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Fachgespräch "Quo Vadis BND?" zur Reform des BND-Gesetzes

Vernichtendes Expertenurteil zum BND-Gesetz

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Unter dem Titel „Quo vadis BND – Die Reform des BND-Gesetzes und die Grundrechte“ lud die Fraktion DIE LINKE am 7. September 2016 zu einem öffentlichen Fachgespräch ein. Anlass für die Veranstaltung war die von den Koalitionsfraktionen vorgesehene Novelle des BND-Gesetzes, welchen die Expert*innen auf dem Podium ein vernichtendes Urteil auf gleich mehreren Ebenen ausstellten.

Eric Töpfer vom Deutschen Institut für Menschenrechte arbeitete deutlich heraus, dass auch eine Überwachung im Internet einen klaren Eingriff in das Menschenrecht auf Privatsphäre darstellt, ebenso wie die Erfassung der sogenannten Metadaten. Welche Auswirkungen eine solch legitimierte Massenüberwachung auf die Arbeit von NGOs, Pressevertreter*innen u.a. hat, schilderte Lena Rohrbach vom Amnesty International. Sie sieht sowohl die Normenklarheit als auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch die Gesetzesreform klar gebrochen.

Sollte die Gesetzesvorlage in Kraft treten, würden Ausländer im Ausland genau wie die meisten staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen für vogelfrei erklärt und dürften komplett abgehört werden. Der Berliner Richter Ulf Buermeyer verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass „Angela Merkels Google“ offenbar seinen eigentlichen Auftrag, dass Sammeln von Nachrichten, massiv überstrapaziert. Seiner Auffassung nach sind auch Ausländer im Ausland Grundrechtsträger und dürfen somit nicht ohne weiteres "abgeschnüffelt" werden.

Weiterhin wurden erhebliche Bedenken geäußert, ob eine effektive Kontrolle von Nachrichtendiensten generell möglich ist. Die von der Koalition vorgelegte Überarbeitung des PKGr-Gesetzes wird hierzu jedoch kaum beitragen. Mit Blick auf die Veröffentlichungen der letzten Tage und alle bekannten Skandale betonte Sven Lüders von der Humanistischen Union dann, dass bei den deutschen Diensten offenbar das Paradoxon vorherrsche, dass die zu Kontrollierenden beschließen, was sie zur Kontrolle freigeben. "Von daher ist es dringend notwendig, die Herrschaft der zu Kontrollierenden über ihre Kontrolleure endlich zu brechen“, so André Hahn, stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) nach der Veranstaltung.

Die praktischen Auswirkungen auf die Anbieter von Telekommunikationsdiensten führte vor über 50 Besucher*innen Klaus Landefeld vom Internetknotenpunkt DE-CIX aus. Hierbei wurde deutlich, dass der BND wirklich jede Verbindung abhören kann, wenn sein Budget dies nur hergibt. Einen effektiven Schutz gibt es nicht.

In dem insgesamt zweieinhalbstündigen Fachgespräch wurde deutlich, dass die von den Koalitionsfraktionen vorgelegte vermeintliche Reform keine ist und es erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Martina Renner, Obfrau der Fraktion im NSA-Untersuchungsausschuss, stellte nach der Veranstaltung klar: „Grundproblem der Nachrichtendienste sind ihre immer weiter gehenden Befugnisse. Die Geheimdienste liefern fortgesetzt keinen Nachweis dafür, dass sie sich an rechtliche Grenzen halten, sondern dafür, dass sie diese nach eigenem Gutdünken definieren. Deshalb muss der Gesetzgeber den Rahmen viel enger fassen als dies die Bundesregierung tun möchte – durch an Grundrechten, Verhältnismäßigkeit und Bestimmtheit orientierte Gesetze, durch strenge Budgetierung bzw. eine transparente Kontrolle.“

André Hahn betont in seinem Schlusswort, dass es heute mehr denn je notwendig ist, die Nachrichtendienste und deren steten Kompetenzzuwachs kritisch zu hinterfragen. Klar ist auch, so Hahn weiter: „Geheimdienste sind und bleiben Fremdkörper in einer Demokratie, und wir wollen sie überwinden.“

Ein Audiomitschnitt des Fachgesprächs steht hier auf dem YouTube-Kanal der Fraktion zur Verfügung.