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Zahl der Niedriglohnbeschäftigten im Öffentlichen Dienst verfünffacht, 400 000 befristet Beschäftigte

Nachricht von Sabine Zimmermann,

DIE LINKE fordert, in der aktuellen Tarifrunde ein klares Zeichen für höhere Löhne zu setzen

Gut bezahlt und ein sicherer Job? Wie die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zeigt, trifft dieses Bild vom öffentlichen Dienst immer weniger zu. In den letzten Jahren ist das Lohnniveau dort nur wenig gestiegen. Die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten hat sich in den zurückliegenden Jahren verfünffacht. Jeder fünfte jüngere Beschäftigte ist befristet angestellt.

„Ein guter öffentlicher Dienst braucht gute Löhne und Arbeitsbedingungen. Wir brauchen kräftige Lohnerhöhungen und eine tariflich zugesicherte unbefristete Übernahme aller Auszubildenden, damit diese eine sichere Perspektive erhalten.“ fordert Sabine Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. „Die Arbeit von Erzieherinnen, Krankenschwestern, Feuerwehrleuten und den vielen anderen Beschäftigten in den öffentlichen Einrichtungen und Betrieben ist unverzichtbar. Sie wird viel zu wenig anerkannt und wertgeschätzt. Die Bundesregierung muss in der anlaufenden Tarifrunde von Bund und Kommunen ein Zeichen setzen. Die Forderungen der Gewerkschaften sind völlig berechtigt und würden vor allem die unteren Entgeltgruppen stärken. DIE LINKE wird die Beschäftigten unterstützen“, so die Abgeordnete weiter.

Wie die Anfrage ergab, sind die Reallöhne im Bereich des Öffentlichen Dienstes seit 2010 nur geringfügig um 1,0 Prozent gestiegen (Seite 20). Auch verglichen mit der Gesamtwirtschaft sind die Tariflöhne im öffentlichen Dienst von 2010 bis 2013 mit 6,8 Prozent unterdurchschnittlich gestiegen In der Gesamtwirtschaft ist in dem Zeitraum ein Plus von 7,1 Prozent zu verzeichnen (Anlage 2, Seite 1). Vor allem aber gibt es eine enorme Zunahme der Beschäftigten in den unteren Entgeltgruppen. In der untersten Entgeltgruppe E1 verfünffachte sich die Zahl der Beschäftigten von 3.372 im Jahr 2006 auf 17.350 im Jahr 2012. Im kommunalen Bereich, in dem sich diese Beschäftigten fast ausschließlich wiederfinden, liegt der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst eines Vollzeitbeschäftigten dieser Entgeltgruppe bei nur 1.548 Euro und damit deutlich unter der offiziellen Niedriglohngrenze von 1.926 Euro, die die Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2012 ermittelt hat.[1] In der darüber liegenden Entgeltgruppe E2 arbeiteten im kommunalen Bereich 62.011 mit einem monatlichen Durchschnittsverdienst von 2.018 Euro. Auch hier hat es einen deutlichen Anstieg um mehrere Tausend gegeben. (alles Seite 23-24)

Für viele bietet der öffentliche Dienst auch nicht mehr eine sichere Perspektive. Nach Angaben der Bundesregierung gab es im Jahr 2012 insgesamt 403.791 Beschäftigte mit einem befristeten Arbeitsvertrag. Das entsprach einem Anteil von 8,7 Prozent. Frauen sind mit einem Befristungsanteil von 9,2 Prozent deutlich häufiger von dem Problem betroffen als Männer mit 8,2 Prozent. Bei den jüngeren Beschäftigten bis zu 30 Jahren liegt die Befristung sogar bei 22,3 Prozent (Seite 15). Beim Bund wurden 2012 nur einer von vier Auszubildenden in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen (Seite 18). Hinzu kommt, dass im öffentlichen Dienst, gemessen an der Zahl aller Beschäftigten, immer weniger ausgebildet wird. Die Ausbildungsquote sank von 3,8 Prozent im Jahr 2008 auf 3,4 Prozent im Jahr 2012. In der Gesamtwirtschaft liegt sie mit 5,6 Prozent deutlich höher. (Seite 9, 10)

Neben dem Vormarsch von Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigung sind viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst mit einer steigenden Arbeitsbelastung konfrontiert. 46 Prozent der Beschäftigten aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltungen gaben laut Stressreport 2012 an, dass der arbeitsbedingte Stress zugenommen habe. Über alle Wirtschaftszweige hinweg waren es 43 Prozent. (Seite 11) Der Hintergrund dürfte der drastische Stellenabbau in den vergangen zwei Jahrzehnten sein. Von 1991 bis 2012 ist die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst (die privatisierte Post und ausgelagerte Bahn außen vor gelassen) von 5,6 Millionen auf 4,1 Millionen gefallen. Den größten Aderlass hatte der kommunale Bereich zu verkraften. Hier fiel jede dritte Stelle weg. (Seite 5-6) Wenig verwunderlich ist vor dem Hintergrund, dass die Krankenrate im Öffentlichen Dienst von 5,2 Prozent im Jahr 2008 auf 5,5 Prozent im Jahr 2012 gestiegen ist. Sie liegt damit über dem Durchschnitt aller Erwerbstätigen von 4,9 Prozent. (Seite 13)

Für die Forderung der Gewerkschaften nach einer deutlichen Erhöhung der Löhne um einen dauerhaften Festbetrag von 100 Euro plus 3,5 Prozent liefert die Anfrage gute Argumente. So ist der Anteil der Personalausgaben am öffentlichen Gesamthaushalt in den vergangen zwanzig Jahren von 30 Prozent auf 28 Prozent gefallen. (Seite 11) Zugleich ist nach der aktuellen Steuerschätzung in den nächsten Jahren bis 2018 mit 109 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen zu rechen (von denen 49 Milliarden auf den Bund, 43 Milliarden auf die Länder und 17 Milliarden auf die Kommunen entfallen). (errechnet nach Seite 26) Darüber hinaus könnte die Bundesregierung die öffentlichen Haushalte durch eine höhere Besteuerung der Vermögenden und Unternehmen deutlich stärken. Einer solchen Steuerpolitik erteilt die Bundesregierung aber eine Absage. Aus ihrer Sicht werden mit „dem Verzicht auf die Erhöhung bestehender bzw. Einführung neuer Steuern […] die richtigen Investitions- und Leistungsanreize“ gesetzt. (Seite 27)