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Weniger für Entschädigung

Im Wortlaut von Ulla Jelpke,

Das Kuratorium der Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« hat am Donnerstag auf seiner 27. Sitzung in Berlin beschlossen, für die nächsten Jahre jeweils 6,7 Millionen Euro für die Finanzierung verschiedenster Projekte zur Verfügung zu stellen. Michael Jansen, Vorsitzender des international besetzten Gremiums, erklärte anschließend: »Damit ist die Arbeit der Stiftung in den drei Handlungsfeldern Auseinandersetzung mit der Geschichte, Handeln für Menschenrechte und Engagement für die NS-Opfer trotz schwieriger Finanzmarktlage sichergestellt.« Diese optimistische Bewertung kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Finanzmittel der Stiftung weniger werden. Sie ist mit knapp 400 Millionen Euro dotiert. Aus den Erträgen sollen die laufenden Projekte finanziert werden. Jede Stiftung ist jedoch zugleich verpflichtet, ihre Substanz zu erhalten und hierfür Rücklagen zu bilden. Im Zuge der Finanzkrise sind die Erträge so gesunken, daß die bislang übliche Fördersumme von neun Millionen Euro im Jahr nicht mehr erreicht wird.

Hauptaufgabe der Stiftung war es zunächst, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die während des Faschismus ausgebeutet wurden, zu »entschädigen«. Bei Beträgen von höchstens 7500 Euro pro Person konnte man dabei allerdings nur von Almosen reden. Zugleich wurde ein »Zukunftsfonds« eingerichtet, mit dem im weitesten Sinne antifaschistische Projekte untersützt werden sollten. Durch die schwierige Lage an den Finanzmärkten hat die Stiftung im vergangenen Jahr sieben Prozent ihres Kapitals verloren. 2009 wurden noch rund 320 Projekte mit insgesamt 7,6 Millionen Euro unterstützt. Nunmehr sah sich das Kuratorium gezwungen, das jährliche Fördervolumen auf 6,7Millionen Euro abzusenken. Die Bundestagsfraktion Die Linke wies am Freitag darauf hin, daß die Stiftung kein Selbstzweck sei, sondern einen rechtlich verbindlichen Auftrag habe, der weiterhin erfüllt werden müsse.

Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Martin Salm, sieht dies auch mit der neuen Finanzplanung gewährleistet. »Die Unterstützung modellhafter Projekte, die den noch lebenden NS-Opfern, insbesondere in Mittel- und Osteuropa sowie in Israel, zugute kommen, bleibt ein wichtiger Schwerpunkt unserer Fördertätigkeit. Die bestehenden Förderprogramme zugunsten des Engagements für die Menschenrechte und mit dem Ziel, aus der Geschichte zu lernen, können weiter fortgesetzt und qualifiziert werden«, sagte Salm.

Wegen der Zwangsarbeiterentschädigung laufen noch mehrere Gerichtsverfahren. So wurden die italienischen Militärinternierten (IMI) mit einer fadenscheinigen Begründung von den Zahlungen ausgeschlossen. Wie der Vorstand berichtete, ist mit einem Abschluß der hierzu in Italien anhängigen Verfahren nicht vor dem Jahr 2011 zu rechnen. In einem anderen Rechtsstreit geht es darum, daß ein Antragsteller nachträglich Entschädigungsleistungen einklagt, weil er erst im Jahre 2006 - also nach dem gesetzlichen Stichtag - von der Stiftung Kenntnis erlangt habe. Daran zeigt sich, wie problematisch es ist, die Anerkennung und Entschädigung von faschistischem Unrecht von Formalien und Fristen abhängig zu machen.

Von Ulla Jelpke