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Arbeiter mit Helm und Mund-Nase-Schutzmaske stehen in einer Reihe und blicken in die Kamera. Foto: © istock.com / Blue Planet StudioFoto: istock.com / Blue Planet Studio

Lobbymacht kippt Corona-Arbeitsschutz

Nachricht von Jutta Krellmann,

Das Bundesarbeitsministerium hat am 18. Januar einen internen Entwurf (PDF) für eine Corona-Arbeitsschutzverordnung in den Umlauf gebracht. Die am 20. Januar vom Kabinett beschlossene Verordnung (Corona-ArbSchV) unterscheidet sich von diesem Entwurf in wichtigen Punkten: 

  1. Es sind keine Schwellenwerte für Umsetzung von Maßnahmen mehr vorgesehen (§ 1 Abs. 3 Entwurf). Alle Regelungen gelten also für alle Betriebe unabhängig der Infektionslage. Damit ist aber auch die Verpflichtung entfallen, ab einer Inzidenz von 200 den Beschäftigten regelmäßige Testungen mittels Antigen-Schnelltests anzubieten (§ 5 Entwurf). Die Verordnung ist damit nicht skalierbar. Sie soll auch nur noch bis zum 15. März gelten (§ 4 Corona-ArbSchV) anstatt für die gesamte Zeit der epidemischen Lage (§ 7 Entwurf). Sie ist damit wesentlich eingeschränkt in ihrer Bedeutung und nicht Teil eine langfristigeren Pandemiebekämpfungsstrategie.
  2. Das Verbot der Nutzung von Kantinen- und Pausenräumen für das Verzehren von Speisen ist komplett entfallen (§ 3 Entwurf). Der Wegfall der Nutzung hätte vor allem für die Beschäftigten Nachteile bedeutet. Allerdings hätte sie auch den Druck auf die Arbeitgeber erhöht, diese Bereiche endlich infektionsschutzgerecht einzurichten. 
  3. Aus § 4 des Entwurfs wurde Abs. 1 Nr. 3 gestrichen. Damit hätten Beschäftigte immer dann Masken tragen müssen, wenn sie den Arbeitsplatz verlassen. Für den Weg vom Betriebstor zum Arbeitsplatz hätten die Arbeitgeber dann auch medizinische Masken stellen müssen. Es wären also faktisch alle Arbeitgeber verpflichtet gewesen allen Beschäftigen Masken zu stellen. 
  4. Ein eigener Bußgeldkatalog (§ 6 Entwurf) wurde gestrichen. Eine solche Liste erhöht die Rechtsverbindlichkeit und erzeugt bei Arbeitgebern eine höhere Aufmerksamkeit. Nur mit direktem Verweis auf § 25 ArbSchG währen Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung direkt bußgeldbewehrt. So kann dies nur nach vorheriger Anordnung durch die Behörde und Zuwiderhandlung des Arbeitgebers gegen die Anordnung der Fall sein. Es ist nun also wesentlich schwerer Arbeitgeber bei Zuwiderhandlung auch ordnungsrechtlich zu belangen. 

Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, kommentiert:

„Die Corona-Strategie der Bundesregierung bleibt widersprüchlich. Auf der einen Seite werden ganze Wirtschaftszweige stillgelegt und weitgehend in das Privatleben eingegriffen. Auf der anderen Seite läuft die Arbeit in vielen Branchen ungeregelt weiter. Die neue Corona-Arbeitsschutzverordnung behebt diesen Missstand keineswegs. Die Bundesregierung lässt sich mal wieder von geballter Lobbymacht an die Wand drücken.

Diese Form der Pandemiebekämpfung muss ein Ende haben. Nach fast einem Jahr brauchen wir nun endlich eine Corona-Arbeitsschutzverordnung, die ihren Namen auch verdient. Dazu gehört: ein Rechtsanspruch auf Homeoffice, verpflichtender Infektionsschutz an jedem Arbeitsplatz ohne Ausnahmen und abschreckende Bußgelder bei Verstößen. Polizei und Ordnungsämter kontrollieren die Einhaltung des Infektionsschutzes in der Öffentlichkeit. Es ist an der Zeit, dass der Staat dies endlich auch am Arbeitsplatz macht. Für flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen müssen für die Zeit der Pandemie auch Kräfte anderer Bereiche herangezogen werden können. Und natürlich müssen auch die Beschäftigen selbst mitreden können, wenn es um gesundheitsgerechte Arbeitsplätze geht.“