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Sind die weißen Tauben müde?

Kolumne von Birgit Menz,

Foto: ddp/Sascha Schuermann

 

 

Von Birgit Menz, Abgeordnete Der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


"Marschieren wir gegen den Osten? Nein! / Marschieren wir gegen den Westen? Nein! / Wir marschieren für die Welt / die von Waffen nichts mehr hält. / Denn das ist für uns am besten." So klang es auf vielen Ostermärschen der 1960er Jahre. Die Sängerinnen und Sänger dieses Lieds nämlich waren sich einig: "Unser Marsch ist eine gute Sache." Das ist und bleibt richtig, so lange Kriege und Not noch immer das Gesicht dieser Welt entscheidend mitprägen.

Entstanden waren die bundesdeutschen Ostermärsche im Kampf gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und gegen das Ansinnen, die Bundeswehr mit Atomwaffen auszurüsten. Angesichts der aktuellen Bestrebungen, Deutschland eine immer größere Rolle auch in militärischen Auseinandersetzungen zu verschaffen, fürchte ich, dass solche oder ähnliche Projekte wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden könnten. Wir erleben, dass der Krieg wieder zu einem "normalen" Mittel der Politik wird. So stehen sich in der Ukraine noch immer waffenstarrende Kontingente nach einem blutigen Waffengang gegenüber und Europäische Union und NATO benutzen diesen Konflikt nach wie vor dazu, ihre Positionen in Osteuropa zu verstärken. Der Aufbau einer Elitetruppe unter der Bezeichnung NATO-Speerspitze an den Ostgrenzen des Bündnisses ist hierfür nur ein Beleg. Zugleich stehen 2.500 deutsche Soldaten zurzeit in 14 Auslandseinsätzen an vielen Orten der Welt. In jedem Krieg entstehen Not und Leid, während deutsche Firmen durch die Produktion und den Export von Kriegswaffen noch immer ungeheure Gewinne realisieren.

Ein großes Geschäft, welches täglich Krieg und Tod bringt

Am Beginn der Ostermarschbewegung stand die Einsicht, dass jeder Krieg ein Verbrechen an der Menschheit ist. Das Ziel der OstermarschiererInnen war und ist es deshalb, an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten. Dieser Konsens ist auch Verpflichtung für die DIE LINKE. Aus diesem Grund unterstütze auch ich den "Bremer Aufruf zum Ostermarsch 2015 – Gegen jeden Krieg! Gemeinsam für Frieden und eine neue Entspannungspolitik". Dabei sehe ich natürlich die besondere Verantwortung der Bremer Friedensbewegung, denn Bremer Rüstungsbetriebe leisten vor allem mit Satelliten und Drohnen, mit Elektronik für Marine und Heer, durch Schiff- und Flugzeugbau einen beachtlichen Beitrag zur Entwicklung der weltweiten Interventionsfähigkeit der Bundeswehr. Des Weiteren wird über die Bremer Häfen ein großer Teil der deutschen Rüstungsexporte verschifft (im Zeitraum zwischen 2011 und 2012 täglich rund 33 Tonnen und 2013 pro Tag 41 Tonnen). Das ist ein großes Geschäft, welches täglich Krieg und Tod weit ab von Bremen bringt.

Besonders bedrohlich sehe ich auch das jüngste Vorhaben von Merkel und Hollande die Entwicklung einer europäischen Drohne, welche zur "Grenzsicherung" genutzt werden soll und Waffen tragen kann. Hier sehe ich eine Bedrohung für all die Menschen, die aus welchen Gründen auch immer ihr Land verlassen müssen oder wollen. Dies gibt mir Anlass, darauf hinzuweisen, dass wir Friedensbewegten nur mit einer klaren Abgrenzung nach rechts eine friedliche und somit menschenwürdige Welt erreichen können. Jegliche Art von Fremdenfeindlichkeit spielt der Rüstungsindustrie in die Hände und schafft den Vorwand für noch mehr Abschottungsmechanismen.

Deshalb ist die Teilnahme am Ostermarsch wichtiger denn je!

Auch Ich nehme dieses Jahr wieder am Ostermarsch teil, obwohl ich lieber gehe als "marschiere". Ich bin der Überzeugung, dass wir mit der Entmilitarisierung unsere Sprache auch einen kleinen, aber nicht unwichtigen Beitrag leisten können.


linksfraktion.de, 2. April 2015