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Noch viel Sand im Getriebe

Im Wortlaut von Katrin Kunert,

Wie in jedem Jahr sind die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE während der so genannten Parlamentarischen Sommerpause viel in ihren Wahlkreisen unterwegs. Vor Ort nehmen sie sich der Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger an, besuchen Betriebe und Vereine, engagieren sich für lokale und regionale Anliegen. Auf linksfraktion.de schreiben die Parlamentarierinnen und Parlamentarier über ihren Sommer im Wahlkreis.

Eigentlich heißt es in Berlin immer: Für die Kommunen sind die Länder zuständig. Aber in meinem Berliner Büro bekomme ich ebenso wie meine Mandatskollegen eine Menge Post von Bürgermeistern und Kommunalpolitikern. Da ich außerdem noch Mitglied des Stendaler Stadtrates und des Kreistages bin, weiß ich genau um die Probleme vor Ort und kümmere mich darum.

Deshalb interessierte mich auch, wie sich die Situation nach der Gemeindegebietsreform in Sachsen-Anhalt für die neue gegründeten Verbands- bzw. Einheitsgemeinden darstellt. Gemeinsam mit meiner Kollegin Dr. Helga Paschke, Landtagsabgeordnete aus Sachsen-Anhalt, nutzten wir unsere traditionelle Sommertour vom 12. bis 23. Juli, um in Seehausen/Altmark, Goldbeck, Bismark, Tangermünde, Schönhausen und Klötze nachzufragen.

So richtig glücklich sind die meisten der Besuchten nicht. Vor allem bringe die Reform nicht die erhofften Einsparungen. Richtig frustriert sind die Kommunalpolitiker in Seehausen. Sie befürchten, das durch die fehlenden finanziellen Mittel das kulturelle Leben in den Kommunen den Bach hinunter geht. Nicht viel anders sieht es in Goldbeck aus. Dem Bürger, so erfuhren wir, sei es letztlich egal ob er in einer Verwaltungsgemeinschaft oder Verbandsgemeinde lebe. Er will sein Anliegen in guten Händen wissen. Jetzt gilt es zunächst einmal, einheitliche Strukturen zu schaffen - ob bei der Feuerwehr, den Kindereinrichtungen oder Schulen.

Auch in Bismark kann von weniger Arbeit und Aufwand keine Rede sein. Hier führten die in den Gebietsänderungsverträgen festgeschriebenen unterschiedlichen Hebesätze bei der Grundsteuer, die auf die Dauer von zehn Jahren festgeschrieben sind, zu erheblichen Diskussionen.

Nicht nur Stühle rücken heißt es zukünftig im Stadtrat von Tangermünde. Geht es nämlich nach dem Willen der rot-schwarzen Koalition in Magdeburg, haben die Bürgermeister der nach der Gebietsreform hinzugekommenen Ortsteile ein Stimmrecht im Tangermünder Rathaus . Bislang durften die Bürgermeister die Tangermünder Ratssitzungen lediglich verfolgen - ohne Stimmrecht. Das passt dem Bürgermeister Dr. Rudolf Opitz und dem Stadtrat ganz und gar nicht. Deshalb hat der Stadtrat beschlossen, eine Verfassungsbeschwerde gegen das 2. Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform in Sachsen-Anhalt einzureichen. So wird in den nächsten Tagen wohl ein Brief aus Tangermünde in Magdeburg eintreffen.

Doch nicht nur klagen wollten die Rathauschefs. So seien in den Verträgen vorgesehene Investitionsmaßnahmen festgeschrieben worden, etwa bei der Feuerwehr oder im Straßenbau. Und der Erhalt der Dorfgemeinschaftshäuser und die Vereinsförderung scheinen gesichert.

Fazit unserer Tour: Das Ziel der Reform, die gemeindliche Leistungsfähigkeit zu stärken und die öffentliche Daseinsvorsorge zu sichern, wird aus heutiger Sicht nicht erreicht werden. DIE LINKE hat in der Debatte um die Gebietsreform immer darauf verwiesen, die Freiwilligkeit beim Zusammenschluss und somit die Belange der Gemeinden und deren Bürgerinnen und Bürgern stärker im Gesetzgebungsprozess zu berücksichtigen. Was uns jetzt wohl ins Haus steht, sind jahrelange juristische Auseinandersetzungen im Land, die ein wirkliches Zusammenwachsen in den neuen kommunalen Gebilden lähmt.

Von Katrin Kunert

linksfraktion.de, 25. Juli 2010

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