Zum Hauptinhalt springen
Menschen verschiedener Herkunft stehen lachend in einer losen Gruppe beieinander. | Foto: © istock.com/FatCameraFoto: istock.com/FatCamera

Wir rufen nach Arbeitskräften und es kommen Menschen

Im Wortlaut,

Kommentar zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz von Gökay Akbulut & Susanne Ferschl  

Migration gab es schon immer - auch in Deutschland. Die Geschichte der Arbeitsmigration ist alt und reicht weit über die 50er Jahre, in denen schon einmal aus wirtschaftlichen Interessen Gast- und Vertragsarbeiter angeworben wurden, hinaus. Daher wird es heute niemanden mehr überraschen: Deutschland ist ein Einwanderungsland!

Jahrzehntelang verwehrten die Bundesregierungen mit ihrer verfehlten Einwanderungspolitik den Migrantinnen und Migranten eine tatsächliche Integration und Teilhabe. Rassismus und Ausgrenzung sind für fast ein Viertel der Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Gesellschaft bitterer Alltag. Mit dem aktuellen Entwurf eines Gesetzes zur Fachkräfteeinwanderung werden nun aber nicht die Rechte der Menschen und deren Teilhabe in den Vordergrund gestellt, sondern die Interessen der Unternehmen und ihrer Verbände. 

Die Bundesregierung offenbart in ihrem Gesetzentwurf eine völlig undifferenzierte Analyse unseres Arbeitsmarktes. Gebetsmühlenartig wird ein Fachkräftemangel beklagt, den es in dieser Form gar nicht gibt. In vielen Branchen hakt es an der Qualität der Arbeit und es werden miese Löhne bezahlt. An dieser Situation will die Bundesregierung aber nichts ändern. Jobs mit Niedriglöhnen und schlechten Arbeitsbedingungen, wie in der Gastronomie oder Pflege, sorgen für eine Einwanderung, in der vor allem eine billige Arbeitskraft erwünscht ist, nicht aber der dazugehörige Mensch. 

Für eine moderne und solidarische Einwanderungspolitik

Durch die Verknüpfung von Arbeit und Bleiberecht liefert die Bundesregierung die angeworbenen Fachkräfte den Arbeitgebern aus, da ein Arbeitgeberwechsel oder Arbeitslosigkeit mit dem drohenden Verlust der Bleibeperspektive einhergehen. In Konsequenz bedeutet dies: Wer aufmuckt, fliegt raus. Nicht nur aus dem Job, sondern auch aus dem Land. Damit erschwert man den Beschäftigten, sich zu organisieren und für ihre Rechte zu kämpfen. In den Regelungen für die Arbeitsmarktzugänge von Asylsuchenden und Geduldeten wird diese Haltung besonders deutlich: Selbst wenn Betroffene einen Arbeitsvertrag vorlegen oder schon eineinhalb Jahre gearbeitet haben, bekommen sie nur eine Duldung. Statt einer Vereinfachung und mehr Sicherheit für die Betroffenen schafft die Bundesregierung hier erneut Unsicherheiten im Aufenthaltsrecht für die Betroffenen. Eine moderne Einwanderungspolitik braucht eine solidarische Ausgestaltung, die sich an menschenrechtlichen, entwicklungspolitischen und humanitären Gesichtspunkten orientiert und nicht ausschließlich an Arbeitgebern und deren Geschäftsmodell zum Lohndumping. Wer Fachkräfte braucht, muss in erster Linie Tarifbindung, anständige Löhne und ordentliche Arbeitsbedingungen liefern.

DIE LINKE kämpft für Gute Arbeit für Alle – unabhängig von Nationalität oder Aufenthaltsstatus. Wir wenden uns gegen eine Politik der Konkurrenz und Neiddebatten und gegen das Ausspielen von Deutschen und Migrant*innen auf dem Arbeitsmarkt. Wir wollen eine menschenrechtskonforme solidarische Ausgestaltung von Migration und Integration sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch eine gleichberechtigte Teilhabe in der gesamten Gesellschaft. 

Gökay Akbulut ist migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag. 

Susanne Ferschl ist stellvertretende Vorsitzende und Leiterin des Arbeitskreises „Arbeit, Soziales und Gesundheit“ der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag.