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Rüstungsindustrie greift Steuergelder wie im Selbstbedienungsladen ab

Nachricht von Alexander S. Neu,

Das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) versenkt schon seit Jahren gigantische Summen in Rüstungsprojekten. Schwarz auf weiß liegen der Fraktion DIE LINKE einige dieser Zahlen nun als Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vor, die von unserem Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu initiiert wurde.

Das Verteidigungsministerium hat eine Vielzahl von großen Rüstungsprojekten auf den Weg gebracht. Die Kosten dafür laufen regelmäßig aus dem Ruder. Die Kleine Anfrage der Linksfraktion zielt darauf ab, beispielhaft anhand von neun Projekten offenzulegen, dass die Rüstungsindustrie Steuergelder wie in einem Selbstbedienungsladen abgreift. Die Regierung als Treuhänderin unserer Steuergelder setzt den Rüstungsunternehmen nichts entgegen: Nicht nur, dass überhaupt Steuergeld in das Geschäft mit Kriegswaffen investiert wird – das BMVg verschenkt riesige Summen, weil es die Rüstungsindustrie nicht zur Vertragstreue zwingt. Preissteigerungen in laufenden Projekten werden akzeptiert, Verzögerungen hingenommen, und von Vertragsstrafen wird kaum Gebrauch gemacht.

Am Parlament vorbei 55 Millionen gezahlt

Dazu Alexander Neu: "Der leichtsinnige Umgang mit Steuergeldern erreicht im rüstungspolitischen Bereich eine skandalöse Größenordnung. Ministerin von der Leyen wird das BMVg vollständig vom Kopf auf die Füße stellen müssen, um nicht selbst über einen Rüstungsskandal ins Stolpern zu geraten. Im Verteidigungsministerium wird sie sich bei der Aufarbeitung der Rüstungsskandale nicht nur Freunde machen. Ein erstes Bauernopfer wurde der von Thomas de Maizière hinterlassene beamtete Staatssekretär Stephane Beemelmans, der am vergangenen Mittwoch die Verantwortung dafür übernehmen musste, dass der Rüstungsindustrie am Parlament vorbei Ausgleichszahlungen in Höhe von 55 Millionen Euro für den Eurofighter zuflossen."

Das mittlerweile bekannteste Beispiel für die Kostenexplosionen im Bereich der Rüstungspolitik ist das Drohnenprojekt Euro Hawk, für das im vergangenen Jahr sogar ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden musste. Spitzenreiter unter den jetzt beim BMVg abgefragten Rüstungsvorhaben ist aber der Eurofighter. Die 1987 festgelegte Kostenobergrenze von 2,9 Milliarden Euro hatte sich schon bis 1997 mehr als vervierfacht: auf 11,8 Milliarden Euro. Die Beschaffungskosten für jeden einzelnen Eurofighter beliefen sich damit auf über 65 Millionen Euro. Bis heute sind sie bereits auf 134 Millionen Euro pro Stück angestiegen, was bei 143 Flugzeugen über 19 Milliarden Euro ausmacht. Hinzu kommt: Die Industrie soll auch noch Ausgleichszahlungen von knapp einer Milliarde Euro erhalten, weil "nur" noch 143 statt der ursprünglich vorgesehenen 180 Kampfjets abgenommen werden sollen.

Waffenhersteller werden mit Samthandschuhen angefasst

Dieses Muster zieht sich bei allen Großwaffensystemen durch, um die es in der Kleinen Anfrage der Linksfraktion ging:

Die für die Beschaffungsprojekte ursprünglich veranschlagten Kosten liegen deutlich unter den tatsächlichen Kosten, die sich im Laufe der Projektumsetzung einstellen. Offensichtlich rechnen sich das Verteidigungsministerium und die Rüstungsindustrie die Kosten anfänglich schön. Mit der Projektumsetzung eskalieren die Kosten dann massiv, ohne dass ein effektiver Widerstand der Bundesregierung zu erkennen ist.

Die mit Vertragsabschluss ursprünglich vereinbarten Lieferfristen der Großwaffensysteme werden erheblich überschritten. Spitzenreiter, mit neun Jahren Lieferverzögerung, ist dabei der Hubschrauber NH 90. Die in den Verträgen mit dem Rüstungshersteller vereinbarten Vertragsstrafen sind bis heute noch nicht angewendet worden. Die fixierten Vertragsstrafen sind lächerlich gering im Vergleich zum Wert des Rüstungsprojektes.

Bundesregierungen sämtlicher Couleur verweigerten sich, die Rüstungsindustrie als Geschäftspartner hart anzugehen – Waffenhersteller werden mit Samthandschuhen angefasst. So werden Steuergelder verbrannt.

linksfraktion.de, 27. Februar 2014