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Rassistischen Angriffen entschlossen entgegentreten

Im Wortlaut von Ulla Jelpke,

 

Von Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

Die Gewalt gegen Flüchtlingen und ihre Unterkünfte nehmen in erschreckendem Maße zu – das ist das Ergebnis der Antwort der Bundesregierung auf unsere regelmäßige Kleine Anfrage zu den Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte. Mit 202 Angriffen liegen die Zahlen im ersten Halbjahr 2015 schon über den Zahlen für das gesamte Jahr 2014 (198). 106 Angriffe waren es im ersten Quartal 2015, jetzt meldet die Bundesregierung 96 Angriffe. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass diese aktuelle Zahl noch weit höher liegt. Allein für das erste Quartal hatten die Zahlen durch Nachmeldungen um circa 50 Prozent zugenommen. Das ist auch für die jetzt vorgelegten Zahlen zu erwarten.

Mehr als verdoppelt (von sieben auf 15) haben sich die Brand- und Sprengstoffanschläge beziehungsweise Körperverletzungen gegen Flüchtlinge im letzten Quartal. Auch die Zahl der Verletzten durch solche Angriffe hat sich von drei auf sechs verdoppelt. Wurden bisher von den Rassistinnen und Rassisten vermehrt noch nicht bewohnte Unterkünfte in Brand gesetzt, so scheint die Schwelle zur Gewalt gegen Menschen immer weiter zu sinken.

Wenn Staat und Sicherheitsbehörden jetzt nicht entschieden gegensteuern und den rechten Terror massiv verfolgen, dann droht die Gefahr eines Rückfalls in die Zustände der frühen 1990er Jahre, als massenhaft Flüchtlingseinrichtungen brannten und Flüchtlingen verletzt und getötet wurden.

Alltäglicher rechter Terror

In Freiberg (Sachsen) wird in einem bewohnten Flüchtlingsheim eine Rohrbombe zur Explosion gebracht, im oberbayerischen Richtershofen wird eine geplante Flüchtlingsunterkunft abgefackelt, in Böhlen bei Leipzig werden Schüsse auf eine bewohnte Unterkunft abgegeben, in Brandenburg an der Havel zünden unbekannte vor der Eingangstür eine Flüchtlingsfamilie Brandbeschleuniger an, in Dresden werden Helfer des Roten Kreuzes beim Aufbau von Zelten für Flüchtlinge attackiert und in Rostock wird das Auto eines Stadtrats der LINKEN, der sich für die Flüchtlinge einsetzt, in die Luft gejagt. Diese Taten, die für hunderte andere stehen, müssen endlich als das bezeichnet und verfolgt werden, was sie sind: rassistisch motivierter rechter Terror!

Dieser Terror wird durch unsägliche Angst- und Panik-Debatten über nicht zu bewältigende Flüchtlingsströme nach Deutschland befeuert und legitimiert. Wegschauen, verharmlosen, Kleinreden – das war lange Zeit der bevorzugte Umgang in Teilen der Union mit diesem Rassismus, zum Beispiel in Sachsen, wo ein Schwerpunkt der Angriffe zu verzeichnen ist. Während Sachsen Ministerpräsident Tillich lieber mit Pegidaleuten redet und Hessens Ministerpräsident Bouffier den Flüchtlingen das minimale Taschengeld streichen will, macht sich die extreme Rechte diese Haltung zu Nutze und präsentiert sich als konsequente Vollstreckerin dessen, was eine schweigende Mehrheit angeblich will. Auf Naziseiten im Netz fanden sich Karten mit Orten geplanter Flüchtlingsheime, verbunden mit der indirekten Aufforderung, hier aktiv zu werden. Die schon häufig totgesagte NPD inszeniert sich als Anwältin der besorgten Bürgerinnen und Bürger und der von Thilo Sarrazin legitimierte Rassismus in der bürgerlichen Mitte tobt sich in diversen Facebookgruppen aus. Schon einmal hat eine solche Stimmung für eine Minderheit von Nazis den Weg in den Rechtsterrorismus geebnet. Ergebnis war der NSU und eine rassistische Mord- und Anschlagsserie.

linksfraktion.de, 3. August 2015