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Strom ist uns lieb und teuer

Im Wortlaut von Ralph Lenkert,

Von Ralph Lenkert, Obmann für DIE LINKE im Umweltausschuss des Bundestages
 

 

 

 

Wie soll ich noch meine Rechnung bezahlen? Diese Abzocke gehört verboten. So schlug es mir während Bürgersprechstunden in meinem Wahlkreis entgegen. Die Windräder seien schuld und die Photovoltaik. Ganz klar, denn die meisten Anbieter begründen ihre Preissteigerungen mit der Umlage für erneuerbare Energien. Die Preiserhöhungen haben alle auf dem Tisch. Sie sind in den Medien präsent, und die Katastrophen von Fukushima und Tschernobyl sind aus den Nachrichten verschwunden. War nach der Katastrophe in Japan der Atomausstieg allgemeiner Konsens, so arbeitet die Atomlobby heute wieder am Ausstieg aus dem Ausstieg. So steigen ich in die Diskussionen mit besorgten Bürgerinnen und Bürgern ein.

Eine Million Euro wirft schließlich ein laufendes Atomkraftwerk tägliche an Profit ab. Günther Oettinger, Energiekommissar der EU, stellte im Ergebnis der Stresstests fest, die europäischen Atomkraftwerke seien "überwiegend sicher". Das heißt, dass eigentlich alle Atommeiler in ihre Sicherheit investieren müssten. Insgesamt wären dafür mindestens 25 Milliarden Euro erforderlich. Verglichen mit den Folgekosten für Störfälle ist das noch preiswert. Mehr als 80 Milliarden Euro kostete Fukushima bislang. Bei Tschernobyl haben sich die Schäden allein in Weißrussland bereits auf 186 Milliarden Euro summiert.

Die Folgekosten der Atomkraft - egal ob für Lagerung des radioaktiven Mülls oder für den Rückbau der Atomkraftwerke - tragen zum Großteil die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. 4 Milliarden Euro kostet geschätzt der Rückbau eines AKW. Die Konzerne haben 25 Milliarden Euro zurückgestellt - für alle 17 Atomkraftwerke zusammen. Die Kosten für eine sichere Verwahrung des Mülls werden sich auf einen zweistelligen Milliardenbetrag summieren. Das alles tragen wir Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Würde man diese Kosten so wie bei erneuerbaren Energien auf den Strompreis umlegen, kostete Atomstrom über 40 Cent je Kilowattstunde. Mit einer Haftpflichtversicherung für Unfälle - bei Pkw vorgeschrieben - müsste eine Kilowattstunde Atomstrom sogar über 2,20 Euro kosten. Diese Kehrseite des "so billigen Atomstroms" wird erneut verschwiegen.

Statt dessen tönt es von Regierung und Konzernen gleichlautend: Die Energiewende wird teuer, und dies sei unsozial. 5,277 Cent je Kilowattstunde wird die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ab 2013 betragen - 1,8 Cent mehr als bisher. Hinzu kommen vermutlich noch ein bis zwei Cent für Netzentgelt. Alles eine Folge des Ausbaues der erneuerbaren Energien?

Was kostete beispielsweise Heizöl im Jahr 2000? Ein Liter Heizöl kostete vor zwölf Jahren 0,40 Euro. Heute kostet er mit 0.82 Euro mehr als das Doppelte. Für einen Liter Diesel stieg der Preis von 0,80 auf 1,55 Euro. Und diese Preissteigerungen sind ganz ohne EEG-Umlage. Nach der Logik kann also die EEG-Umlage zumindest nicht der alleinige Grund für Preissteigerungen sein.

Beim Strom stieg der Preis für die Kilowattstunde von 2000 bis zum 1. Januar 2013 von 14 auf 28 Cent - auch das Doppelte. Aber nur 40 Prozent der Erhöhung sind EEG-bedingt. Es bleiben noch 9 Cent Preiserhöhung übrig. Davon entfallen 5 Cent auf Erzeugungs- und Vertriebskosten. Für 2 Cent gönnten sich die Stromkonzerne höhere Gewinne. Und mit weiteren 2 Cent subventioniert jeder Stromkunde die Ausnahmeregelungen zugunsten von Stromgroßkunden.

Ja, für viele Menschen werden die Energiekosten zu einem Problem. Deshalb hat DIE LINKE ein Konzept für eine soziale Energiewende erstellt, mit dem Strom bezahlbar bleiben soll. Wir wollen Extragewinne streichen und durch eine staatliche Strompreiskontrolle verhindern (minus 2 Cent). Die Sonderregelungen für Großkunden sollen auf ein Niveau gesenkt werden, das tatsächlich zum Schutz der Arbeitsplätze nötig ist (minus 1 Cent). Die Stromsteuer wollen wir schrittweise senken (minus 2 Cent), um damit den Anstieg der EEG-Umlage zu kompensieren. Außerdem soll ein Sockelmodell für Strompreise niedrigen Verbrauch belohnen. 300 Kilowattstunden je Haushalt und 200 Kilowattstunden pro Person wären jährlich kostenfrei. Jede zusätzliche Kilowattstunde kostet dann 33 Cent. Ein Singlehaushalt mit 1800 Kilowattstunden oder eine vierköpfige Familie mit 4500 Kilowattstunden pro Jahr bezahlen nach unserem System nicht mehr als jetzt (siehe Tabelle). Derzeit beträgt der durchschnittliche Strompreis für Privathaushalte  25 Cent/kWh. Nach den aktuellen Preiserhöhungen wird er bei etwa 28 Cent/kWh liegen. Ein faktisches Strompreismoratorium wäre bei den genannten Einsparmöglichkeiten machbar. Zusätzlich möchten wir den Kauf von energiesparenden Haushaltsgeräten der Klasse A+++ mit 200 Euro je Haushalt fördern – einer Abwrackprämie für Stromfresser. Haushalte, die mit Strom heizen oder Warmwasser erzeugen, werden mit Sondertarifen entlastet.

Singlehaushalt 2000 kWh / Jahr 4-Personenhaushalt 4500 kWh / Jahr
2012 bei 25 Cent/kWh: 500 €
 
2012 bei 25 Cent/kWh: 1.125 €
2013 bei 28 Cent/kWh: 560 €
 
2013 bei 28 Cent/kWh: 1.260 € Modell DIE LINKE:          495 €
(500 kWh • 0 €  + 1500 kWh • 0,33 €) Modell DIE LINKE:           1.122 €
(1.100 kWh • 0 €  + 3.400 kWh • 0,33 €)

 



linksfraktion.de, 28. November 2012