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Sportausschusssitzung wird zur Farce

Im Wortlaut von Katrin Kunert, Jens Petermann,

Von Katrin Kunert, sportpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, und Jens Petermann, rechtspolitischer Sprecher



500 Seiten offizielle Studie, 804 Seiten inoffizielle Studie plus noch mal an die 100 Seiten Stellungnahmen – das sind nur die Drucksachen, die der Sportausschuss des Deutschen Bundestages in einer Sondersitzung zu "Doping im Westen" am Montag zu behandeln hatte. Aus Sicht der Fraktion DIE LINKE bestand reichlich Klärungsbedarf. Der Verdacht, dass insbesondere verantwortliche Politiker im Bundesinnenministerium die Studie lieber geräuschlos in der Schublade abgelegt hätten, war nicht von der Hand zu weisen.
 

Die Sitzung selbst bestätigte, dass die Bereitschaft, die angewandte Dopingforschung in der BRD in den 1960er, 1970er und 1980 Jahren aufzuklären, von Seiten der schwarz-gelben Koalition eher gering ist. Mit einem einfachen Geschäftsordnungstrick hat die Union die Opposition in ihrer Redezeit derart beschnitten, dass eine wirkliche Diskussion unmöglich gemacht wurde. Die geladenen Sachverständigen mussten ihre Beiträge mitten im Satz unterbrechen, weil ihre Zeit abgelaufen war.
 

Statt also hinter die Strukturen des damaligen Dopingsystems West zu schauen, wird versucht Dopingfälle in der damaligen BRD als einzelne "Entartungen" in einer ansonsten "heilen Welt" darzustellen. Statt die Täter von damals – Ärzte, Funktionäre, Trainer – ebenso zur Rechenschaft zu ziehen wie Ende der 1990er die Doping-Verantwortlichen in der DDR, wird versucht, die strafrechtlichen Möglichkeiten im Falle des Dopings West kleinzureden beziehungsweise in Frage zu stellen. Die Bundesregierung misst offensichtlich bei der Aufarbeitung der Vergangenheit mit zweierlei Maß und verhöhnt so nebenbei noch die Opfer staatlich finanzierter Dopingpraktiken in der früheren BRD.

Außer einer Bestätigung des mangelnden Aufklärungswillens hat die dreieinhalbstündige Sitzung kaum neue Erkenntnisse ans Tageslicht befördert. Die Fraktion DIE LINKE besteht aber auf einer lückenlosen Aufklärung der damaligen Vorgänge, soweit es Aktenlage und Zeitzeugengespräche heute noch zulassen. Deshalb erwägen wir, den Sportausschuss in der kommenden Wahlperiode kurzzeitig zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss umzuwandeln. Dort könnten auch Zeugen befragt werden, die sich bisher beharrlich geweigert haben, dem Bundestag Rede und Antwort zu stehen. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Dr. Thomas Bach, weilte am Montag bereits in Buenos Aires. Der Olympiasieger im Fechten will von Doping in den 1970er Jahren nach eigenen Angaben nichts mitbekommen haben. Unter Sportkollegen erntete er dafür nur ein spöttisches Lächeln. Mit dem Verschleppen der Doping-Debatte meidet Bach offensichtlich einen Stolperstein auf dem Weg zum mächtigsten Mann des Internationalen Sports.

linksfraktion.de, 3. September 2013