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Tapfer musst du sein

Periodika,

Von wegen Tippse – mit den gängigen Klischees hat der Beruf der Sekretärin nichts zu tun. Davon überzeugen kann man sich im Sekretariat der Geschäftsführung der Fraktion DIE LINKE.

An manchen Tagen, so sagen die beiden Frauen im Sekretariat der Geschäftsführung, geht es zu wie in der Bahnhofshalle. Dann klopft es im Sekundentakt an ihrer Tür, Abgeordnete und Mitarbeiter der Fraktion und Personal der Bundestagsverwaltung begehren Einlass und Gehör für ihre Anliegen. Gleichzeitig klingeln die Telefone und im Computer vermelden Signaltöne den Eingang von unzähligen E-Mails.

Marion Spröte und Ursula Weißel sind diesen Stress gewöhnt, der am heftigsten während der Sitzungswochen des Deutschen Bundestags ist. Beide arbeiten im Sekretariat der Geschäftsführung der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag. Dort laufen alle organisatorischen Fäden der Fraktion zusammen: angefangen von der Arbeitssicherheit über Postverkehr, Personalfragen, Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat, Mitarbeit bei der Vorbereitung von Sitzungen in den Vorständen der Fraktion und Umsetzung der Beschlüsse, Absprachen mit der Bundestagsverwaltung, Dienstreiseanträge der Mitarbeiter und deren Abrechnungen bis hin zu den Kontakten zu den anderen Fraktionen im Bundestag. Funktionieren muss eine Menge, die Fraktion hat die Größe eines mittelständischen Unternehmens und nur als Team insgesamt kann sie gut arbeiten. Allein in der Fraktion DIE LINKE arbeiten mehr als 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zudem ist das Büro von Marion Spröte und Ursula Weißel auch Anlaufstelle für alle 75 Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE und deren organisatorische Anfragen: Dienstreiseanträge, Krankmeldungen und Finanzanträge – um nur einige zu nennen.

Aber das Büro ist auch Schnittstelle mit der Welt außerhalb des Bundestags. Alle geschäftlichen Briefe, E-Mails und Anrufe mit Anfragen, Wünschen, Rechnungen etc. an die Fraktion laufen durch Marion Sprötes und Ursula Weißels Hände, Ohren und Augen. Mehr als 13000 Briefe haben die beiden allein in dieser Legislaturperiode geöffnet. Die reine Bürgerpost – ebenfalls Tausende – nicht mitgezählt.

Von wegen nur Tippse – die beiden sind vielmehr Organisations- und Kommunikationsmanagerinnen. Ihre Arbeit ist die Grundlage für das Funktionieren und die Entscheidungen ihrer Chefin Ruth Kampa, der Geschäftsführerin der Fraktion DIE LINKE. Sie wählen aus, setzen Prioritäten bei der Aufgabenbewältigung, organisieren und vermitteln. Das müssen sie auch, denn sonst würde ihre Chefin wohl im Ansturm all der Anfragen, Bitten und Aufgaben untergehen. Über ihre Mitarbeiterinnen sagt Ruth Kampa: »Ohne die beiden ginge hier nichts im Büro.«

Mit den Jahren haben die drei Frauen besonders für die ganz stressigen Tage eine nonverbale Kommunikation entwickelt. »Oft reicht ein Blick, um zu wissen, was zu tun ist«, sagt Ursula Weißel. An Tagen mit dem speziellen »Bahnhofshallen«-Charakter kann das auch bedeuten, die Chefin vor allzu viel Besuchern und Anfragen zu schützen. Mit einem Lächeln sagt Marion Spröte: »Da muss man das Talent besitzen, zu vermitteln.«

Richtig anstrengend wird es für die beiden Frauen jedoch dann, wenn zwischen den unzähligen Anrufern pro Tag auch mal solche sind, die einem das Leben schwer machen. Sogenannte Freaks, die anonym anrufen, Telefonscherze machen oder einfach nur schimpfen wollen. »In solchen Momenten«, sagt Marion Spröte, »musst du tapfer sein.«