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Ostdeutschland - Die alte Frage nach den neuen Chancen

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Anhörung der Fraktion DIE LINKE zu Situation und Perspektiven der neuen Bundesländer

Das Thema Ostdeutschland ist aus der Mode gekommen: In der Bundespolitik spielen die Belange der neuen Länder nur noch eine Rolle, wenn es um Rechtsextremismus oder Finanztransfers geht. Die Fraktion DIE LINKE lud deshalb am 16. November 2007 zu einer Anhörung ein unter dem Titel "Die alten Fragen nach den neuen Chancen". 18 Jahre nach dem Ende der DDR galt es, Bilanz zu ziehen und nach den Perspektiven zu fragen.

Auch wenn die Linkspartei sich als gesamtdeutsche Partei versteht, bleibt sie die einzige, die sich konsequent für die Interessen der Ostdeutschen einsetze. Das betonte Siegfried Mechler vom Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden e.V. auf der Anhörung. Gregor Gysi unterstrich in seinem Grußwort an die rund 150 Gäste, die in den Europasaal im Paul-Löbe-Haus gekommen waren, dass es auch fast zwei Jahrzehnte nach -- wie er betonte -- dem Beitritt der DDR zur BRD noch keine Gleichberechtigung, geschweige denn eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gebe, wie das Grundgesetz vorschreibe.

Die Sachverständigen aus Wissenschaft, Verbänden und der Bundesagentur für Arbeit berichteten von den immer noch gravierenden Problemen hoher Arbeitslosigkeit und zunehmender sozialer Schieflage. So schätzte Frank-J. Weise, der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, dass sich das Problem Arbeitslosigkeit im Osten auch durch die demographische Entwicklung nicht lösen werde. Zwar sei die Arbeitslosigkeit auch in den neuen Ländern durch die derzeit gute Konjunktur etwas zurückgegangen, doch langfristig werde die Entwicklung wenn überhaupt dann nur in den so genannten "Clustern" -- also den wirtschaftlichen und industriellen Zentren Ostdeutschlands - vorankommen. Professor Udo Ludwig vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle zeichnete ein düsteres Szenario: Da es dem Osten nicht gelungen sei, Industrie und Großbetriebe anzusiedeln, vergrößere sich der Abstand zwischen der Erwerbstätigendichte in Ost und West stetig. Einzig die geringeren Lohnstückkosten - sprich die niedrigeren Einkommen der Arbeitnehmer -- seien ein Standortvorteil für den Osten.
Ob das aber im gesellschaftlichen Sinne ein Vorteil sei, dass im Osten niedrigere Löhne gezahlt würden, bezweifelten viele Teilnehmer. In der Diskussion wurde Kritik an der Niedriglohnstrategie und den unzureichenden Eingliederungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose laut.
Einen positiven Ausblick gab Heinrich Bartelt vom Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). Mit der großflächigen Versorgung ostdeutscher Regionen mit Erneuerbaren Energien will er Arbeitsplätze und Unabhängigkeit schaffen. Durch den Bau von Windrädern, Solar- und Biogasanlagen soll das Kapital in der Region gehalten und tausenden Menschen eine Perspektive gegeben werden. Schon heute gebe es in der Branche Fachkräftemangel. Ein positives Beispiel sei die Modellregion Harz: Dort gebe es mittlerweile riesige Windparks auf dem modernsten Stand der Technik -- kein Wunder also, dass Sachsen Anhalt mittlerweile einer der Weltmarktführer in der Windenergiebranche ist.
Stellvertretend für die Fraktion DIE LINKE sprach sich Roland Claus am Ende der Anhörung dafür aus, die Chancen in den neuen Bundesländern wahrzunehmen und die Diskriminierung zwischen Ost und West endlich abzubauen. "Wer den Osten für erledigt erklärt, nutzt die Chancen nicht und sieht auch die Gefahren nicht", betonte Claus.

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