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Offener Brief von Klaus Ernst an Campact e.V.

Im Wortlaut von Klaus Ernst,

 

Angesichts der jüngsten Angriffe aus der SPD und insbesondere der CDU möchte ich euch explizit meine Hochachtung für eure verdienstvolle Tätigkeit ausdrücken. Ohne eure Hilfe hätte es am 10. Oktober eine so große und breite Demonstration gegen die Freihandelsabkommen in Berlin nicht gegeben. Es ist klar, dass die Befürworter der Abkommen, die weitgehend geheim verhandelt werden, Transparenz, Aufklärung und Bürgerbeteiligung scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Wissen die Bürger, welche Lobbyinteressen hinter ihrem Rücken und vermeintlich zu ihren Gunsten verhandelt werden, sind die Abkommen in einer Demokratie nicht so leicht durchsetzbar. Da auch die Befürworter der Abkommen diese Erkenntnis nicht verdrängen können, schlagen sie um sich und versuchen die Aufklärer zu diskreditieren. So der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Dr. Joachim Pfeiffer, der bereits im Vorfeld der Demonstration durch seine Ausfälle u.a. auch gegen euch auffällig wurde. Und auch das sozialdemokratische Nachwuchstalent Dirk Wiese meint, sich mit erhobenem Finger äußern zu müssen. Kollege Dr. Pfeiffer bedroht euch indirekt mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit. Zumindest möchte er diese Frage überprüfen lassen. Spätestens, seit dem Attac Deutschland die Gemeinnützigkeit entzogen wurde, wissen wir, dass die Gemeinnützigkeit als Waffe gegen den politischen Gegner eingesetzt wird. Aber vielleicht sollte man den Ball vom Kollegen Dr. Pfeiffer auffangen und der Frage der Gemeinnützigkeit mal nachgehen.

Seit Jahren tarnt sich das "Who is who" der deutschen Rüstungsindustrie über gemeinnützige Vereine wie etwa die Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT), die Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP), den Förderkreis Deutsches Heer (FKH). Unter dem Mantel der Gemeinwohlorientierung wird hier die Melange von Politik und Geschäft steuerlich begünstigt, antichambrieren die Lieferanten von Kriegsgerät mit den politischen Mandatsträgern, die die Haushaltsmittel zum Kauf flüssig machen und Regierungsvertretern, die den Einkauf tätigen. In den meisten Vereinen sind natürlich auch die Fraktionskollegen von Dr. Pfeiffer und Wiese gern gesehene und anerkannte Mitglieder. Die Regierung selbst begünstigt die Anbahnungszirkel für Geschäftsabschlüsse über Steuerbefreiung und auch über direkte Förderung und ist z. T. auch direkt Vereinsmitglied. Der Sitz der gemeinnützigen Kriegswaffenlobbyisten und -hersteller ist Bonn. Als Lobbyverein für die Rüstungsindustrie wirkt laut Spiegel 43/2015 ebenfalls die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), auch sie gefördert von der Bundesregierung und auch hier vertreten sind zahlreiche Abgeordnete.

Sehr hübsch ist auch die Konstruktion der gemeinnützigen Stiftung „Familienunternehmen“ mit Sitz in Stuttgart und Berliner Büro fußläufig zum Bundestag (Siehe Stuttgarter Zeitung, 31.8.15, Seite Drei). Die Stiftung führt eine Kampagne gegen die Erbschaftssteuer. Für diese gemeinwohlorientierte Bildungsarbeit erhält sie eine Steuerbefreiung und stellt Spendenbescheinigungen an Unternehmen über ihre großzügigen  Förderbeiträge aus. Der stellvertretende Fraktionschef der CDU/CSU im Bundestag, Dr. Hans Peter Friedrich, ist dort Kuratoriumsmitglied. Für den  ehemaligen Bundesminister scheint es also durchaus stimmig und rechtens zu sein, wenn der Staat den Verzicht auf eine gerechte Besteuerungen von finanzstarken Erben und damit massive Steuerausfälle und leere öffentliche Kassen  auch noch subventioniert. Vom Kollegen Dr. Pfeiffer und seiner CDU/CSU bliebe dann noch schlüssig zu belegen, warum das Werben um mehr öffentliche Armut und die Steuerbegünstigung eines kleinen Kreises von Vermögenden dem Gemeinwohl aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland dienen soll. Aber dieser Frage wollte er ja eh nachgehen…


Solidarische Grüße und weiter so!

Klaus Ernst