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Wirtschaften ohne Öl und Uran

Kolumne von Ulla Lötzer,

Von Ulla Lötzer, Sprecherin für Internationale Wirtschaftspolitik und stellvertretende Fraktionsvorsitzende

Das Reaktorunglück in Japan und die Demokratiebewegungen in Nordafrika haben eine Gemeinsamkeit von der selten gesprochen wird: Sie zeigen die Unhaltbarkeit eines wirtschaftlichen Wachstumsmodells, das auf der Ausbeutung von Öl und Atomkraft beruht.

Volkswirtschaften wie Libyen haben sich einseitig vom Öl abhängig gemacht, andere Branchen verkümmern, breite Bevölkerungsschichten werden fast nie an den Erlösen beteiligt, die Gewinne zur Finanzierung von Waffengeschäften und Unterdrückungsapparaten benutzt.

Genauso haben sich Volkswirtschaften, die auf Atomkraft setzen, monopolisierten Energiekonzernen ausgeliefert. Diese Konzerne haben das immer schamlos ausgenutzt. Sie haben Extraprofite einkassiert, sie sind intransparent und handeln verantwortungslos gegenüber den potentiellen Gefahren der Atomkraft.

Kurz: Diese Konzerne haben der Demokratie schweren Schaden zugefügt. Tepco und BP stehen heute für die beiden größten Umweltkatastrophen des neuen Jahrtausends.

Der Bundestag hat jetzt eine Enquete-Kommission eingerichtet, die sich neben vielen anderen Dingen auch dieser zentralen Frage widmet: Kann wirtschaftliches Wachstum vom Verbrauch von natürlichen Ressourcen wie z. B. Öl entkoppelt werden? Gleichzeitig haben viele Umweltverbände ihre Atomausstiegskonzepte überarbeitet und damit ist die Debatte für eine Welt nach dem Öl und ohne Atomkraft eröffnet.

Die Vertreter aller Parteien wollen jetzt schnell Solar- und Windkraft ausbauen, sie versprechen neue grüne Wachstums-, Export- und Beschäftigungspotentiale. Alle verweisen auf die ungenutzten Potentiale der Energieeinsparung und der Ressourceneffizienz.

Vergessen wird  aber vor allem eins: Die Machtfrage. Eine Energiewende bei uns kann nur mit der Entmachtung der großen vier Konzerne und einer Rekommunalisierung der Energieerzeugung erreicht werden. Der Umbau der Industrie zu einer  ressourcen- und energiearmen Produktionsweise kann nur gegen die Profitinteressen der Aktionäre durchgesetzt werden.

Umweltverbänden, Gewerkschaften  und Beschäftigten müssen Gestaltungsrechtsrechte gewährt werden. Energiegenossenschaften und kommunale Stadtwerke müssen gefördert werden. Beschäftigte brauchen Mitbestimmungsrechte auch in wirtschaftlichen Fragen. Kurz: Wir brauchen auf allen Ebenen Gremien, in denen der Umbau der Industriegesellschaft unter Mitwirkung von gesellschaftlichen Gruppierungen gestaltet wird. 

Demokratisierung ist deshalb der Schlüssel für einen Abschied vom Öl und der Atomkraft. Das  gilt nicht nur für uns: In den Ländern des Südens sollten indigene Völker in deren Gebieten viele Ressourcen lagern, die Verfügungsgewalt darüber zurückerhalten, die ihnen von Bergbaukonzernen und Ölfirmen weggenommen wurde.

Ostermärsche und Anti-AKW-Proteste lassen sich deshalb nicht mehr länger als Rituale einer alten Protestbewegung abtun. Sie und auch die Proteste in Nordafrika  sind deutlicher Ausdruck einer neuen Demokratiebewegung gegen ein überkommenes  auf Uran und Öl fixiertes Wirtschaftssystems.