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Fahrgäste drängen in einen überfüllten BVG-Bus in Berlin © iStock/freie-kreation

Vielleicht beschleunigt der IAA-Flop das Umdenken

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Von Alexander Ulrich, industriepolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Die bevorstehende 68. Automesse des Branchenverbands IAA wird ziemlich klein ausfallen. Im Großen und Ganzen bleiben die deutschen Hersteller dann unter sich. Nur vier Hallen werden auf der Frankfurter Messe geöffnet sein, Dort stellen BMW, VW und Co. Ihre neuesten PS-Monster aus, internationale Einsprengsel kommen als Hausmarken wie Landrover oder Hyundai dazu. Darüber hinaus ist die Liste der Absagen lang. Alphabetisch reicht sie von Alpha Romeo bis Volvo. Der weltweit zweitgrößte Autobauer Toyota macht lieber bei den „Umwelttagen“ in Köln Halt.

Während die Zahl der Teilnehmer sinkt, steigt jene der Demonstranten gegen die Automesse. Der ökologische Verkehrsklub VCD ruft gemeinsam mit Umweltverbänden wie Greenpeace und dem BUND zu einer Großdemonstration in Frankfurt auf. Andere Akteure planen sogar Aktionen des zivilen Ungehorsams, um die Messe zu stören.

Der Veranstalter muss einsehen: Die Zeiten gigantischer Geländelimousinen und Rennspritschleudern sind vorbei. Modelle wie der BMW X6 und der Audi Q7 taugen nicht mehr zum angeben, sie verleihen dem Fahrer eher das Tribut „asozial“. Gefragt wären ökologisch fortschrittliche Modelle, etwa auf dem Feld der Elektromobilität. Vorreiterrollen gibt es etwa bei zukunftsfähigen ÖPNV-Systemen zu vergeben, zum Beispiel mit E-Bussen. Oder durch Forschung im Bereich ökologischerer Produktions- und Entsorgungstechniken für die E-Fahrzeuge. Die IAA 2019 symbolisiert idealtypisch, wie die deutsche Automobilindustrie weltweit den Anschluss verliert.

Und das in Zeiten, in denen die Alarmsignale kaum mehr zu überhören sind. Die Gewinneinbrüche bei Daimler und Co. hatten im vergangenen Quartal ein historisches Ausmaß. Vielerorts werden Werke verkleinert oder geschlossen. Angesichts der Millionen Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt von der Automobilindustrie abhängen, muss hier gegengesteuert werden. Dafür braucht es aber breit angelegte Investitionen zukunftsfähige Technologien, entsprechende Qualifizierungsangebote für die Beschäftigten und langfristige Konzepte zum Erhalt der bestehenden Standorte. Vielleicht hilft der IAA-Flop, das Umdenken der Automanager ein bisschen zu beschleunigen.

Aber auch die Politik ist gefragt, den Wandel aktiv mitzugestalten. Es ist vollkommen unverantwortlich, angesichts von Klimakrise und Rezession und der großen bevorstehenden Umbrüche in der Industrie, weiter der „schwarzen Null“ zu huldigen. Breit angelegte Investitionen, etwa in eine ökologisch nachhaltigere Verkehrsinfrastruktur würden die angespannte wirtschaftliche Lage in der Industrie mildern, Anreize setzen, die Produktion auf die Höhe der Zeit zu bringen und vor allem die Voraussetzungen für einen sozialverträglichen Umbau deutlich verbessern.