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»Meckern ist gut, wählen ist besser«

Interview der Woche von Katja Kipping,

 

Katja Kipping, Mitglied der Bundestagsfraktion und Vorsitzende der Partei DIE LINKE, will weg von Merkels Austeritätspolitik, hin zu einem sozialen, gerechten, ökologischen, feministischen, friedlichen und weltoffenen Europa. Alexis Tsipras, Kandidat der Europäischen Linken, sieht sie nicht als Außenseiter beim Rennen um die Präsidentschaft der EU-Kommission.

 

Von Donnerstag bis Sonntag bestimmen knapp 400 Millionen Wahlberechtigte in den 28 EU-Mitgliedstaaten über die Zusammensetzung des Europaparlaments. Was erwarten die Menschen aktuell von der LINKEN in puncto Europa?

Katja Kipping: Unser Europawahlprogramm trägt ja den Titel »Europa geht anders: sozial, friedlich und demokratisch«. Entsprechend ist unser politisches Angebot: Weg von Merkels Austeritätspolitik, hin zu einem sozialen, gerechten, ökologischen, feministischen, friedlichen und weltoffenen Europa. Besonderes Augenmerk gilt dabei sicher unseren Vorschlägen zum Brechen der Bankenübermacht und zur Beendigung der Spardiktate, welche schwerpunktmäßig die südeuropäischen Länder sehr hart getroffen haben - und dort besonders Kinder, Ältere, Beschäftigte und kleine Selbständige. Wir haben ganz konkrete Alternativvorschläge, wie die Einführung eines europäischen Sozial- und Solidarsystems oder eine konsequente Besteuerung von Reichtum.

Sie wollen in Europa die Verhältnisse zum Tanzen bringen. Das klingt ambitioniert. Wofür ist dieses Europa denn bereit? Spanischer Flamenco, holländischer Holzschuhtanz oder doch eher ein gemächlicher Walzer?

Das würde ich jeder und jedem nach persönlicher Vorliebe überlassen. Aber ich sage es mal so: Die Hauptsache ist die Bewegung und zwar ausdauernd und in die richtige Richtung.

Im Schatten der Krise sind in vielen europäischen Ländern linke Parteien erstarkt. Die Linksfraktion im Europaparlament dürfte noch bunter werden.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit der Vereinigten Europäischen Linke/Nordische Grüne Linke die drittstärkste  Fraktion im Europäischen Parlament stellen werden. Dazu wird auch ein gutes Abschneiden der LINKEN bei der Europawahl am kommenden Sonntag beitragen. Und wenn weitere Fraktionsmitglieder aus Ländern hinzukommen, die bisher noch nicht in der Fraktion vertreten sind, so bringt das sicher auch manch neue Perspektive ein und kann dem Austausch nur förderlich sein.

Welche Schwerpunkte will DIE LINKE in der dann neugewählten Linksfraktion im Europaparlament setzen?

Sicher werden die Einführung eines Mindestlohns sowie einer sanktionsfreien Mindestsicherung und einer Mindestrente, die Armut auch wirklich bekämpft, wichtige Themen sein. Weiterhin die einmalige Millionärsabgabe in allen EU-Staaten sowie Pläne für einen EU-weiten Mindeststeuersatz bei der Unternehmenssteuer. Auch das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen, besser bekannt als TTIP, und seine von uns angestrebte Ablehnung wird vermutlich viele Diskussionen bestimmen.

Befürworter der Fünfprozenthürde, die das Bundesverfassungsgericht für die Europawahl aufgehoben hat, warnen vor dem Einzug kleiner Splitterparteien. Wie ist Ihre Einschätzung hierzu?

Ich teile diese Auffassung nicht. Wir sind eine erwachsene Demokratie, und gerade die letzte Bundestagswahl hat uns nochmals deutlich gezeigt, dass mit Einhaltung der Fünfprozentsperrklausel ein großer Teil der Wählerstimmen überhaupt kein Gewicht hat. Und darüber muss man diskutieren. Auch wenn ich viele der kleineren Parteien mehr als kritisch betrachte, so ist der Erhalt von hohen Zugangshürden eher ein hilfloses Zeichen und kann darauf hindeuten, dass man eine Auseinandersetzung mit Inhalten und Personen scheut.

Das Europaparlament wählt die neue Präsidentin oder den neuen Präsidenten der EU-Kommission. Welche Chancen hat Linkskandidat Alexis Tsipras gegenüber den Favoriten Schulz und Juncker?

Wer das Fernsehduell zwischen den Spitzenkandidierenden der großen Parteien verfolgt hat, der konnte auch bei dieser Gelegenheit sehen, dass Alexis Tsipras alles andere als ein Außenseiter ist. Für mich hat er am überzeugendsten argumentiert und klar unsere Inhalte vertreten. Man wird mit ihm rechnen müssen, und das ist auch gut so.

Was entgegnen Sie denen, die partout nicht zur Wahl gehen wollen.

Da halte ich es mit dem Spruch, der auf unseren Türanhängern zu lesen ist, die wir besonders im ab Freitag beginnenden 48-Stunden-Wahlkampf verteilen werden: »Meckern ist gut, wählen ist besser«. Und am besten natürlich DIE LINKE! Wer immer noch unsicher ist, dem empfehle ich, unsere Wahlveranstaltungen zu besuchen und sich direkt zu informieren. Gute Gelegenheiten gibt es in den nächsten Tagen noch einige.
 

linksfraktion.de, 21. Mai 2014