Zum Hauptinhalt springen

Linke fordern Eignungstest für Waffenkäufer

Im Wortlaut von Bodo Ramelow,

Der Schul-Schütze von Emsdetten besorgte sich seine Waffen im Internet - legal. Nun fordern Politiker aller Lager schärfere Vorschriften, die Linke will ein zentrales Waffenregister und Tests.

Politiker aus Koalition und Opposition sprechen sich nach den Schüssen an einer Realschule im Emsdetten für eine Überprüfung der Wirksamkeit der Waffengesetze aus. Wenn das Waffenrecht immer mehr unterlaufen werde, müssen man das rechtliche Instrumentarium überprüfen, sagte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach der «Passauer Neuen Presse».

Der 18-jährige Ex-Schüler Bastian B. hatte am Montag in dem Schulgebäude mit im Internet erworbenen Waffen um sich geschossen und mehrere Menschen verletzt, bevor er sich selbst tötete.

Auch FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser- Schnarrenberger will den Verfolgungsdruck erhöhen, «gerade wenn es um den Handel mit gefährlichen Waffen geht».

Für Linksfraktionsvize Bodo Ramelow haben die Innenminister von Bund und Ländern keine Lehren aus dem Amoklauf am Erfurter Gutenberg-Gymnasium von 2002 gezogen. «Die Innenminister versagen, weil sie über das Waffenrecht nicht sprechen wollen und damit am tatsächlichen Problem vorbei debattieren», sagte Ramelow der Netzeitung. Zwingend erforderlich sei ein zentrales Waffenregister. Von den Bundesländern ließ bisher nur Hamburg die bisher in lokalen Ämtern auf Karteikarten erfassten Waffenscheine in einer Datei zentral erfassen. Thüringen lehnte dies zuletzt Anfang des Jahres ab.

Herkunft des Gewehres unklar

Der Thüringer Ramelow hält es für nicht hinnehmbar, dass vier Jahre nach dem Amoklauf mit mehr als einem Dutzend Toten immer noch die Möglichkeit bestehe, im Internet Waffen zu ordern und Munition an privaten Schießständen zu erwerben. «Waffen müssen in allen Bereichen einer strengen Kontrolle unterliegen und Personen, die Waffen besitzen wollen, müssen speziell auf ihrer Eignung geprüft werden.»

Bisher reicht als Voraussetzung für den Kleinen Waffenschein, dass der Bewerber volljährig sowie persönlich geeignet ist und zuverlässig erscheint. Er darf nicht vorbestraft, drogensüchtig, alkoholabhängig oder geisteskrank sein. Lediglich für unter 25-Jährige schreibt das Waffengesetz einen psychologischen Eignungstest vor.

Das Darmstädter Auktionshaus eGun hatte bestätigt, dass der Täter in den vergangenen zwei Monaten an drei Internetauktionen teilnahm, bei denen er Waffen kaufte. Allerdings handele es sich ausschließlich um Schießgerät, das für Volljährige frei zu erwerben sei. Jeder Waffenladen hätte dem Schützen die fraglichen Einkäufe ermöglicht, teilte eGun mit. Staatsanwalt Wolfgang Schweer sagte, es gebe keine Ermittlungen gegen Internet-Anbieter. Zwei altertümliche Vorderladerwaffen, die der Amokläufer benutzte, seien nach den bisherigen Erkenntnissen ganz legal zu kaufen. Bei der dritten Waffe, einem erlaubnispflichtigen Kleinkalibergewehr, gebe es noch keinerlei Hinweise, woher sie stamme. Täter B. war Inhaber eines Kleinen Waffenscheins, der ihm zumindest den Besitz der Waffe gestattete.

CSU-Politiker sprachen sich auch für schärfere Kontrollen des Internets aus. So will der bayerische Innenminister Günther Beckstein die Polizei auch im Web auf Streife schicken. «Man sollte schwere Straftaten wie unerlaubten Waffenverkauf oder Beschaffung von Drogen über das Internet verfolgen», sagte Beckstein der «Financial Times Deutschland». Die Beamten sollten neben den bisher verfolgten Vergehen wie Kinderpornografie stärker nach illegalem Waffenhandel oder Drogenverkauf fahnden. Auch Innenpolitiker Stephan Meyer verlangte, zu analysieren, «wo es Schwachpunkte bei der Überwachung von Waffen-Versteigerungen im Internet gibt»

Nach der Schießerei vom Emsdetten hatten Politiker und Polizeigewerkschaften ein schärferes Verbot gewaltverherrlichender Spiele verlangt. «Hersteller und Händler müssen spüren, dass es ihnen nicht mehr so leicht gemacht wird wie bisher», forderte etwa der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Wolfgang Speck, im Gespräch mit der Netzeitung.

Oppositionspolitiker, Wissenschaftler und die Spielergemeinschaft widersprachen dem jedoch heftig. «Wer fordert, Killerspiele zu verbieten, ignoriert die bestehende Gesetzeslage», sagte die Grünen- Medienpolitikerin Gretje Bettin. Der Gewaltausbruch von Emsdetten lasse sich nicht eindimensional erklären. «Wir brauchen bei jedem Einzelfall eine intensive Ursachenanalyse.» Der Chef des Online-Spielportals «Gamona», Thomas Bayer, warnte in einem Gastbeitrag für die Netzeitung vor dem «schwer wiegenden Fehler», Ursache und Wirkung zu verwechseln. «Wenn überhaupt, dann spielen potenzielle Gewalttäter Ego-Shooter.» Der Umkehrschluss, dass alle Ego-Shooter- Spieler potenzielle Gewalttäter sind, sei ein Irrtum.

Nicht mit Bits und Bytes

Auch der nordrhein- westfälische Familienminister Armin Laschet (CDU) sagte, wer ein Verbot fordere, verlange etwas, was bereits im Strafgesetzbuch stehe. Dennoch sprach sich Laschet für Änderungen aus: «Ob auch der Besitz und die Herstellung - und nicht nur die Weitergabe unter Strafe gestellt werden sollte - kann sicher diskutiert werden», sagte er der Netzeitung.

Auch für Linksfraktionsvize Ramelow sind das entscheidende Problem nicht die Computer- oder Videospiele, sondern die Möglichkeit, legal an Waffen und Munition zu kommen. «Wann begreifen endlich die Innenpolitiker und die Leute, die jetzt am lautesten nach Verboten schreien, dass die Schüler und Lehrer nicht mit Bits und Bytes verletzt wurden.»