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Tödliche Zäune für Menschen – freie Bahn für Investoren: Die Afrikastrategie der G20

Im Wortlaut von Niema Movassat,

Von Niema Movassat, Sprecher für Welternährung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Wann immer Vertreter der G20 derzeit unter dem Vorsitz Deutschlands tagen, geht es auch um Afrika. Bundeskanzlerin Merkel hat Afrika zum Schwerpunkt ihres G20-Vorsitzes erklärt, womit sie gleich zwei brandgefährliche politische Strategien verbindet. Zum einen will sie die afrikanischen Länder zu unüberbrückbaren Außenposten der Festung Europa ausbauen, zum anderen jegliche Schranken für Investoren auf ihrer Suche nach hohen Renditen in Afrika abbauen. Um insbesondere das zweite Ziel zu erreichen, hat Wolfgang Schäuble vor kurzem einen "Compact with Africa" vorgelegt. Dieser wird auch im Zentrum der G20-Afrikakonferenz am 12. und 13. Juni in Berlin stehen.

Die primäre Aufgabe von Politik besteht laut Compact darin, Privatkapital nach Afrika zu lotsen. Wie? Erstens wollen Deutschland und andere G20-Staaten afrikanische Länder dabei unterstützen, politische und ökonomische Reformen auf den Weg zu bringen, die wie das "worst of" neoliberaler Ideen der letzten 30 Jahre klingen: Strukturanpassungsprogramme, Privatisierung der Daseinsvorsorge sowie Etablierung "unabhängiger" Schiedsgerichte. Zweitens sollen öffentliche Gelder die privaten Investitionen in die afrikanischen Länder attraktiver machen – indem sie lukrative Fondsstrukturen schaffen, Garantien leisten oder andere Instrumente zur Risikoabsicherung schaffen. Entwicklungsgelder als Hebel und Bürge von Privatinvestitionen – willkommen in der Entwicklungszusammenarbeit des 21. Jahrhunderts.

Bei der G20-Afrikakonferenz dürfen sich nun sieben afrikanische Compact-Länder – darunter die autoritären Regime Äthiopiens und Ruandas – mit ihren Reform- und Investitionsvorschlägen möglichen Kapitalgebern präsentieren. Deutschland veranstaltet im Rahmen seiner G20-Präsidentschaft also eine Art Brautschau für das Kapital. Damit befeuert die Bundesregierung einen erbitterten Wettstreit der afrikanischen Länder um internationale Investoren. Menschenrechte und Demokratie spielen in dieser Strategie hingegen keine Rolle mehr. Oder wie es Günter Nooke, der Afrikabeauftragte der Bundesregierung vor kurzem formulierte: Die Demokratie werde einfach überschätzt.

Menschenrechte wie die effektive Durchsetzung des Rechts auf Nahrung, Gesundheit und Bildung müssen hingegen die Basis einer solidarischen Entwicklungspolitik sein. So erarbeiten die Vereinten Nationen auf Initiative Ecuadors und Südafrikas gerade ein Menschenrechtsabkommen, welches Unternehmen für Menschrechtsverletzungen haftbar und erstmals den Schutz von Menschenrechten verbindlich garantieren soll. Der sogenannte UN-Treaty-Prozess stellt eine historische Chance dar, die im Kontrast zur G20-Initiative nicht nur demokratisch legitimiert ist, sondern zudem die Menschenwürde und nicht das eigennützige Kapital in das Zentrum rückt. Dass die Bundesregierung diesen Prozess bisher blockiert, verwundert leider nicht, ist aber ein Grund mehr, gegen die G20-Gipfel in Hamburg und Berlin auf die Straße zu gehen.


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