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Mittendrin und doch am Rand?

Nachricht,

Ein Gespräch über DIE LINKE nach den Landtagswahlen in „3 zwei eins“, ein Talk mit Format.

 

Von Gisela Zimmer

 

Eingeladen zum Revival der Talkshow "3 zwei eins" in der Berliner Kalkscheune hatte Luc Jochimsen, selbst einst Politikerin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Journalistin, Buchautorin und von Januar 1994 bis Ende März 2001 Chefredakteurin des Hessischen Rundfunks. Als solche hatte sie die Politiksendung „3 zwei eins“ erfunden. Eine Talk der besonderen Art: drei Moderatoren, zwei Gäste, ein Thema – und das wurde eine Stunde lang von vielen Seiten beleuchtet, hinterfragt, debattiert.

Dieser Talk mit Format erlebte am Dienstagabend dieser Woche in der Kalkscheune in Berlin-Mitte eine Wiederauflage – fast auf den Tag genau 15 Jahre nach seiner Einstellung und zwei Tage nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachen-Anhalt und Rheinland-Pfalz. Das Wahlergebnis – so die einhellige Meinung – ein „Desaster“. Dabei hatten die Demoskopen eine Rechtswende der Gesellschaft vorausgesagt. Brisanter und aktueller konnte das Thema somit nicht sein. Die drei Moderatoren waren die von damals: Luc Jochimsen, immer noch „ stark linkslastig“, wie sie sich dem Publikum vorstellte, dazu Manfred Bissinger, Journalist und Verleger, und Hugo Müller-Vogg, ehemaliger Mitherausgeber der FAZ und heutiger Kolumnist der BILD-Zeitung.

Gemeinsam befragten sie die prominenten Gäste des Abends: Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, Fraktionsspitze der Linken im Bundestag. Wobei das „Befragen“ sich am Ende eher als eine Art gegenseitiges Verständigen und Verstehen des Wahlergebnisses herausstellte. Manfred Bissinger meinte, „der einzig positive Aspekt“ des Wahlsonntags sei der, dass „die Leute zur Urne gegangen sind“; trotzdem seien „schlechte Zeiten für alle Parteien“ angebrochen. Und Müller-Vogg grübelte darüber nach, „worüber er mehr entsetzt sein sollte. Über das Wahlergebnis oder die Interpretation danach?“ Denn er könne nicht sehen, wie von der CDU behauptet, „Merkel habe gesiegt“. Auch hätte noch „niemand seinen Arbeitsplatz verloren oder seine Wohnung räumen müssen wegen der Flüchtlinge“, woher kommen also diese „gefühlten Ängste“ in der Bevölkerung. Sahra Wagenknecht sieht eine Ursache im „Auseinanderklaffen der Gesellschaft“. Die Mittelschicht und die ärmere Bevölkerung „ahnen, dass sie die Zeche bezahlen müssen“. Es existiere „eine Angst vorm Abstieg“, Flüchtlinge werden als „Konkurrenz“ empfunden. „Die Wahlen haben Deutschland grundsätzlich verändert“, so Dietmar Bartsch, „rechtspopulistische Parteien in nunmehr vier Landesparlamenten“ (einschließlich Brandenburg AdR.) seien ein „Einschnitt“. DIE LINKE  wie auch alle anderen etablierten Parteien müssen wohl „aushalten“, dass der „Rechtsruck“ auch in Deutschland angekommen sei. Aushalten bedeute jedoch nicht hinnehmen, auch wenn es zur Zeit schwer sei mit „sozialen Themen“ zu punkten. Viele Wähler hätten am Wahlsonntag ja sogar gegen die eigenen Wünsche votiert: Beispiel Mindestlohn. Den will die AfD abschaffen. Aber programmatische Details wurden bis dahin weder von den Wählern noch von den Medien hinterfragt. Es ging, so Sahra Wagenknecht, darum „die da oben zu ärgern, und zwar alle.“ DIE LINKE einbegriffen. Die nimmt dieses Ärgern ernst, werde sich aber nicht anbiedern, schon gar nicht verbiegen und sich nicht in Wählerverurteilung verlieren. Was das Land und Europa braucht, sei „eine andere, aktive Krisenpolitik“, eine für die Menschen, dann gäbe es auch eine „solidarische Flüchtlingspolitik und Europa würde als Zukunftsprojekt nicht scheitern“, so das Plädoyer von Dietmar Bartsch zum Schluss. Dafür bekam er viel Beifall, auch wenn alle im Saal ahnen: Das ist der lange Weg der Vernunft und das „Einfache, das so schwer zu machen ist“.

linksfraktion.de, 16. März 2016