Zum Hauptinhalt springen

Wanka soll Chance auf Kurswechsel nutzen

Im Wortlaut von Petra Sitte,

Von Petra Sitte, Sprecherin für Forschungs- und Technologiepolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

 

Johanna Wanka, die neue Ministerin für Bildung und Forschung, tritt heute ihr Amt an und wird zunächst für etwa sieben Monate amtieren. Diese Zeit darf nicht nur zur Verwaltung des Bestehenden genutzt werden. Die Probleme in den Politikfeldern brennen unter den Nägeln und dulden kein Zögern. Die neue Ministerin hat die Chance zu einem Kurswechsel, und sie sollte sie nutzen. Wir empfehlen die wichtigsten Vorhaben:

1. Studienplätze schaffen

Der jetzige Hochschulpakt ist bei weitem unterfinanziert. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Studierenden an deutschen Hochschulen exponentiell gestiegen. Im Jahr 2012 waren 2,5 Millionen Studierende eingeschrieben. Aufgrund der gestiegenen Studierneigung, der doppelten Abiturjahrgänge in einigen Bundesländern und die Aussetzung der Wehrpflicht hat sich die Zahl der Studienberechtigten in den letzen zehn Jahren fast verdoppelt. Im Jahr 2012 studierten mit 54 Prozent mehr als die Hälfte eines Altersjahrgangs.

Die jetzigen Mittel für neue Studienplätze reichen nicht aus. Sie sind bis 2015 geplant, werden aber bereits Mitte 2014 aufgebraucht sein. Die neue Ministerin sollte schnell mit einem guten Angebot für zusätzliche Bundesmittel auf die Länder zugehen, damit diese Studienplätze auf- und nicht abbauen. Studiengebühren, wie sie Frau Wanka für das ganze Land vorgeschlagen hat, helfen dabei nicht weiter, sondern zementieren soziale Ungerechtigkeiten im Bildungssystem.

2. Abschaffung des Kooperationsverbotes von Bund und Ländern vorbereiten

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der das Kooperationsverbot von Bund und Ländern ein kleines Stück aufweichen sollte, ist zu Recht im Bundesrat gescheitert. Dieser Vorschlag hätte weder den vielen Hochschulen, noch Schulen oder Kindertagesstätten geholfen.
Ministerin Wanka sollte sich angesichts der rot-grün-roten Bundesratsmehrheit schnell in Verhandlungen mit den Ländern über eine weitergehende Öffnung des Kooperationsverbotes in Bildung und Wissenschaft begeben und die verbleibenden unionsgeführten Länder ins Boot holen. Vorschläge für grundgesetzliche Formulierungen liegen auf dem Tisch. Die Zeit drängt angesichts des Auslaufens wichtiger Finanzierungsinstrumente wie dem Hochschulpakt 2020 sowie der wachsenden Probleme im Bereich von Schulen und Kindertagesstätten.

3. Exzellenzinitiative abwickeln, Hochschulen stärken – den kooperativen Wissenschaftsföderalismus entwickeln

Exzellenzinitiative und Drittmittelboom haben die Wissenschaftslandschaft aus dem Gleichgewicht gebracht. Wenigen „Leuchttürmen“ im Universitätsbereich und einer gut ausfinanzierten außeruniversitären Forschungslandschaft steht die Breite der unterfinanzierten Hochschulen in der Fläche gegenüber. Angesichts der einsetzenden Schuldenbremsen in den Ländern werden über die bisher angekündigten Kürzungsrunden in unionsgeführten Ländern wie Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern weitere zu Einsparungen im Hochschulbereich gezwungen sein.
Wir brauchen mehr grundständige und langfristige Gelder in den Hochschulen. Der Bund sollte hierzu einen stärkeren Beitrag leisten. Dabei müssen die Finanzierungsschlüssel in der Forschungsförderung genauso auf den Prüfstand wie die starken Zuwächse der Helmholtz-, Max-Planck- oder Fraunhofer-Institute. Über die Struktur und den Umfang der DFG-Förderung wird ebenso zu reden sein wie über die Höhe der Gemeinkostenpauschalen. Wir brauchen Vorschläge für eine nachhaltige Finanzierung von Studienplätzen und eine Verstetigung der Investitionsmittel im Hochschulbau sowie in der digitalen und sozialen Infrastruktur der Hochschulen.

4. Haushaltszuwächse für Bildung und Forschung sichern

Die viel zitierte Bildungsrepublik ist unter Ministerin Schavan kaum voran gekommen und droht angesichts geplanter Haushaltskürzungen ganz zu versanden. Bereits zum kommenden Haushaltsjahr 2014 sollen die Ausgaben für Hochschulen, für den wissenschaftlichen Nachwuchs sowie die Ausbildungsförderung (BAföG) von gut 6 Milliarden Euro (2013) auf 5,5 Milliarden Euro sinken. Mit einer solchen Absenkung wären dramatische Einschnitte beim BAFöG sowie in Hochschulen und Forschungseinrichtungen verbunden. Die Erarbeitung des Regierungsentwurfes für das kommende Haushaltsjahr fällt in die Amtszeit von Frau Ministerin Wanka. Die Gestaltung eines offenen und sozial gerechten Bildungs- und Wissenschaftssystems lässt sich nicht mit sinkenden Mitteln erreichen.

linksfraktion.de, 14. Februar 2013