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»Wir sind der soziale Treibstoff dieser Koalition«

Interview der Woche,

                                                                                                         Foto: © picture alliance/dpa

Brandenburgs Finanzminister Christian Görke im Interview über die Bilanz nach fünf Jahren Rot-Rot, Regieren ohne neue Schulden, den Kampf gegen Niedriglöhne, den Flughafen BER und den notwendigen Schallschutz sowie die Landtagswahl am 14. September 2014

 

Sie sind Finanzminister der ersten rot-roten Koalition in Brandenburg. Mitte September wird ein neuer Landtag gewählt. Wie fällt Ihre Bilanz nach fünf Jahren Rot-Rot aus?

Christian Görke: Es waren fünf gute Jahre für Brandenburg. Wir sind der soziale Treibstoff dieser erfolgreichen Koalition. Nur mit uns konnte der Kita-Betreuungsschlüssel verbessert werden, wurden so viel Lehrer wie noch nie eingestellt, haben die Kommunen mehr Geld für Sportplätze, Schulen bekommen und wir haben als eines der ersten Bundesländer den Mindestlohn eingeführt.

Brandenburg hat in den vergangenen Jahren auch angefangen, seinen Schuldenberg zu verringern. Wie gelang das, wie hoch war der Preis dafür und lässt sich diese Politik fortsetzen?

Unter Rot-Rot wurden seit 2011 keine Schulden mehr gemacht, Haushaltsüberschüsse erzielt. Dies ermöglichte uns unsere Politik mit sozialem Augenmaß. Mit dem Jahresüberschuss 2013 konnten wir so das erste Mal Schulden tilgen. Gleichzeitig haben wir eine Schwankungsrücklage gebildet, so dass wir auf konjunkturelle Veränderungen, aber auch auf Belastungen aus dem BER reagieren können.

Ein guter Lohn ist wichtig für die Menschen. Wie haben sich die Löhne in Brandenburg in den letzten fünf Jahren entwickelt und was bringt die Zukunft – gute Arbeit und gute Löhne?

Es entstanden 35.000 neue Jobs. Durch unser Landesvergabegesetz wurde der Mindestlohn von 8,50 Euro für alle öffentlichen Aufträge eingeführt.

Wir haben uns vorgenommen, in der nächsten Legislatur einen Mindestlohn von 10 Euro zu ermöglichen. Wir fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Wirtschaftsförderung werden wir auch künftig an sozialen und ökologischen Kriterien ausrichten.

Wie steht es eigentlich um den Krisenflughafen Berlin Brandenburg? Und was lässt sich für die Zukunft daraus lernen, wenn es um den Bau öffentlicher Großprojekte geht?

Wir erwarten Ende des Jahres einen genauen Zeitplan für die Eröffnung des BER. Wesentlich ist neben den technologischen Lösungen im Flughafen der voll umfängliche Schallschutz für die Menschen. Über dessen Umsetzung habe ich mich in den letzten Wochen persönlich informiert, und ich erwarte, dass die Maßnahmen nach dem mir vorgelegten Zeitplan realisiert werden. Mit dem Rücktritt von Klaus Wowereit kann es einen Neustart für mehr Nachtruhe geben.

Öffentliche Großprojekte brauchen von der Planungsphase an die Akzeptanz der Betroffenen. Deshalb, so eine wesentliche Lehre aus dem BER, sind Standorte nach sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu wählen. 

Die Situation von Flüchtlingen in Deutschland erregt immer wieder die Gemüter. In Brandenburg wurde in dieser Legislatur zumindest die Residenzpflicht gelockert. Welche bewerten Sie die ersten Erfahrungen damit?

Wir haben viele unterschiedliche Maßnahmen für eine Willkommenskultur in Brandenburg umgesetzt. Besonders auf die Herausforderungen aufgrund der hohen Zahl der Bürgerkriegsflüchtlinge haben wir schnell reagiert. Aber nicht nur mit mehr Geld, sondern auch mit dem Einsatz von Menschen, die sich den Ankommenden hilfreich zur Seite stellten.

Die Lockerung der Residenzpflicht ist geräuschlos alltäglich geworden. Außerdem haben wir eine sehr wache Zivilgesellschaft. Diese reagiert erfreulicherweise zügig auf jede Form von Ausländerfeindlichkeit.

Anlässlich des ersten Todestags von Lothar Bisky in der vergangenen Woche hat Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eine Anzeige in einer Tageszeitung mitunterzeichnet. Spricht das für den besonderen Respekt, den Lothar Bisky genossen hat, oder auch für ein besonderes Verhältnis von SPD und LINKE in Brandenburg?

Lothar Bisky war über alle Parteigrenzen ein anerkannter Demokrat und stand für den Brandenburger Weg. Dies wurde von allen in der einen oder anderen Form gewürdigt. Das Dietmar Woidke dies so gemacht hat, ist sicherlich eine sehr persönliche Art des Respekts.

Daraus ein besonderes Verhältnis der Parteien von SPD und Linke abzuleiten, wäre überzogen.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, die Koalition nach der Landtagswahl am 14. September fortsetzen zu können?

Nach den letzten Umfragen will fast jeder zweite Brandenburger, dass die rot-rote Koalition fortgesetzt wird. Dafür sehe ich gute Chancen.


linksfraktion.de, 27. August 2014