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Steinbrück für noch klarere Kante

Im Wortlaut,

Einsame Spitze

© ddp images/dapd/Sascha Schuermann

 

 

Von G.A. Mierend

In der SPD herrscht die blanke Ekstase. Denn Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat auf seinem Inkraftsetzungsparteitag und jetzt auch auf Twitter wiederholt das Wort "Gerechtigkeit" aus dem eigenen Mund entkommen lassen. Dabei hat er sehr grimmig und entschlossen geguckt. Auf dem Parteitag.

Doch viele Sozialdemokraten freuen sich nicht nur über Steinbrücks neue Leidenschaft für alle Zukurzgekommenen, nein, noch mehr bewundern sie seinen staatsmännischen Weitblick: Als einer der Väter der Agenda 2010 hat Steinbrück die aktuellen Verhältnisse offensichtlich nur deshalb so tatkräftig mit herbeigeführt, damit er sich jetzt umso dekorativer darüber echauffieren kann. Wer gegen Ungerechtigkeiten vorgehen will, muss erst einmal welche organisieren – in einer Dimension, dass der Widerstand dagegen sich auch lohnt und das Wahlvolk hinreichend elektrisiert.

Dieser Mann hat das Zeug zum stärksten Mann im Staate, und er wird – erst einmal im Amt – seinen bewährten Weg weitergehen, und zwar so:

  • Das Konzept einer "Rente mit 78" liegt bereits bei Steinbrück in der Schublade. Als Machthaber will er damit eine veritable Seniorenrevolte und zahllose Rollatoren-Korsos anzetteln. Beim nächsten Wahlkampf, so der Plan, würde er sich dann auf bewährte Weise an die Spitze des Protests stellen: "Diese Schweinerei ist mit mir nicht mehr zu machen! Weil, ha ha, ich habe sie ja schon gemacht. Das Friedhofsgemüse hat das Recht auf ein Altern in Würde."
  • 2016 soll es auf der Welt kein einziges Land mehr geben, in dem keine Bundeswehrsoldaten stationiert sind. Im kleinen Kreis soll Steinbrück geäußert haben: "Ich weiß, das wäre eine absolut wahnsinnige Politik von mir. Aber in vier Jahren könnte ich dagegen sehr eindrucksvoll und sogar in Dolby Surround meine Stimme erheben."
  • Steinbrück ist fest entschlossen, der Leiharbeit noch energischer als bisher den Kampf anzusagen. Dafür muss er allerdings erst einmal sämtliche Beschäftigungsverhältnisse "deregulieren". Die Idee dahinter: "Irgendwann kommen wir dann an einen Punkt der totalen sozialen Verwahrlosung, und die Tagelöhner warten auf einen Erlöser wie mich."
  • Einfacher hat es Steinbrück bei der Vermögensteuer, die er wendungslos befürworten kann. Damit das einfache Volk eines Tages maximal davon profitiert, will der Finanzexperte mit Nachdruck dafür sorgen, dass "bei den auch durch uns geförderten Leuchtturmvermögen ordentlich was dazukommt. Nur wo genügend ist, können wir später auch was holen".
  • "Klar habe ich früher", so der künftige Kanzler in vertrauter Runde, "über die Forderung nach Mindestlöhnen höhnisch gelacht. Und ich bin mir auch bei diesem Thema selber treu geblieben". Allerdings, und da kommt dann wieder der Staatsmann durch, müsse "man ja nicht alles öffentlich machen".
  • "Verbindliche Frauenquote, flächendeckender Mindestlohn, Solidarrente, Angleichung der Renten in Ost und West, eine Staatsministerin für die Gleichstellung von Frauen und Männern, ein nationaler Aktionsplan Wohnen und Stadtentwicklung - und wissen Sie was: Sie können gern dazuschreiben, was immer Sie wollen. Unter zwei Voraussetzungen: Ihr Vorschlag muss mehrheitsfähig sein, und Sie müssen mich wählen."

linksfraktion.de, 12. Dezember 2012