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Wasser jenseits des DAX

Nachricht von Eva Bulling-Schröter,

Liberalisierung und Privatisierung der Wasserversorgung um jeden Preis - dies stand Ende der Neunziger Jahre auf der Agenda des Bundeswirtschaftsministeriums und der entsprechenden Lobbygruppen. Das Vorpreschen der Marktapologeten hatte allein zwei Gründe: Ideologie und Profit. Denn nennenswerte Defizite gab es bis dato nicht: Die Bundesrepublik zeichnet sich bis heute mit ihren überwiegend dezentralen und kommunalen Strukturen flächendeckend durch eine hohe Versorgungssicherheit und eine gute Trinkwasserqualität aus. Auch mit Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis halten die deutschen Wasserversorger jedem internationalen Vergleich stand. Das Abschaffen der geschützten, geschlossenen Versorgungsgebiete im Wasserbereich hingegen würde den Weg zur Übernahme der kommunalen Wasserversorgung durch private Konzerne ebnen. Dies wiederum hätte zur Folge, dass strategische Entscheidungen der Wasserbeschaffung oder der Abwasserbeseitigung (Grundwasserschutz, effizientere Nutzung vs. Erschließung neuer Vorkommen, Einleitewerte etc.) künftig allein aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen getroffen würden. Gerade ökologische Ziele wie die Schonung der Vorkommen lassen sich dann nur noch über Gesetze durchsetzen, gehören aber nicht mehr zum Eigenstandard der Wasserversorger oder Abwasserentsorger.

Glücklicherweise erkannte auch die rot-grüne Bundesregierung - auch auf Druck von Initiativen von Umweltverbänden, Gewerkschaften und Kirchen - , dass ein „Wettbewerb im Markt“ kaum günstigere Preise für die Bürger/innen bringen würde und mit vielen Risiken verbunden wäre. Ob Schwarzrot bei dieser Linie bleiben wird, ist gegenwärtig noch unklar.

Als Rückzugslinie wird aber weiterhin der so genannte Wettbewerb „um den Markt“ also um gesamte Versorgungsgebiete, protegiert. Wer daran Interesse hat, liegt auf der Hand. Nach RWE-Angaben hatte beispielsweise das Wassergeschäft im Geschäftsjahr 2001/2002 nur einen Umsatzanteil von drei Prozent, trug aber mit 20 Prozent zum Betriebsergebnis bei. Angesichts solcher Zahlen sollte sich jede Kommune dreimal überlegen, ob es ihre Wassersparte in private Hände legt.

Anlässlich der Konferenz „Wasser: Die Kommerzialisierung eines öffentlichen Gutes - Chance oder Gefahr für eine nachhaltige Entwicklung?“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung (26.-27. Oktober 2006) hat DIE LINKE. den Reader „Wasser jenseits des DAX“ umfassend aktualisieren lassen. Autor ist wieder Nikolaus Geiler, Sprecher des Arbeitskreises Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). Der in erster Fassung im Jahr 2002 im Auftrag der damaligen PDS-Bundestagsfraktion erstellte Reader gibt nicht nur einen Überblick über den Diskurs zur Privatisierung und Liberalisierung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung in Politik und Wirtschaft, sondern zeigt auch auf, dass Widerstand gegen den Ausverkauf kommunaler Dienstleistungen notwendig und möglich ist.

Die Bundestagsfraktion DIE LINKE. möchte mit dem Reader (PDF / 1,2 MB) dazu ermutigen, dass Aufgaben- und Mandatsträger in Bund, Ländern und Kommunen dem Ausverkauf kommunalen Eigentums genauso entgegentreten, wie es bereits zahlreiche Bürgerinitiativen und Umweltverbände tun. Denn: Die Zukunft des Wassers darf auch in Deutschland nicht dem Profitstreben von Wasserkonzernen geopfert werden. Die Ver- und Entsorgung ist in öffentlicher Hand gut aufgehoben.