Zum Hauptinhalt springen

Mindestlohn bringt höhere Löhne und Impulse gegen die Krise

Im Wortlaut von Sabine Zimmermann,

Von Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Wieder steuert die Wirtschaft auf eine Krise zu. Drei Jahre nach dem Ausbruch der letzten großen Krise hat sich nicht viel verändert. Die Politik schnürt für die Banken Rettungspakete in Milliardenhöhe, während Millionen Menschen zu Armutslöhnen arbeiten. Ein Mindestlohn, der seinen Namen verdient, kann helfen. Er verbessert die Lage von Millionen Beschäftigten und stärkt die Binnennachfrage.

Immer mehr Menschen arbeiten für immer weniger Geld. 5,8 Millionen Menschen in der Bundesrepublik erhalten einen Stundenlohn unter 8,50 Euro. 2,2 Millionen erhalten für ihre Arbeit sogar weniger als 6 Euro in der Stunde. Bei einer normalen Vollzeitstelle lässt sich so kein armutsfreies Einkommen erzielen. Ein Mindestlohn muss und kann hier Abhilfe schaffen.

Wenig bekannt: Ein Mindestlohn kann auch einen beträchtlichen wirtschaftlichen Impuls auslösen. Eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung hat errechnet, dass ein Mindestlohn von 10 Euro - wie ihn DIE LINKE fordert - das Einkommen von 7,7 Millionen Menschen um insgesamt 26,4 Milliarden Euro erhöhen würde. Dieses Geld, was hauptsächlich in den Konsum ginge, würde die Binnennachfrage deutlich stärken. Bis zu 219 000 neue Arbeitsplätze könnten entstehen. Nicht berücksichtigt sind hier die indirekten Wirkungen. Denn eine untere Haltelinie würde helfen, den Druck auf das allgemeine Lohnniveau abzuschwächen und die Löhne der breiten Masse der Beschäftigten zu erhöhen. Hier gibt es in Deutschland einen enormen Nachholbedarf. Die Hartz-Reformen haben dazu geführt, dass die Realeinkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland in den letzten Jahren gesunken sind.

Ein Mindestlohn steigert auch den gesellschaftlichen Wohlstand. Eine Höhe von 10 Euro in der Stunde zugrunde gelegt, ständen den öffentlichen Kassen durch Steuermehreinnahmen und weniger Transferleistungen 13 Milliarden Euro mehr zur Verfügung - Geld, mit dem der Sozialstaat ausgebaut und staatliche Investitionen getätigt werden könnten. Auch das würde neue Arbeitsplätze schaffen.

Zusammen mit einer Neuordnung des Finanzsektors und staatlichen Investitionsprogrammen ist der Mindestlohn also eine richtige Antwort auf die Krise. Diese Antwort ist dringend notwendig. Vor einigen Tagen warnte die staatliche KfW-Bank in ihrer Konjunkturprognose: "Handfeste realwirtschaftliche Faktoren signalisieren ein Ende des deutschen Aufschwungs". Ohne eine "überzeugende Perspektive zur Kriseneindämmung" bis zum Frühjahr "dürfte sich der Teufelskreis aus fallendem Vertrauen, zunehmendem Attentismus und sinkender Nachfrage" verstärken. "Eine Rezession auch in Deutschland wird dann wahrscheinlich."

Ein Mindestlohn muss allerdings seinen Namen verdienen. Er muss flächendeckend für alle in Deutschland arbeitenden Menschen gelten. Und er muss Menschen, die Vollzeit arbeiten, ihre Existenz sichern und später eine armutsfeste Rente. Die CDU hat auf ihrem Parteitag in Leipzig einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn eine Absage erteilt. Sie will - wenn überhaupt - einen Flickenteppich von Armutslöhnen - also das, was wir heute auch schon haben. Im Vorfeld des Parteitages vergoss Kanzlerin Merkel öffentlichkeitswirksam Krokodilstränen über die Niedriglöhne in Deutschland, bremste dann aber als CDU-Vorsitzende eine Initiative des CDU-Arbeitnehmerflügels aus. Es ist auch diese Bundeskanzlerin, die in Europa Länder dazu nötigt, ihr Mindestlöhne zu kürzen oder aufzuweichen als Gegenleistung für Finanzhilfen in der Eurokrise.

Mit ihrer Blockadehaltung gegenüber einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn stellt sich CDU mit Merkel an der Spitze nicht nur gegen ein sozial einheitliches Europa, in dem es fast überall einen national einheitlichen Mindestlohn gibt. Sie spielt auch gefährlich mit dem Feuer, die Krise zu verschärfen. Vor allen Dingen aber ignoriert sie den Mehrheitswillen der deutschen Bevölkerung. Nach einer aktuellen Umfrage befürworten inzwischen 86 Prozent der Menschen einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, mehrheitlich auch die Anhänger der Union. DIE LINKE wird die Regierung hier nicht aus der Verantwortung entlassen. Zusammen mit Gewerkschaften und vielen anderen machen wir Druck, bis wir einen Mindestlohn haben, der seinen Namen verdient.

linksfraktion.de, 28. November 2011