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Wie die Groko Probleme der Flüchtlingsunterbringung kleinredete

Nachricht,

Plötzlich geht es doch: Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) verspricht den Kommunen mehr Geld für Asylbewerber. Das hatte die Opposition Monate zuvor gefordert, die Große Koalition wollte davon nichts wissen. Die Kassen sind klamm, seit Monaten rufen die Länder nach finanzieller Hilfe aus dem Bund: für bessere Strukturen, Flüchtlingsunterkünfte und bessere Verteilungssysteme. Nun scheint zumindest Gabriel ein Einsehen zu haben. Ob er beim Koalitionspartner dafür Verständnis findet, ist noch nicht klar. Gerade Bundesinnenminister de Maizière (CDU) zeigte sich bislang als Hardliner und lehnte weitere finanzielle Unterstützung ab.

Doch was sagten die beiden Spitzenpolitiker wirklich über die angekündigten Hilfen? Und was wurde bei den letzten beiden großen Flüchtlingsdebatten im Plenum des Deutschen Bundestags besprochen? Was sagten insbesondere die Abgeordneten und Verantwortlichen aus der Regierung, der SPD- und CDU-Fraktion noch vor Kurzem zu dem Thema? Eine linksfraktion.de-Recherche.

 

In den Medien:

"Bei der Debatte über den Bund-Länder-Finanzausgleich müssen wir nach Lösungen suchen, Städten, Kreisen und Gemeinden diese Lasten abzunehmen", sagte Sigmar Gabriel der Mitteldeutschen Zeitung am 8. April 2015.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte die Forderung der Länder nach einer stärkeren Bundesbeteiligung lange zurückgewiesen. "Ich werde allmählich etwas ärgerlich, wenn immer gesagt wird, das reicht nicht aus", sagte er zum Beispiel auf der Innenministerkonferenz im Juni 2014 in Bonn.

Im Bundestag:

4. Dezember 2014, 73. Sitzung des Bundestags:

Petra Pau, DIE LINKE:

"Flüchtlingspolitik betrifft alle Ressorts und darf nicht auf die Innen- und Rechtspolitik beschränkt werden. […] Sie kann nur gelingen, wenn Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik miteinan­der und eng mit der Zivilgesellschaft kooperieren. In diesem Sinne muss die Bundespolitik dringend revi­diert werden."

 

Aydan Özoğuz, SPD, Staatsministerin bei der Bundes­kanzlerin:

"Bund und Länder handeln gemeinsam, er­freulicherweise in großem Einvernehmen und über Par­teigrenzen hinweg.

[…]

Wir dürfen aber auch unsere europäischen Partner nicht aus der Verantwortung entlassen, für die Flücht­linge und Vertriebenen des syrischen Bürgerkrieges ein­zustehen."

 

Nina Warken (CDU/CSU):

"'… dort, wo Men­schen in Not sind, werden wir helfen – auch durch die zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen" Mit diesen Worten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Grund­sätze unserer Flüchtlingspolitik auf den Punkt gebracht. Dass wir diesen Worten auch Taten folgen lassen, haben wir – das können auch die Grünen und die Linken nicht bestreiten – bereits mehrfach gezeigt."

"Hinzu kommt die Situation in den Ländern und Kom­munen, die bereits heute an ihrer Leistungsgrenze ange­kommen sind. Auch sie können und wollen wir nicht noch mehr belas­ten. Wir brauchen deshalb keine Rufe nach immer mehr."

 

Am 15. Januar debattierte der Bundestag auf Initiative eines Antrages der Fraktion DIE LINKE über Flüchtlinge. Der Fokus der Diskussion lag auf der Forderung nach Hilfen für die finanzschwachen Kommunen.

 

Susanna Karawanskij, DIE LINKE:

"Die Unterbringung von Menschen, die aus Not zu uns kommen, verursacht in den Ländern und Kommunen ohne Zweifel einiges an Kosten. Es ist wichtig, die Kom­munen von dem finanziellen Druck zu befreien, damit keine Abwehrhaltung eingenommen wird. Gerade wenn die Finanzen auf Kante genäht sind, muss der Bund seine Verantwortung wahrnehmen, und das tut er bislang leider immer noch zu wenig."

 

Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU):

"Meine Damen und Herren, das ist verantwortungs­volle Politik, die SPD, CDU und CSU hier gemeinsam zum Wohle der Kommunen und der Menschen leisten. Dazu gehören – ich zähle sie jetzt auf, weil Sie gemeint haben, das sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein – zum Beispiel folgende Maßnahmen: […]“

Daraufhin spricht der Abgeordnete unter anderem über „Kinderbetreuung“, „Kosten der Unterkunft und Heizung, Grundsicherung für Arbeitsuchende“, „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“, „Steuern“, und „Bildung“, nicht aber über Unterstützung für die Notlage der Kommunen die Aufnahme von Flüchtlingen betreffend.

 

Swen Schulz, SPD:

"Zunächst tun wir ganz grundsätzlich viel für die Kommunen, unab­hängig von der Frage Flüchtlinge und Asylbewerber. Wir übernehmen die vollen Kosten für die Grundsiche­rung im Alter und bei Erwerbsminderung.

[…]

Wir nehmen unsere Verantwor­tung ernst. Wir unterstützen die Kommunen und helfen ihnen, die Flüchtlinge und Asylbewerber gut aufzuneh­men.

[…]

Es ist vollkommen klar, dass wir in der Gesellschaft größere Schwierigkeiten bekommen, wenn es etwa heißen würde: Wir müssen das Schwimmbad schließen, weil wir eine Flüchtlingsunterkunft einrichten müssen. – Wir dürfen auf gar keinen Fall in eine Situation kommen, in der die Hilfe für Flüchtlinge und Asylbewerber in Kon­flikt gerät mit der Daseinsvorsorge, mit wichtigen Leis­tungen für die Bürgerinnen und Bürger."

 

Sophie Freikamp