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Spitze der Frauenfeindlichkeit: Minijobs!

Im Wortlaut von Michael Schlecht,

Von Michael Schlecht





"Wir werden dafür sorgen, dass geringfügig Beschäftigte besser über ihre Rechte informiert werden." Phantastisch! Auch die GroKo will den Minijobberinnen helfen. Und sie haben noch einen zweiten Satz parat: "Zudem wollen wir die Übergänge aus geringfügiger in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erleichtern." Wo! Wie denn? Fehlanzeige! Und mit den zwei Sätzen erschöpfen sich dann schon die Großkoalitionäre bei dem einschneidendsten Problem der Prekarisierung.

Ja, viel wird über Leiharbeit, Werkverträge und Befristungen geredet, alles brutale Formen arbeitende Menschen unter Druck zu setzen, zu erniedrigen und verschärft auszubeuten. Von den Minijobs sind jedoch weit mehr betroffen: Mehr als sieben Millionen Menschen arbeiten für höchstens 450 Euro im Monat. Als vermeintliches Trostpflaster sind sie nicht sozialversicherungspflichtig. Den kargen Lohn, häufig Hungerlöhne von vier oder fünf Euro die Stunde gibt es zum Trost "Brutto für Netto". Zähneknirschend nehmen das viele hin. Zumal wenn die Jobagentur sie dazu drängt und mit Sanktionen droht, wenn man nicht gefügig ist. Die Minijob-Regelung ist einer der brutalsten Hebel zur Durchsetzung des Lohndumpings!

Und das dicke Ende kommt in der Rente. Mit Minijobs lassen sich keine oder nur minimalste Rentenansprüche aufbauen. Denjenigen, die lange Zeit im Minijob arbeiten droht die Altersarmut.

Frauen an den Rand der Gesellschaft gedrängt

Knapp fünf Millionen, 80 Prozent aller Minijobs werden von Frauen ausgeübt. 3,3 Millionen arbeiten ausschließlich für weniger als 450 Euro. Minijobs sind die frauenfeindlichste Veranstaltung in diesem Land. In großem Stil wird die geschlechtsspezifische Spaltung des Arbeitsmarktes vertieft und Frauen an den Rand der Gesellschaft gedrängt.

Minijobs funktionieren häufig nur als Hinzuverdienst bei Hartz IV oder im althergebrachten männlichen Familienernährer-Modell, in dem die Frau nur einen Zuverdienst hat. Frauen wählen diese Beschäftigungsform nicht freiwillig. Zwei Drittel würden gerne länger arbeiten.

Weder wurde Schwarzarbeit durch Minijobs bekämpft noch wurden mit Minijobs mehr Verdienstmöglichkeiten in privaten Haushalten geschaffen. Etwa 3,8 Millionen Privathaushalte beschäftigen eine Putz- oder Haushaltshilfe, jedoch nur 200.000 Arbeitskräfte in Haushalten sind offiziell als Minijobberinnen angemeldet.

Eine verkappte Subvention für Unternehmer

Im gewerblichen Bereich werden Minijobs zur Verschleierung von Schwarzarbeit und zusätzlicher Lohndrückerei genutzt. Der Minijob wird regulär angemeldet, der Rest wird schwarz ausgezahlt oder es werden Gratis-Stunden verlangt. Bei Kontrollen fällt dies in der Regel nicht auf, weil die geleistete Arbeitszeit nicht kontrolliert werden kann und sich die Minijobberin legal im Betrieb aufhält. Absehbar ist, dass so mit Minijobs der gesetzliche Mindestlohn zum Teil aushebelt wird.

Minijobs bedeuten Mini-Löhne und Lohndumping: Acht von zehn geringfügig Beschäftigten arbeiten zu Niedriglöhnen. Der überwiegende Teil der Minijobs findet sich in Dienstleistungsbranchen. In der Gastronomie, dem Reinigungsgewerbe oder im Einzelhandel stellen sie schon jeden zweiten bis dritten Arbeitsplatz.

Das ist für den Staat teuer: Mit jährlich rund fünf Milliarden Euro stockt er die Einkommen aus Minijobs auf. Im Kern eine verkappte Subvention für Unternehmer, die zu geizig sind ihren Beschäftigen anständige Löhne zu bezahlen. Mit dem gesetzlichen Mindestlohn der GroKo wird die Situation etwas entschärft – sofern er nicht gerade mit Minijobs umgangen wird – aber auch 8,50 sind noch ein Niedriglohn und erfordern häufig das Aufstocken durch Hartz IV!

Viele Frauen mit einem Minijob haben Angst

Um dem größten frauenfeindlichen Skandal Einhalt zu gebieten, müssen Minijobs in Jobs umgewandelt werden, von denen frau leben kann. Und sie sozial abgesichert ist. Wir brauchen die Sozialversicherungspflicht für jede geleistete Arbeitsstunde. Begleitet werden muss dies durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 10 Euro und der Verbesserung der Tarifbindung, damit der tatsächliche Mindestlohn deutlich höher liegt. Arbeitsverhältnisse sollen in der Regel mindestens 20 Stunden in der Woche umfassen. Viele Frauen mit Teilzeitwunsch streben eher eine 30-Stunden-Woche an. Am besten wäre es, wenn die Arbeitszeit für alle auf diese Marke als Vollzeitarbeit bei vollem Lohnausgleich gesenkt wird.

Viele Frauen mit einem Minijob haben Angst, dass die Alternative Arbeitslosigkeit bedeutet. Dies ist unter den heutigen Bedingungen eine reale Gefahr. Deshalb muss das Angebot an gut bezahlter Arbeit deutlich ausgeweitet werden. Eigentlich kein Problem, denn es gibt in diesem Land viel zu tun. In der Pflege, in der Bildung und in vielen weiteren Bereichen. Um für genügend Arbeitsplätze zu sorgen, müssen mit einem linken, sozial-ökologischen Zukunftsprogramm zwei Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

linksfraktion.de, 20. Januar 2014