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Nachruf auf eine schwäbische Hausfrau

Kolumne von Gesine Lötzsch,

Von Gesine Lötzsch, haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag




Wenn es um sparsames Haushalten geht, hat sich die Kanzlerin die schwäbische Hausfrau zum Vorbild genommen. Jetzt ist die schwäbische Hausfrau tot. Die Koalition hat sie auf dem Gewissen.

Sparen ist für die Regierung vor der Bundestagswahl zu einem Fremdwort geworden.  Verkehrsminister Ramsauer hat für den Bayern-Wahlkampf 2013 einen Bonus von 750 Millionen Euro bekommen. Das ist für mich illegale Parteienfinanzierung. Das betrifft auch das unsinnige Betreuungsgeld für Herrn Seehofer. Das kostet alle Steuerzahler ab 2014 1,2 Milliarden Euro jedes Jahr. Damit werden die Bundesländer und Kommunen belohnt, die den Kita-Ausbau nicht vorangetrieben haben. Das Betreuungsgeld ist ein klassisches Beispiel eines finanziellen Fehlanreizes. Die 1,2 Milliarden Euro werden fast vollständig in die alten Länder fließen. Ostdeutschland bekommt keine Ausgleichszahlung oder einen Bonus für die gute Ausstattung mit Krippenplätzen. Wo ist denn da die angebliche Leistungsgesellschaft? Warum werden Kommunen, die lieber Straßen als Kitas bauen, belohnt und Kommunen, die in Kitas investiert haben bestraft?

DIE LINKE hat viele Vorschläge gemacht, wo im Haushalt 2013 gespart werden kann. Besonders im Rüstungsbereich lassen sich Milliarden einsparen, ohne die Sicherheit der Bürger zu gefährden. Die Auslandseinsätze kosten schon jetzt 1 Milliarde Euro im Jahr. Die Bundeswehrreform ist ein Fass ohne Boden. Die im Sparpaket der Bundesregierung formulierten Ziele für die Bundeswehr wurden nicht im Ansatz erreicht. Im Gegenteil, der Verteidigungsminister will immer mehr Geld haben. Leider wurden alle unsere Vorschläge zur Reduzierung der Kriegskosten von der Koalition abgelehnt.

Die Bundesregierung ist auch nicht bereit, ungerechte Subventionen für Unternehmen abzubauen. Gerade wurde dem Bundestag ein "Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes" von der Bundesregierung vorgelegt. Dieses Gesetz beendet nicht die Subventionierung von Unternehmen, sondern fördert sie noch. Dem Bundeshaushalt gehen durch die Energiesteuersubvention der Industrie 3,3 Milliarden Euro pro Jahr verloren.

Die Koalition hat die Zeichen der Zeit immer noch nicht erkannt. Selbst die Deutsche Bank geht im aktuellen Konjunkturbericht von einem Stillstand der Wirtschaft im Winterhalbjahr aus. Wir fordern Vorsorge zu treffen. Eine vorausschauende Politik muss zumindest den Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit wieder einführen, um ausreichend Kurzarbeitergeld zahlen zu können.  Wir haben dazu einen Antrag eingebracht. Sechs Milliarden Euro soll die Bundesagentur erhalten. Ich will daran erinnern, dass die Mehrwertsteuererhöhung 2005 auch damit begründet wurde, dass ein Prozentpunkt der Mehrwertsteuererhöhung der Bundesagentur zufließen soll, um Arbeitslosigkeit aktiv bekämpfen zu können. Das sind immerhin zwischen sechs bis zehn Milliarden Euro pro Jahr. Von der damaligen Begründung der Mehrwertsteuererhöhung will der Finanzminister heute nichts mehr wissen. Er saniert den Bundeshaushalt auf Kosten der Arbeitslosenversicherung.

Für die Bundesregierung ist offensichtlich auch Vorsorge ein Fremdwort. Der Gesundheitsfonds soll 0,5 Milliarden Euro weniger bekommen.  2014 – nach der Bundestagswahl – soll der Zuschuss um zwei Milliarden Euro gekürzt werden. Das ist eine eindeutige Verschiebung wegen des Wahlkampfes. Nach der Wahl werden die Bürgerinnen und Bürger mit hohen Zusatzbeiträgen zur Kasse gebeten.

Eine vorausschauende Politik muss ein finanzielles Polster anlegen. Wir fordern unter anderem eine Vermögenssteuer in Form einer Millionärssteuer, eine Finanztransaktionssteuer und einen höheren Spitzensteuersatz auf hohe Einkommen. DIE LINKE hat zahlreiche Änderungsanträge eingebracht, die alle nur ein Ziel verfolgen: einen Rettungsschirm für Arbeitnehmer, Familien, Rentner und Arbeitslose aufzuspannen. Mit unseren Steuervorschlägen könnten wir 61 Milliarden Euro pro Jahr mehr einnehmen. Dieses Geld brauchen wir dringend, um auf die kommende Krise vorbereitet zu sein.

Dieser kritische Nachruf auf die schwäbische Hausfrau zeigt, dass sie gar nicht so sparsam war, wie von der Kanzlerin behauptet. Wenn es um Kürzungen im Sozialbereich ging, war die Sparsamkeit legendär. Wenn es aber um Rüstungsaufträge oder Wahlgeschenke für Unternehmen ging, neigte die schwäbische Hausfrau zur Verschwendung.

linksfraktion.de, 19. November 2012