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Weltsozialforum 2011 – Ort des Austauschs, Lernens und, mehr denn je, der internationalen Solidarität

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Das Weltsozialforum (WSF) in der senegalesischen Hauptstadt Dakar stand unter dem Eindruck der aktuellen Umwälzungen in Nordafrika. Andere Schwerpunktthemen des WSF – wie Migration, Landraub und Klimawandel – spiegelten die Vielfalt der sozialen Kämpfe am Ausrichtungsort selbst wider. Auch in diesem Jahr haben Vertreterinnen und Vertreter von Partei und Fraktion DIE LINKE am WSF teilgenommen. „Es ist gut, dass das WSF wieder in Afrika stattgefunden hat. Damit wurde der Fokus des Forums auf die sozialen Auseinandersetzungen und die Kämpfe der Menschen dort gelenkt“, freut sich die entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Heike Hänsel.

Die „Karawane für globale Bewegungsfreiheit“, die in der Woche vor dem WSF von der malischen Hauptstadt Bamako mit mehreren hundert AktivistInnen  nach Dakar gezogen war, um auf die katastrophalen Auswirkungen der EU-Flüchtlingspolitik in Afrika aufmerksam zu machen, führte die Demonstration von 50.000 TeilnehmerInnen zur Eröffnung des Forums an. Recht zu bleiben – Recht zu gehen: Nur wenn Fluchtursachen und Grenzen beseitigt werden, können Menschen frei entscheiden. Bereits vor Beginn des WSF verabschiedete ein eigenes Forum zu Migration eine "Charta der MigrantInnen". Wirtschaftliche Ausbeutung, Armut und Perspektivlosigkeit hängen mit Flucht und Migration zusammen. Dies wurde im Laufe der WSF-Woche immer wieder exemplarisch aufgezeigt, etwa am Beispiel der Überfischung (sea grabbing) der westafrikanischen Küsten durch europäische Trawler. Landraub, Verdrängung von Kleinbauern und -bäuerinnen durch Agrarkonzerne und Klimawandel – innerhalb des kapitalistischen Weltwirtschaftssystems werden sich diese Probleme nicht lösen lassen, darüber herrschte Übereinstimmung. Der Widerstand gegen neue Formen des Kolonialismus war das bestimmende Thema auf dem Forum. Auch zum Thema "land grabbing" wurde eine ganze Reihe von Aktivitäten vereinbart und eine Erklärung verabschiedet. Ein nächster Ort, an dem Kämpfe auf dem ganzen Kontinent gegen Ressourcenausbeutung, wie Öl im Nigerdelta oder Uran im Niger, zusammenkommen können, ist das südafrikanische Durban, wo im Dezember der nächste UN-Klimagipfel stattfindet. Das WSF war deswegen gerade auch für die Gruppen aus der Klimabewegung ein zentraler Ort für Strategiebildung und Vernetzung.

Die asymmetrischen Wirtschaftsbeziehungen des Südens zum Norden und speziell Afrikas zur Europäischen Union spielten wie schon beim WSF in Kenia 2007 eine wichtige Rolle. Etwas ist aber seither anders geworden: Durch den Auftritt Chinas, das sich in Afrika als neuer Partner anbietet, haben sich auch die Beziehungen zwischen Afrika und der EU verändert. Die afrikanischen AktivistInnen machen sich jedoch keine Illusionen über den Charakter der chinesischen Afrikapolitik. Allerdings ist „die Verhandlungsmacht der afrikanischen Staaten gegenüber der EU ganz eindeutig gestiegen, seit sich die afrikanischen Staaten untereinander absprechen und außerdem neue Partner im Süden haben“, stellt Heike Hänsel fest, die seit Jahren kritisch die Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und den afrikanischen Staaten begleitet.

Elektrisiert von den Umwälzungen in Tunesien und Ägypten war das WSF auch Ort der internationalen Solidarität. Während des Forums wurden Solidaritätsaktionen durchgeführt, und die Versammlung der sozialen Bewegungen rief zum Abschluss einen globalen Aktionstag zur Unterstützung der nordafrikanischen Bewegungen am 20. März aus. Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus vielen anderen Ländern ließen sich von den Umwälzungen in Nordafrika ermutigen. So auch Karla Lara, die hondurenische Sängerin und Mitglied der Gruppe, Mujeres de la resistencia, die auf Einladung der Rosa-Luxemburg-Stiftung am WSF teilnahm. Seit dem Putsch 2009 in Honduras regiert eine illegitime Regierung mit harter Hand und Repression. Karla Lara war die Stimme des hondurenischen Widerstands auf dem WSF. Ihr kämpferischer und solidarischer Gruß von der Konzertbühne in Dakar wurde sprach- und länderübergreifend verstanden.

„Nach wie vor ist das WSF immens wichtig für die Vernetzung sozialer Bewegungen weltweit, für den Austausch, die gegenseitige Inspiration. Es ist beeindruckend zu sehen, dass das WSF auch nach 10 Jahren immer noch so viele Menschen aus aller Welt anzieht. Das macht Hoffnung für eine andere Welt“, sagt Heike Hänsel zum Abschluss des Forums.

Von Corinna Genschel und Alexander King aus Dakar