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Foto: Rico Prauss

TTIP und CETA sehr wohl Sache der Kommunen

Im Wortlaut von Susanna Karawanskij, Kerstin Kassner,

 

Von Kerstin Kassner, Sprecherin für Kommunalpolitik, und Susanna Karawanskij, Sprecherin für Kommunalfinanzen der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages (WD) hat ein Gutachten veröffentlicht, das zu dem Ergebnis kommt, dass sich Gemeinderäte und Kreistage (kommunale Vertretungen) nicht mit den internationalen Freihandelsabkommen TTIP und CETA befassen und keine Beschlüsse fassen dürfen.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass Gutachten des WD keine verbindliche Rechtsauskunft darstellen. Sie liegen in der fachlichen Verantwortung der/s jeweiligen Verfasser/in bzw. der Fachbereichsleitung. Sie geben nicht die Auffassung des Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Zuständig für die Feststellung von Rechten der Gemeinderäte und Kreistage sind ausschließlich die Gerichte. Gerade bei juristischen Fragestellungen liegt es in der Natur der Sache, dass verschiedene Sachkundige zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen – nach dem Motto: „zwei JuristInnen drei Meinungen“.

Erster Anhaltspunkt für die Kompetenzen kommunaler Vertretungen in derartigen Fragen ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu kommunalen Beschlüssen über atomwaffenfreie Zonen, die das Kommunale Selbstverwaltungsrecht näher definiert. Es umfasst „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen“. Dieser spezifische Bezug zur örtlichen Gemeinschaft dürfte gerade dann bestehen, wenn es um den Schutz der eigenen Organisationshoheit bei der Daseinsvorsorge geht. Mögliche Marktzugangsverpflichtungen im Rahmen von Freihandelsabkommen wirken sich klar auf typische kommunale Dienstleistungen wie Trinkwaser- und Abwasserentsorgung, den kommunalorganisierten ÖPNV und andere Leistungen aus. Nach dem Gutachten des WD soll der spezifische Bezug auf die Kommunen fehlen, da die Freihandelsabkommen das ganze Bundesgebiet betreffen. Gerade dieses Argument ist nicht überzeugend. Die Stationierung von Atomwaffen, die Anlass für die frühere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts war, galt ja auch für das gesamte damalige Bundesgebiet, wobei einige Kommunen besonders betroffen waren. Auch bei TTIP und CETA gibt es unterschiedliche Betroffenheiten, je nachdem welche kommunalen Leistungen erbracht werden und dementsprechend potentiell betroffen sind. Der spezifische Bezug dürfte also in der Regel gegeben sein. Viele Kommunen befassen sich bereits intensiv mit den Abkommen TTIP und CETA – und sie sollten es weiterhin tun und sich nicht verunsichern lassen.

 

linksfraktion.de, 24. März 2015