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Was haben Heym, Möllendorff und Duclos gemeinsam?

Im Wortlaut von Gesine Lötzsch,

Stefan-Heym-Platz eingeweiht: Thomas Nord, Gregor Gysi, Inge Heym und Gesine Lötzsch (v.R.v.l.)

 

Gesine Lötzsch, die seit 2002 den Berliner Bezirk Lichtenberg als direktgewählte Abgeordnete im Bundestag vertritt, über die Einweihung des Stefan-Heym-Platzes

Eigentlich passen diese drei Namen nicht zusammen. Stefan Heym war ein großartiger Schriftsteller. Wichard von Möllendorff war ein preußischer Generalfeldmarschall. Und Jacques Duclos war Mitbegründer der französischen Résistance. Diese drei Namen verbinden sich mit dem Bezirk Lichtenberg. 1990 wurden in einer von CDU und SPD organisierten Aktion massenhaft Straßen umbenannt. Namen von vielen Widerstandskämpfern wurden aus dem Berliner Straßenbild getilgt. Es wurde auch die ehemalige Jacques-Duclos-Straße in Möllendorff-Straße umbenannt. Für einen französischen Antifaschisten, der einer der Hauptorganisatoren des Pariser Aufstandes gegen die Hitler-Wehrmacht im Jahre 1944 war, kam der preußische Generalfeldmarschall Möllendorff auf das Straßenschild. Der damalige Lichtenberger SPD-Bürgermeister begründete den Namenswechsel mit der schwierigen Schreibweise des französischen Kommunisten. Als der Bürgermeister das neue Straßenschild anbrachte, fehlte ein f im Namen des Feldmarschalls. Eigentlich könnte man lachen, wenn es nicht so traurig wäre.

Heute um 13.30 Uhr wurde in Berlin-Lichtenberg die Freifläche an der Frankfurter Allee, Ecke Möllendorff-Straße nach dem Schriftsteller und Antifaschisten Stefan Heym benannt. Die Linksfraktion in der BVV Lichtenberg hatte im vergangenen Jahr, anlässlich seines 100. Geburtstages, die Platzbenennung beantragt. Die Bezirksverordnetenversammlung hat dem Antrag zugestimmt. Das ist ein schöner Erfolg.

Über den großartigen Schriftsteller Stefan Heym wurde schon viel geschrieben und gesprochen. Stefan Heym war einer der größten Kritiker der DDR. Er wollte einen demokratischen Sozialismus. Seine Entscheidung, für die PDS zu kandidieren und in den Bundestag als Alterspräsident einzuziehen, hatte eine harsche mediale Reaktion hervorgerufen. Nachrichtenmagazine, die bis zu diesem Zeitpunkt fast jedes seiner Manuskripte ungelesen abdruckten, wollten keine Zeile mehr von Heym veröffentlichen. Kübelweise wurde Schmutz über ihn ausgekippt.

Stefan Heym hätte als einer der großen Kritiker der DDR in die Geschichte eingehen können. Vielleicht wäre er auch ein guter Bundespräsident geworden. Immerhin hatte dieser Mann wirklich etwas zu sagen. Doch er hat sich selbst seine bundespolitische Karriere mit seiner Kandidatur für die PDS verbaut. Dieser Mann ist für mich so beeindruckend, weil er sich nie auf seinen Lorbeeren ausgeruht hatte. Er war immer ein sehr eigenständig denkender Mensch. Heym stand immer in Opposition zu den herrschenden Verhältnissen. Dazu gehört sehr viel Kraft und Selbstvertrauen. Mich würde seine Reaktion auf die Platzbenennung interessieren. Vielleicht würde er es sogar ablehnen, in direkter Nachbarschaft zu einem preußischen Militaristen gewürdigt zu werden, oder er würde in dieser Zusammenlegung Stoff für einen neuen Roman entdecken. Leider werden wir das nie erfahren.

linksfraktion.de, 4. November 2014