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Ältere Frau hält Münzen in der Hand © iStockphoto.com/Rendery

»Rentenpaket mit Licht und viel Schatten«

Im Wortlaut von Matthias W. Birkwald, junge Welt,

Gesetzesentwurf bedeutet Rentenkürzung. Niedriglöhner profitieren nicht von Grundrente. Das Gespräch mit Matthias W. Birkwald führte für die junge Welt Gitta Düperthal.


Ein Gesetzentwurf der Ampel zur Rente liegt aktuell noch beim Bundeskabinett, um anschließend in die Lesung zu kommen. Wie ist der Entwurf angesichts steigender Energie- und Lebensmittelpreise zu werten?

Matthias W. Birkwald: Im Rentenpaket I der Ampel gibt es neben Licht – einer Rentenerhöhung in Westdeutschland zum 1. Juli um 5,35 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent – viel Schatten. Angesichts einer Inflationserwartung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, IMK, von 6,2 Prozent für 2022 wird im Geldbeutel der Rentnerinnen und Rentner davon nicht viel übrigbleiben. Zudem führt die Bundesregierung den seit 2018 ausgesetzten »Nachholfaktor« bei der Rentenanpassung wieder ein, was eine Rentenkürzung für die kommenden Jahre bedeuten wird. Deshalb wird die Rentenerhöhung im Juli 0,62 Prozentpunkte niedriger ausfallen als ohne Gesetzesänderung. Die Sozialverbände, die Gewerkschaften und Die Linke finden das falsch. Die Renten werden so von den Löhnen abgekoppelt und steigen nicht so schnell wie diese an. Seit 2003 wurde durch den Nachhaltigkeitsfaktor, der die Demografieentwicklung abbildet, siebenmal die Rente gekürzt. Das will die Ampel fortsetzen. Und sie wird aus dem Minimalrentenniveau von 48 Prozent ein maximales machen. Die Linke dagegen fordert eine Anhebung auf den Lebensstandard sichernde 53 Prozent. Das wäre eine zusätzliche Rentenerhöhung von knapp zehn Prozent und finanzierbar, wenn die Beschäftigten und die Arbeitgeber je ein Prozent des Bruttoeinkommens mehr an Beitrag in die Rentenversicherung einzahlten.

Die Linke hat kürzlich eine kleine Anfrage zur Altersarmut in Nordrhein-Westfalen gestellt. Was antwortete die Bundesregierung? 

Die Lage konzentriert sich dort wie im Brennglas. In den vergangenen Jahren führten das zu niedrige Rentenniveau, immer weniger tariflich geschützte Arbeitsplätze und mehr Niedriglohnjobs zu zunehmender Armut im Alter. Zu lange Erwerbsunterbrechungen wegen Krankheit, Erwerbslosigkeit, Sorgearbeit und Teilzeit verstärkten das noch. 2020 waren 16,4 Prozent der über 65-Jährigen in NRW arm, insbesondere chronisch Kranke und alleinstehende Frauen. 1,6 Millionen Frauen erhielten eine Rente von durchschnittlich nur 779 Euro.

Was ist aus der zunächst heftig umstrittenen und anschließend stolz präsentierten Grundrente der SPD geworden? Nach Recherche von junge Welt warnte die Rentenversicherung eine Neurentnerin bei telefonischer Nachfrage, sich keine Illusionen zu machen. Die vorgesehene maximale Zuzahlung von 418 Euro gebe es kaum, selbst wenn Betreffende mehr als 33 Jahre gearbeitet haben und nur etwa 700 Euro beziehen.

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