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Eine Bäuerin und ein Bauer vor einem Traktor mit Pflug auf einem umgepflügten © FeldiStock/fotokostic

Neues Agrarleitbild für zukunftsfähige Landwirtschaft

Nachricht von Kirsten Tackmann,

Nicht erst seit den Bauerndemos der letzten Wochen wissen wir, dass die Agrarpolitik in der EU und im Bund die Landwirtschaft in eine gefährliche Sackgasse gefahren hat. Die strategische Ausrichtung der Landwirtschaft auf möglichst billige Rohstofflieferung für den globalisierten Weltagrarmarkt hat verheerende Folgen für Mensch und Natur. Die Agrarbetriebe zahlen zu oft die Zeche für diese falsche Agrarstrategie und erarbeiten zudem die Profite der international agierenden Konzerne im vor- und nachgelagerten Bereich (Saatgut-, Pestizidhersteller, groß Molkereien, Schlachtkonzerne, Transport, Vermarktung und der Lebensmitteleinzelhandel), die ihren Reichtum auf unser aller Kosten vermehren. Das hat auch die Antwort der Bundesregierung (PDF) auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE nochmal bestätigt. Die Agrarbetriebe brauchen jetzt keine Lippenbekenntnisse der Bundesregierung im Rahmen eines Agrargipfels, sondern es müssen Taten folgen.

Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

  • Ein Agrarleitbild gemeinsam mit Landwirtinnen und Landwirten, Verbänden, Verbrauchern und den Bundesländern im Rahmen eines Dialogforums zu erstellen, als Grundlage für einen echten Wandel in der Agrarpolitik;
  • Die Landwirtschaft als Primärerzeuger so zu stärken, dass die Wertschöpfung in der Lieferkette fairer verteilt wird und die Agrarbetriebe nicht länger das gesamte betriebswirtschaftliche Risiko in der Wertschöpfungskette tragen müssen. Aktuell macht die Landwirtschaft mit 13,6% den kleinsten Teil der Wertschöpfung in der Lebensmittelkette aus während der nachgelagerte Bereich über 86 Prozent abschöpft;
  • Mit einem gemeinwohlorientierten Kartellrecht die Marktmacht von Verarbeitungs- und Lebensmitteleinzelhandelskonzerne so zu beschränken, dass Erzeugerpreise die Kosten für eine nachhaltige Produktion abdecken;
  • Dumping- und Sonderangebote mit Lebensmitteln zu unterbinden;
  • Die EU-Agrarsubventionen konsequent an Gemeinwohlkriterien zu knüpfen die sowohl sozial, ökologisch und tiergerecht sind;
  • Endlich Transparenz auf dem land- und forstwirtschaftlichen Bodenmarkt zu schaffen und landwirtschaftsfremde Investorennetzwerke vom Bodenmarkt und von der Agrarförderung auszuschließen;
  • Die Lücken in den Haltungsnormen im Tierschutzrecht endlich zu schließen (Ferkelkastration, Kükentöten, Kastenstand, Tiertransporte) um langfristige Rechtssicherheit für tierhaltende Betriebe zu schaffen;
  • Regionale Ernährungssystem zu stärken um die Versorgung der Bevölkerung mit nachhaltig erzeugten Nahrungsmitteln aus der Region zu sichern und die ländlichen Regionen zu stärken;

Hintergrund:

Um das gesamte Ausmaß der aktuellen Situation deutlich zu machen, hat die Fraktion DIE LINKE eine Kleine Anfrage (PDF) an die Bundesregierung gestellt zur Stellung von Landwirtinnen und Landwirten in der Lebensmittelkette. Es zeigt sich, dass Landwirtschaft als Primärerzeugerin den kleinsten Teil der Bruttowertschöpfung in der Lebensmittelkette mit durchschnittlich 13,6 Prozent ausmacht, während der nachgelagerte Wirtschaftsbereich im Durchschnitt über 86 Prozent abschöpft. Bei Brot(-getreide) gehen nur durchschnittlich 3-6 Prozent des Verkaufspreises (also von uns Verbraucherinnen und Verbraucher) an den Primärerzeuger. Bei Fleisch(-waren) sind es 21-26 Prozent. Da stellt sich die berechtigte Frage wo der Rest des Geldes hingeht. Es ist also mitnichten so, dass Landbewirtschafter_innen sich mit den Erzeugerpreisen und trotz aktuellen EU-Subventionen die Gummistiefel vergolden lassen. Die großen Gewinne machen andere - egal ob es sich um günstige Lebensmittel aus dem Discounter oder teure Lebensmittel aus dem Feinkostladen handelt. Die Antwort bestätigt auch den Verdacht, dass die Kosten der Lebensmittelverschwendung bereits in die Verbraucherpreise mit einkalkuliert sind. Deswegen kostet dem Lebensmitteleinzelhandel das Wegwerfen von Waren auch nichts. Das Verheerende: Die Bundesregierung kennt die Zahlen, die im Übrigen auch nicht neu sind. Auch das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der LINKEN.