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„Occupy Frankfurt“: 17. Oktober 2011, nachmittags

Nachricht von Sabine Leidig,

Sabine Leidig war auch gestern beim "Occupy-Camp" in Frankfurt und berichtet von ihren Erlebnissen. Die Zelte dürfen erstmal bis zum Ende der Woche stehen bleiben. Die ehemalige Geschäftsführerin von Attac trifft viele Bekannte. Ufuk kennt sie schon von »Wir zahlen nicht für Eure Krise«. »Sein Vater ist auch mitgekommen. Wir reden über die schlimmen Zustände in der Firma, in der er arbeitet, wo 700 fest angestellt sind und 400 in Leiharbeit. Da wurzelt die ganze Misere, sagt er und dass wir öfter mal vor den Betrieben Infos verteilen und mit den Leuten reden sollen.«  

  Sabine Leidig beim Occupy-Camp in Frankfurt

Ihr Bericht:

"Zum Glück ist die Projektgruppe der Enquête-Kommission heute ausgefallen, so dass ich erst mit dem späten Sprinter nach Berlin fahren muss. Kann also nach Schreibarbeit noch zur EZB radeln. Fix beim Biomarkt vorbei und einen Stapel fair gehandelte Schokoladentafeln als Mitbringsel eingekauft…

Die Stimmung unterm Eurozeichen ist ruhig, offen und bunt. Knapp 50 Zelte stehen da und Leinen mit Zeitungsartikeln, Meinungszetteln usw. Passanten bleiben stehen, lesen Plakate und gucken zustimmend. Ich trage mich in die Gästebuchtafel ein. Nachdem ich „erkannt“ bin (von einem jungen Genossen, der im Verpflegungsstand hilft), werde ich mit Alexander bekannt gemacht, einem Auszubildenden Systeminformatiker, der Urlaub genommen hat und jetzt Finanzverantwortlicher ist. Während wir reden, klingelt das Handy – er ist ein bisschen im Stress, denn sowas macht er zum ersten Mal. Sie brauchen Unterstützung, um die Dixiklos zu finanzieren, die für die erste Woche rund 1.500 € kosten. Da kann bestimmt unser Fraktionsverein helfen. Dann kommt Benny, ein Student für IT-Recht, der tagsüber organisatorische Jobs macht, aber zu Hause schlafen muss, weil er Internet, TV und Wasserbett braucht. Ja, er ist schon länger dabei „schon bei der Kundgebung am Rathenau-Platz am Samstag“. Und ob ich denn mit NEIN gestimmt hätte? Aber ja! Alle Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE haben gegen diese „Euro-Rettung“ gestimmt. Ach ja? Er glaubt, meinen Namen schon mal gelesen zu haben. Ob ich denn über mich googeln würde?

Etwa 150 Menschen „wohnen“ bisher hier – heute sind 10 Zelte dazu gekommen. Und tagsüber fanden sich gestern rund 500 ein. Die Nachbarn sind freundlich, die Polizei hat sogar einen Feuerkessel erlaubt (abends wird es empfindlich kalt). Heizpilze wäre prima! Eine Bäckerei spendet Brot vom Vortag und morgens bringt jemand Brötchen und Kaffee. Auch ein Router für WLAN ist dem Camp gestiftet worden und die GLS-Bank lädt zum Duschen ein.

Bis zum 29.10. ist die Genehmigung für dieses Occupy-Camp verlängert worden – mit Unterbrechung am nächsten Samstag, weil die Freien Wähler hier eine Kundgebung angemeldet haben und den Platz auf keinen Fall teilen wollen.

Ein größeres Zelt für 10 bis 20 Leute für die Pressebesprechungen könnten sie brauchen. Habt ihr bei den Jugendverbänden gefragt? Nein, aber mal sehen…

Dann treffe ich noch zwei Attacies, eine SDAJ-Genossin und Ufuk, der mich anspricht, weil er mich kennt von „Wir zahlen nicht für eure Krise“ und ein Facebookfreund ist. Sein Vater ist auch mitgekommen. Wir reden über die schlimmen Zustände in der Firma, in der er arbeitet, wo 700 fest angestellt sind und 400 in Leiharbeit. Da wurzelt die ganze Misere, sagt er und dass wir öfter mal vor den Betrieben Infos verteilen und mit den Leuten reden sollen.

Es sind auch Kameraleute und Journalisten da, die zeigen wollen wie „sowas im Internet entsteht“. Um 19.30 ist Vollversammlung – auch für Gäste – aber da kann ich leider nicht mehr dabei sein."