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Verfassungsschutz beobachtet Petra Pau

Im Wortlaut von Petra Pau,

Die Akte der Vizepräsidentin

BERLIN • Am Dienstag bekam Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau Post vom Bundesamt für Verfassungsschutz. Inhalt: Teile des Dossiers, das in der Kölner Behörde über die Berliner Linkspartei-Politikerin geführt wird. Als "verfassungsschutzrelevant" wird darin unter anderem Paus Wahl zur stellvertretenden Parlamentschefin vermerkt. Außerdem enthält die Akte unterschiedliche Informationen aus Paus Biografie, auch solche aus DDR-Zeiten. "Ich wundere mich, womit sich das Amt, das unsere Verfassung schützen soll, beschäftigt", sagte Pau gestern der MAZ.

Die Politikerin hatte - ebenso wie andere Mitglieder der Fraktion Die Linke - im vergangenen Sommer Akteneinsicht beantragt. Hintergrund war der Fall des stellvertretenden Fraktionschefs Bodo Ramelow, über den ein ausführliches Dossier vorliegt. Auch zu Fraktionschef Oskar Lafontaine, einst Vorsitzender der SPD, gibt es einen Vermerk beim Verfassungsschutz. Ramelow zufolge haben 48 der 53 Fraktionsmitglieder Einsicht beantragt. Inzwischen lägen 35 Antworten vor. "Wir wissen jetzt: Die Behauptung, dass nur ein Teil der PDS observiert wird, ist eine Lüge", so Ramelow zur MAZ. "Das ist ein offener Verfassungsbruch und ein Angriff auf das Verfassungsorgan Bundestag. Die Verantwortung dafür trägt die Bundesregierung." Die Linke werde demnächst beantragen, dass die Beobachtung eingestellt wird. Notfalls sei man bereit, deshalb bis vors Verfassungsgericht zu ziehen. Unterstützung kam gestern von den Grünen: "Wenn die Begründung für die Beobachtung nur ist, dass jemand Mitglied der Linkspartei ist, dann muss das aufhören", sagte Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck auf Anfrage.

Die sieben Seiten umfassende Akte Pau ist offenbar eine Ansammlung von Banalitäten. Unter anderem wurde als relevant vermerkt, wann und wo die heute 43-Jährige studiert hat (in der SED-Parteihochschule Karl Marx). "Damals war der Verfassungsschutz noch gar nicht zuständig", so Pau, die seit 1998 Bundestagsabgeordnete ist. Erstaunt habe sie ein Vermerk über eine Veranstaltung zum Prager Frühling, auf der über Repressalien gegen DDR-Bürger gesprochen wurde. Dass sie als PDS-Politikerin den Mauerbau verurteilt habe, finde sich auch in den Akten.

Henry Lohmar

Märkische Allgemeine, 2. März 2007