspekt von Zugangsöffnung in den Fokus. Zugang zu Daten und Wissen findet für viele Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern nicht digital statt, weil sie schlicht keinen Zugang zu digitaler Infrastruktur haben. In Indien, so sein Beispiel, hänge beispielsweise der Zugang zu Wissen für viele Schülerinnen, Schüler und Studierende vom "Copyshop um die Ecke" ab. Werden solche Copyshops von einem Verlagskonzern wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen verklagt, gehen viele schnell bankrott, ist der Zugang zu Wissen für ganze Schulen verschlossen. Deshalb geht es also auch, wie David Berry betont, darum, Open Access und Open Data mit einer Erneuerung des Urheberrechts zu verbinden, etwa mit der Weiterentwicklung von Creative Commons Lizenzen, die freien Zugang zu Information rechtlich absichern.

Nishan Shan machte weiter deutlich, dass es einerseits eine Art Menschenrecht sein müsste, dass der Zugang zu Wissen für alle Menschen gewährleistet ist. Open Access bleibt eine Öffnung von Information für Eliten, solange der Zugriff auf das Wissen nur über teure Technik und geschlossene Betriebssysteme möglich ist. Andererseits verwies er darauf, dass die ganzen gesammelten Daten ganz oft Daten über Menschen oder ihre Lebensverhältnisse sind. Er mahnte deshalb auch an, soziale oder politische Folgen, ethische Prinzipien und Fragen der Privatsphäre beim offenen Datensammeln und offener Datenverarbeitung mitzubedenken.

Wie wichtig es für Wissenschaftler selbst ist, Forschung und die Publikation ihrer Ergebnisse offener zu gestalten, zeigten die Beiträge aus dem Publikum. Junge Wissenschaftler beschrieben die Hürden, Forschungsergebnisse an den "richtigen", also dem eigenen Fortkommen dienlichen, Stellen zu veröffentlichen - ein Zugangsproblem von der anderen Seite. Dies macht die Notwendigkeit deutlich, Öffnung von Wissen und Forschung auch innerhalb des Wissenschaftsbetriebs voran zu treiben und neue Modelle dafür zu etablieren.
 

linksfraktion.de, 7. Mai 2013